Plattenepithelkarzinom der Haut – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das Plattenepithelkarzinom der Haut (cSCC) entsteht durch die Akkumulation genetischer Schäden, die hauptsächlich durch UV-Strahlung sowie chemische Karzinogene und ionisierende Strahlung verursacht werden. UVB-Strahlung führt häufig zu DNA-Schäden, die als „UV-Signaturmutationen“ bekannt sind (z. B. C→T und CC→TT Übergänge). Diese Schäden betreffen häufig das p53-Tumorsuppressorgen, dessen Inaktivierung zur Anhäufung weiterer Mutationen führt und die Entstehung maligner Zellen begünstigt. Die Mutation von p53 tritt bereits in frühen Stadien wie der aktinischen Keratose (AK) auf, einer der häufigsten Präkanzerosen, die als Vorläuferläsion des Plattenepithelkarzinoms gilt​.

Genetische Veränderungen

Neben p53 sind weitere genetische Veränderungen für die Tumorentstehung von Bedeutung, darunter Mutationen in Genen wie NOTCH1, CDKN2A, PIK3CA und EGFR. Diese Mutationen beeinflussen Signalwege, die das Zellwachstum und die Differenzierung regulieren, und fördern das Fortschreiten von Vorläuferläsionen (AKs, Morbus Bowen) zu invasivem Plattenepithelkarzinom​. Auch epigenetische Veränderungen wie DNA-Methylierungen und Veränderungen in miRNA-Profilen spielen eine Rolle bei der Entstehung und Progression des Tumors.

Einfluss des Tumormikromilieus

Das Tumormikromilieu spielt eine entscheidende Rolle bei der Progression (Fortschreiten) des Plattenepithelkarzinoms. Immunologische Faktoren und eine veränderte Mikroumgebung fördern das Tumorwachstum und die Metastasierung (Bildung von Tochtergeschwülsten). Bei immununterdrückten Patienten (z. B. nach Organtransplantationen) zeigt das Plattenepithelkarzinom eine höhere Invasivität und eine gesteigerte Metastasierungsrate​.

Multistep-Karzinogenese

Die Entstehung des Plattenepithelkarzinoms folgt einem multistep Karzinogenesemodell, das von Präkanzerosen/Krebsvorstufen (AK, Morbus Bowen) über ein Carcinoma in situ bis zum invasiven Karzinom reicht. UV-induzierte p53-Mutationen treten dabei in frühen Stadien auf und beeinflussen die Zellproliferation und -differenzierung. In späteren Stadien führen zusätzliche Mutationen und epigenetische Veränderungen zu einem Verlust der zellulären Kontrolle und einer bösartigen Transformation​.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Erkenntnisse über die genetischen und molekularen Mechanismen des Plattenepithelkarzinoms der Haut haben zur Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze geführt, darunter die Anwendung von EGFR-Inhibitoren und Immuntherapien, die speziell auf die tumorigenen Signalwege abzielen. Die frühzeitige Erkennung von Präkanzerosen und die Entfernung von Risikofaktoren wie chronischer UV-Exposition sind von entscheidender Bedeutung, um die Entstehung dieser malignen (bösartigen) Hautveränderung zu verhindern​.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung: Erkrankungen, die zu einer erhöhten UV-Empfindlichkeit führen (Dyskeratosis congenita, Epidermodysplasia verruciformis, okulokutaner Albinismus oder Xeroderma pigmentosum).
  • Lebensalter – höheres Alter (ab dem 70. Lebensjahr)
  • Hauttyp heller Hauttyp (Fitzpatrick I-II)
  • Berufe – Berufe mit hoher Sonnenexposition (z. B. in der Landwirtschaft) [lebenslang erworbene kumulative UV-Dosis]

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittel
    • Alkohol – dosisabhängige Assoziation: mit jedem täglich getrunkenen Glas Alkohol stieg das Risiko um weitere 22 %;
      • Männer: > 20 g Alkohol pro Tag signifikante Risikoerhöhung (+ 33 %)
      • Frauen: 5,0-9,9 g Alkohol pro Tag signifikante Risikoerhöhung (+ 35 %)
      bes. kanzerogen scheint Weißwein zu sein [2]
    • Tabak (Rauchen) – Raucherinnen: vor allem an Rumpf und Extremitäten (+20 %) [5] 
  • UV-Licht-Exposition (Sonne; Solarium) [lebenslang erworbene kumulative UV-Dosis]
    • Intensive Nutzung von Sonnenstudios erhöht das Risiko für ein Plattenepithelkarzinom der Haut um ca. 80 % [8].
    • Bei Frauen war die Rate der Plattenepithelkarzinome mit Solarium-Benutzer um 43 % höher, wenn sämtliche bekannte Begleitfaktoren und sonnenbedingte UV-Exposition berücksichtigt wurden [8].

