Botulinumtoxin-Injektionen in der ästhetischen Medizin

Botulinumtoxin-Injektionen (umgangssprachlich Botox; Botox-Faltenbehandlung) gehören zu den bekanntesten und am häufigsten durchgeführten Verfahren in der ästhetischen Medizin. Ursprünglich für neurologische und ophthalmologische Anwendungen entwickelt, hat Botulinumtoxin seit den frühen 2000er-Jahren auch in der ästhetischen Dermatologie Einzug gehalten und erfreut sich aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten großer Beliebtheit.

Botulinumtoxin wird bereits seit 1989 als zugelassenes Arzneimittel in der Medizin eingesetzt, und zwar zunächst in der Neurologie und Ophthalmologie. In der ästhetischen Medizin wurde es zuerst in Canada, 2002 in den USA und 2006 in Deutschland eingesetzt.

Die Faltentherapie mit Botulinumtoxis Typ A (BTX-A) dient in erster Linie kosmetischen Zwecken und damit dem Wohlbefinden des Patienten. Allerdings gewinnt sie an Bedeutung bei der Symmetrieherstellung von Gesichtern nach einer rekonstruktiven Operation.
Auch bei der Therapie persistierender hypertropher Narben oder bei der Behandlung schmerzhafter Narben können Botoxinjektionen helfen.

Zielsetzung und Wirkung der Botox-Faltenbehandlung

Zielsetzung

Die Hauptziele von Botulinumtoxin-Injektionen in der ästhetischen Medizin sind:

  • Reduktion mimischer Falten: Botulinumtoxin glättet Falten, die durch wiederholte Muskelbewegungen im Gesicht entstehen.
  • Symmetrieherstellung: Nach rekonstruktiven Operationen können Asymmetrien im Gesicht ausgeglichen werden.
  • Narbenbehandlung: Schmerzende oder hypertrophe Narben können durch die Injektionen gelindert und optisch verbessert werden.

Wirkweise

Die Wirkung von Botulinumtoxin Typ A (BTX-A) beruht auf der Blockade der Freisetzung von Acetylcholin an der neuromuskulären Endplatte. Diese Blockade führt zu einer vorübergehenden Lähmung der behandelten Muskeln, wodurch die Haut weniger beansprucht wird und sich glättet.

  • Wirkungseintritt: Nach 12 bis 48 Stunden sichtbar.
  • Maximaler Effekt: Nach drei bis zehn Tagen.
  • Wirkdauer: Hält in der Regel drei bis fünf Monate an und kann durch regelmäßige Anwendungen verlängert werden [1-2].

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Anheben der Augenbrauen
  • Anhebung der Nasenspitze
  • Dekolletéfalten
  • Glabellaregion (Glabellafalten, "Zornesfalte")
  • Kinnfalten
  • Laterale Wangen-Kinn-Falten ("Hamsterbäckchen")
  • Laterales Augenlifting
  • Marionettenfalten ("hängende Mundwinkel")
  • Nasenfalten
  • Oberlippenfalten
  • Periorbitale Falten ("Krähenfüße") – Fältchen im Augenseitenbereich
  • Platysmafalten ("Truthahnhals")
  • Stirnregion ("Denkerfalte") – Stirnfalten
  • Unterlidfalten

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Neuromuskuläre Erkrankungen wie Myasthenia gravis, Eaton-Lambert-Syndrom oder amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
  • Entzündungen an den Injektionsstellen
  • Nachgewiesene Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile
  • Selbstwahrnehmungsstörungen (relative Kontraindikation
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Kinder unter 12 Jahren

Beachte: Bei Patienten, die Medikamente einnehmen, welche die neuromuskuläre Funktion stören, ist Vorsicht geboten. Dies gilt zum Beispiel für Cholinesterase-Inhibitoren oder Calciumkanalblocker.

Anatomische Grundlagen

Mimische Falten entstehen durch die mechanische Reibung zwischen der mimischen Muskulatur und der Haut. Die mimische Gesichtsmuskulatur ist nicht durch eine Faszie von der Haut getrennt, wodurch Muskelbewegungen direkt auf die Haut übertragen werden. Diese Eigenart ermöglicht die Darstellung von Emotionen, führt aber bei wiederholter Beanspruchung zu einer Degeneration der Haut.

