Angina pectoris – Einleitung
Als Angina pectoris (AP) (lat. angina "Enge", pectus "Brust") – umgangssprachlich Herzbeklemmung genannt – bezeichnet man anfallsartig auftretende thorakale bzw. retrosternale Schmerzen (Brustschmerzen bzw. Schmerzen hinter dem Brustbein), die durch eine Ischämie (Mangeldurchblutung) des Myokards (Herzmuskel) ausgelöst werden.
Synonyme und ICD-10: Brustenge; Stenokardie; veraltet: Herzbräune; ICD-10-GM I20.- Angina pectoris, I20.0 Instabile Angina pectoris I20.1, Angina pectoris mit nachgewiesenem Koronarspasmus, I20.8 Sonstige Formen der Angina pectoris I20.9 Angina pectoris, nicht näher bezeichnet
Das Symptom Angina pectoris tritt typischerweise im Rahmen der koronaren Herzkrankheit (KHK) auf.
Formen der Angina pectoris
Die Angina pectoris (AP) lässt sich nach dem Verlauf wie folgt unterteilen:
- Stabile Angina pectoris: in Ruhe besteht Beschwerdefreiheit; die Symptome treten belastungsinduziert (Belastungs-AP) auf, z. B. nach schweren Mahlzeiten, nach emotionaler oder körperlicher Belastung, bei Kälte)
Definition: Durch körperliche oder psychische Belastung reproduzierbarer Thoraxschmerz (Brustschmerz), der in Ruhe oder nach Gabe von Nitroglycerin verschwindet. - Instabile Angina pectoris (iAP; engl. unstable angina, UA): inkonstante Symptomatik
- Angina dekubitus (Synonym: Angina nocturnal): AP, die insbesondere nachts im Liegen mit Thoraxschmerz (Brustschmerz) auftritt; ursächlich ist die Überlastung des vorgeschädigten Myokards (Herzmuskulatur) bei vermehrtem venösen Blutrückstrom im Liegen
- De-novo-Angina: AP, die erstmalig (de novo) und schwer auftritt
- Ruhe-Angina: AP tritt in Ruhe auf
- Crescendo-Angina: Crescendo-Symptomatik, d. h. schwerer werdendes Beschwerdebild: z. B. in Bezug auf Anfallshäufigkeit, Schmerzintensität oder Anfallsdauer
- Postinfarktangina (Synonym: postinfarzielle AP): AP, die innerhalb von 2 Wochen nach einem Myokardinfarkt auftritt.
Man spricht von einer therapieresistenten Angina pectoris, wenn diese auf keine therapeutischen Maßnahmen anspricht.
"Stadieneinteilung der stabilen Angina pectoris" und "Klassifikation der instabilen Angina pectoris" s. u. dem Subthema "Angina pectoris/Klassifikation".
Unter dem Begriff akutes Koronarsyndrom (AKS; acute coronary syndrome, ACS) fallen:
- Instabile Angina pectoris (iAP; "Brustenge"; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend; engl. unstable angina, UA) – man spricht von einer instabilen Angina pectoris, wenn die Beschwerden gegenüber den vorausgegangenen Angina pectoris-Anfällen in ihrer Intensität oder Dauer zugenommen haben
- Akuter Myokardinfarkt (Herzinfarkt):
- Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI; engl.: non ST-segment-elevation myocardial infarction; NSTE-ACS)
- ST-Hebungsinfarkt (STEMI; engl.: ST-segment-elevation myocardial infarction)
Nachfolgende dargestellte epidemiologische Daten orientieren sich an der koronaren Herzkrankheit (KHK), da das Symptom Angina pectoris typischerweise im Rahmen dieser Erkrankung auftritt.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer haben im Vergleich zu Frauen vor der Menopause (Wechseljahre) ein erhöhtes koronares Risiko. Nach der Menopause steigt jedoch das koronare Risiko auch bei Frauen an. Nach dem 75. Lebensjahr ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen.
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend im mittleren bis höheren Lebensalter auf (Männer ≥ 55 J. und Frauen ≥ 65 J.).
Lebenszeitprävalenz der chronischen KHK liegt in Deutschland bei 9,3 % (95 % KI 8,4-10,3 %) bei 40-79-Jährigen (n = 5 901) [2].