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Aktinische Keratose (AK) – chronische Schädigung der verhornten Oberhaut, verursacht durch langjährige intensive Einwirkung von Sonnenlicht; gilt als eine fakultative Präkanzerose (Entartungsrisiko ist kleiner als 30 %)
    • Patienten mit aktinische Keratose erkrankten innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren dreimal häufiger an einem Plattenepithelkarzinom als Menschen ohne AK [9]
  • Cheilitis actinica – präkanzeröse Schädigung des Lippenrots (aktinische Dysplasie), die durch einen chronischen Lichtschaden hervorgerufen wird; ca. 10 bis 30 % dieser Veränderungen können sich zu einem Plattenepithelkarzinom weiterentwickeln.
  • Chronisch degenerative Dermatosen (Hauterkrankungen)
  • Chronisch entzündliche Dermatosen (chronisch diskoider Lupus erythematodes, erosiver Lichen ruber mucosae, Lymphödeme und Unterschenkelulzera)
  • Chronische Infektion mit dem Papillomavirus (HPV-Infektion) – HPV triggert die maligne Transformation
  • Chronische Narbenbildungen (Spätfolgen einer Strahlendermatitis oder Verbrennungen)
  • Hautatrophie
  • Hypertriglyzeridämie (Fettstoffwechselstörung mit Erhöhung der Triglyceride im Blut)
  • Lichen sclerosus (LS) (et atrophicus) (Synonyme: Lichen albus; Lichen atrophicus; Lichen sclerosus; Lichen sclerosus et atrophicans; Lichen sclerosus et atrophicus; Morphoeid scleroderma; Weißfleckenkrankheit; White spot diseas) – eine chronisch, entzündliche, vernarbende Hauterkrankung, die durch eine lymphatische Reaktion gekennzeichnet ist und beide Geschlechter bevorzugt im Genitalbereich betrifft.
  • Lupus vulgaris (Tuberculosis cutis luposa) – chronische Hauttuberkulose
  • Morbus Bowen – In-situ-Plattenepithelkarzinom der Haut und Übergangsschleimhäute
  • Rezidivierende mechanische Verletzungen der Haut
  • Straffe atrophische Narben wie bei Verbrennungsnarben
  • Sklerosierende Narben – verhärtete Narben
  • Unterschenkelulzera (Unterschenkelgeschwüre)
  • Vulvadystrophie – Erkrankung des weiblichen Geschlechtsorgans, die vor allem mit Juckreiz und Brennen einhergeht

Medikamente

  • Hydrochlorothiazid (HCT; gehört zur Gruppe der Thiazid-Diuretika) → Photosensibilität ↑ → Anstieg des dosisabhängigen Risikos für den nicht-melanozytären Hautkrebs (engl. Non-Melanoma Skin Cancer, NMSC)/Basalzellkarzinome (BZK; Basaliom), Lippenkrebs und Plattenepithelkarzinome (PEK) der Haut/Spinaliome: für das Basalzellkarzinom eine Odds Ratio von 1,29 (95 % Konfidenzintervall:1,23-1,35) [6], für den Lippenkrebs 2.1 (1.7-2.6) [7] und für das Plattenepithelkarzinom (PEK) der Haut/Spinaliom eine von 3,98 (3,68-4,31) [6]
    • nicht melanozytärer Hautkrebs und Melanome häufiger unter Hydrochlorothiazid (HCT) als ohne Thiazidtherapie; unter Bendroflumethiazid und Indapamid ist das nicht der Fall [10]
  • Längerfristige Immunsuppression (wg. Organtransplantation, Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis)
    • Azathioprin (Thiopurine)
    • Calcineurininhibitoren
    • Ciclosporin (Cyclosporin A)
    • TNF-alpha-Hemmer [3]
  • Methotrexat (MTX) – Odds-Ratio betrug 1,22 (1,09-1,37), mit einem Anstieg auf bis zu 1,57 (1,18-2,08) bei einer kumulativen Dosis von 7,5 Gramm MTX [11].