Faktoren wie übermäßige Sonneneinstrahlung und mangelhafte Ernährung können diesen Prozess zusätzlich beschleunigen.

Vor der Behandlung

Vor Beginn der Faltenbehandlung sollte ein umfangreiches Aufklärungs- und Beratungsgespräch zwischen Arzt und Patient erfolgen. Inhalt des Gespräches sollten die Ziele (u. a. "ästhetisches Ziel"), Erwartungen und die Möglichkeiten der Behandlung sowie Nebenwirkungen (z. B. allergische Reaktionen) und Risiken sein.

Dem Patienten sollte im Rahmen der Beratung ein ganzheitliches Konzept unter Einbeziehung möglicher Kombination- oder Alternativbehandlungen dargestellt werden. Ggf. Hinweis, dass zur besseren Reduktion der Mentolabialfalte eine Kombination mit einem Augmentationsverfahren (Hyaluronsäurefiller) möglich ist.

Antikoagulantien sollten soweit möglich abgesetzt werden, um das Risiko für Hämatome zu reduzieren. Direkt vor der Behandlung wird die Haut der zu behandelnden Bereiche desinfiziert.

Das Verfahren

Die Behandlung erfolgt in einer halbsitzenden oder sitzenden Position. Nach Desinfektion der zu behandelnden Hautareale wird Botulinumtoxin in Abständen von etwa 1 cm intrakutan injiziert.

  • Verwendete Präparate: In Deutschland zugelassene Präparate sind Azzalure®, Bocouture® und Vistabel®.
  • Technische Hinweise: Mediale Injektionen in Richtung Kinn sollten vermieden werden, um den Musculus depressor labii inferiores nicht unbeabsichtigt zu schwächen.
  • Kombinationstherapien: Die Behandlung lässt sich mit Hyaluronsäure-Fillern oder Lasertherapien kombinieren, um ein umfassenderes Ergebnis zu erzielen.

Weitere Hinweise

  • Falls zudem tiefe hypertone und hyperkinetische Zornesfalten vorliegen, können diese zusätzlich durch intradermale Injektionen ("in die Haut") mit Hyaluronsäure abgemildert werden. Siehe dazu unter "Hyaluronsäure-Faltenunterspritzung".

Nach der Behandlung

Nach der Behandlung sollten die injizierten Areale gekühlt werden, um Schwellungen und Rötungen vorzubeugen. Der Patient sollte für 24 Stunden auf Massage oder Manipulation der behandelten Stellen verzichten, um die Verteilung des Toxins zu vermeiden.

Regelmäßige Injektionen über einen Zeitraum von 20 Monaten zeigen eine verlängerte Wirkdauer von bis zu sechs Monaten, ohne dass gehäufte Nebenwirkungen auftreten [1, 2].

Mögliche Komplikationen

  • Frühkomplikationen:
    • Lokale Nebenwirkungen wie Schwellungen, Rötungen oder Hämatome an den Injektionsstellen
    • Vorübergehende Schwächung benachbarter Muskeln, was zu einem ungewöhnlichen Gesichtsausdruck führen kann.
  • Spätkomplikationen:
    • Mögliche Bildung von Antikörpern gegen Botulinumtoxin, was zu einer verringerten Wirksamkeit bei zukünftigen Behandlungen führen kann.
    • Bei häufiger Anwendung kann es zu einer Atrophie der behandelten Muskulatur kommen.

Fazit

Botulinumtoxin-Injektionen sind ein wirksames und minimalinvasives Verfahren, um mimische Falten zu glätten und das ästhetische Erscheinungsbild zu verbessern. Die Therapie ist vielseitig einsetzbar und kann individuell angepasst werden, sollte jedoch stets von erfahrenen Fachärzten durchgeführt werden.

Literatur

  1. Krutmann J, Billmann-Krutmann C, Diepgen CT: Hautalterung: Grundlagen – Prävention – Therapie. Springer Verlag 2008
  2. Kerscher M: Dermatokosmetik. Springer Verlag 2008

Leitlinien

  1. Imhof M, Podda M, Sommer B: S1 guideline aesthetic botulinum toxin therapy. 2013. doi: 10.1111/ddg.12195
  2. S1-Leitlinie: Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie. (AWMF-Registernummer: 013-077)  Mai 2022 Langfassung