Die chronische ischämische Herzkrankheit stellt die häufigste Todesursache in den Industrieländern dar. 20 % der Todesfälle in Deutschland sind durch eine koronare Herzkrankheit verursacht.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Stabile Angina pectoris
- Angina pectoris-Anfälle treten insbesondere bei körperlicher oder seelischer Belastung auf, wenn der Sauerstoffbedarf des Myokards erhöht ist, aber die Koronararterien aufgrund der Stenosen nicht ausreichend Sauerstoff liefern können.
- Die Symptome sind in der Regel durch Ruhe oder die Gabe von Nitroglycerin linderbar. Die stabile Angina pectoris verläuft chronisch und kann im Laufe der Zeit progredient (fortschreitend) werden.
- Eine stabile Angina pectoris kann durch eine gesteigerte Belastungsintoleranz und eine Verschlechterung der Symptome in eine instabile Angina pectoris übergehen.
- Instabile Angina pectoris (iAP)
- Diese Form der Angina pectoris zeigt eine inkonstante Symptomatik mit Anfällen, die an Intensität, Dauer oder Häufigkeit zunehmen.
- Instabile Angina pectoris tritt häufig in Ruhe auf und ist ein Vorbote für akute koronare Ereignisse wie den Myokardinfarkt. Die instabile Angina pectoris erfordert eine dringende medizinische Abklärung und Behandlung, um das Risiko eines Myokardinfarkts oder plötzlichen Herztodes zu minimieren.
- Spezielle Formen der Angina pectoris
- Angina dekubitus (Angina nocturnal): Tritt hauptsächlich nachts im Liegen auf, verursacht durch die Überlastung des Myokards bei vermehrtem venösen Blutrückstrom.
- De-novo-Angina: Erstmals auftretende, schwer verlaufende Angina pectoris.
- Ruhe-Angina: Tritt in Ruhe auf, ohne erkennbare Auslöser.
- Crescendo-Angina: Zunehmend schwerere Symptomatik, was Häufigkeit, Intensität oder Dauer der Anfälle betrifft.
- Postinfarktangina: Tritt innerhalb von 2 Wochen nach einem Myokardinfarkt auf.
Prognose
- Allgemeine Prognose
- Die Prognose der Angina pectoris hängt stark von der Anzahl und Schwere der Koronarstenosen ab. Eine Heilung der Erkrankung ist nicht möglich, aber durch Pharmakotherapie und operative Eingriffe (wie perkutane koronare Intervention (PCI) oder Aortocoronarer Venen-Bypass (ACVB)) kann die Prognose signifikant verbessert werden.
- Bei optimaler Behandlung können Patienten mit stabiler Angina pectoris eine gute Lebensqualität aufrechterhalten und das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse reduzieren.
- Letalität
- Die Letalität beträgt bei einer Eingefäßerkrankung 3-4 %, bei einer Zweigefäßerkrankung 6-8 % und bei einer Dreigefäßerkrankung 10-13 %. Diese Zahlen verdeutlichen die zunehmende Schwere und das höhere Risiko mit der Anzahl der betroffenen Gefäße.
- Langzeitkomplikationen
- Ohne adäquate Behandlung kann die Angina pectoris zu schwerwiegenden Komplikationen führen, darunter Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt und plötzlicher Herztod.
- Patienten mit instabiler Angina pectoris haben ein erhöhtes Risiko für akute koronare Ereignisse und erfordern intensive medizinische Überwachung und Management.
Komorbiditäten
Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist häufig mit einer Depression assoziiert (verbunden) [1]. Des Weiteren liegt in 10-15 % der Fälle eine periphere Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) vor.
Beachte: Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer sonstigen prognostisch relevanten psychischen Störung (Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörung, Schizophrenie, bipolare Störung) oder einer psychosozialen Risikokonstellation (niedriger sozioökonomischer Status, soziale Isolation, mangelnde soziale Unterstützung, beruflicher oder familiärer Stress) sollte mittels geeigneter Anamnesefragen oder Fragebögen eingeschätzt werden [4].
Literatur
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Leitlinien
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