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Chronische Hitzeeinwirkung 
  • Beruflicher Kontakt mit Karzinogenen wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Arsen, Teer oder Mineralölen (Land- oder Straßenarbeiter)
  • Exposition gegenüber ionisierender Strahlung
    • UV-Strahlung (chronische UV-Exposition; Gruppe 1 der etablierten Karzinogeneaktinische Keratose (Krebsvorstufe; Risikofaktor für ein Plattenepithelkarzinom); besonders sog. „outdoor-worker“ – wie Landwirte, Maurer, Brücken- und Gleisarbeiter, Dachdecker, Bademeister, Fischer und Seeleute – sind hiervon betroffen (Berufskrankheiten-Liste; BK-Liste) [lebenslang erworbene kumulative UV-Dosis]
  • Röntgenbestrahlung

Weitere Ursachen

  • Langfristige Therapie mit UV oder PUVA (= Psoralen plus UV-A; Synonym: Photochemotherapie)
  • Langzeitkomplikation chronischer Immunsuppression: Patienten, die Immunsuppressiva erhalten [häufig aggressive subklinische Expansion (ASE)]
  • Röntgenkombinationsschaden
  • Z. n. Organtransplantation (wg. Immunsuppression) [häufig aggressive subklinische Expansion (ASE); bis 250-fach erhöhtes Risiko für ein Plattenepithelkarzinom (PEK) der Haut]
    • Papillomviren (HPV) im Zusammenhang mit UV-Licht fördern die Entstehung des PEK der Haut [4]

Literatur

  1. Nagel et al.: Metabolic risk factors and skin cancer in the Metabolic Syndrome and Cancer Project (Me-Can). British Journal of Dermatology Article first published online: 24 APR 2012 doi: 10.1111/j.1365-2133.2012.10974.x
  2. Siiskonen S et al.: Alcohol Intake is Associated with Increased Risk of Squamous Cell Carcinoma of the Skin: Three US Prospective Cohort Studies. Nutrition and Cancer 2016;68, (4):545-553 doi:10.1080/01635581.2016.1158296
  3. Asgari M et al.: Malignancy rates in a large cohort of patients with systemically treated psoriasis in a managed care population. JAAD 2017; online 3. Februar 2017 doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.jaad.2016.10.006
  4. Hasche D et al.: The interplay of UV and cutaneous papillomavirus infection in skin cancer development. PLoS Pathog, 2017 Nov 30;13(11):e1006723. doi: 10.1371/journal.ppat.1006723. eCollection 2017 Nov.
  5. Pirie K et al.: Heterogeneous relationships of squamous and basal cell carcinomas of the skin with smoking: the UK Million Women Study and meta-analysis of prospective studies. Br J Cancer 2018; https://doi.org/10.1038/s41416-018-0105-y
  6. Pedersen SA et al.: Hydrochlorothiazide use and risk of nonmelanoma skin cancer: A nationwide case-control study from Denmark. JApril 2018Volume 78, Issue 4, Pages 673-681.e9 doi: https://doi.org/10.1016/j.jaad.2017.11.042
  7. Pottegård A et al.: Hydrochlorothiazide use is strongly associated with risk of lip cancer. JIM Volume282, Issue4 October 2017 Pages 322-331 https://doi.org/10.1111/joim.12629
  8. Lergenmüller S et al.: Association of Lifetime Indoor Tanning and Subsequent Risk of Cutaneous Squamous Cell Carcinoma JAMA Dermatol. Published online October 2, 2019. doi:10.1001/jamadermatol.2019.2681
  9. Madani S et al.: Ten-Year Follow-up of Persons With Sun-Damaged Skin Associated With Subsequent Development of Cutaneous Squamous Cell Carcinoma. JAMA Dermatol 2021; https://doi.org/10.1001/jamadermatol.2021.0372
  10. Shao SC et al.: Associations of thiazide use with skin cancers: a systematic review and meta-analysis. BMC Medicine 2022;20:228; https://doi.org/10.1186/s12916-022-02419-9
  11. Polesie S et al.: Use of methotrexate and risk of skin cancer: a nationwide case-control study. Br J Cancer 2023. https://doi.org/10.1038/s41416-023-02172-7