Plattenepithelkarzinom der Haut – Strahlentherapie

Das Plattenepithelkarzinom der Haut (spinozelluläres Karzinom, bösartiger Hauttumor) ist eine maligne Neoplasie (bösartige Gewebeneubildung), die von den Keratinozyten (hornbildenden Zellen) der Epidermis (Oberhaut) ausgeht und invasiv (eindringend) in das umliegende Gewebe infiltrieren kann.

Die Strahlentherapie (Radiotherapie, Behandlung mit energiereicher Strahlung) stellt eine etablierte Therapieoption dar, insbesondere wenn eine vollständige chirurgische Resektion (operative Entfernung) nicht möglich ist oder postoperative Risikofaktoren (Faktoren, die das Rückfallrisiko erhöhen) für ein Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors) bestehen. Sie kann als primäre, adjuvante oder palliative Behandlung (unterstützende oder lindernde Therapie) eingesetzt werden.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Strahlentherapie wird in folgenden Situationen empfohlen:

  • Primäre Radiotherapie (Strahlenbehandlung als Haupttherapie)
    • Inoperable Tumoren (nicht operierbare Tumoren) – Bei Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für eine chirurgische Resektion (z. B. bei multimorbiden Patienten oder ungünstiger Tumorlokalisation).
    • Lokal nicht in sano resezierbare Tumoren (Tumoren, die nicht vollständig im gesunden Gewebe entfernt werden können) – Wenn eine vollständige Entfernung im Gesunden nicht möglich ist.
    • Schlecht zugängliche Tumoren (Tumoren an schwer erreichbaren Stellen) – Beispielsweise im Gesichtsbereich, an der Ohrmuschel oder an der Nase, wenn eine Resektion (operative Entfernung) mit erheblichen funktionellen oder ästhetischen Einschränkungen einhergeht.
  • Postoperative Radiotherapie (Strahlenbehandlung nach einer Operation)
    • R1-Resektion (mikroskopische Tumorreste im Operationsrand) – Wenn mikroskopische Tumorzellen im Resektionsrand (Rand des entfernten Gewebes) nachweisbar sind und eine Nachresektion (erneute Operation) nicht möglich ist.
    • R2-Resektion (makroskopische Tumorreste sichtbar) – Wenn makroskopische (mit dem bloßen Auge sichtbare) Tumorreste verbleiben und eine Nachresektion nicht durchführbar ist.
    • Ausgedehnter Lymphknotenbefall (starke Ausbreitung in die Lymphknoten) – Mehr als ein befallener Lymphknoten, Lymphknotenmetastase (Absiedlung von Krebszellen in einem Lymphknoten) > 3 cm oder Kapseldurchbruch (Durchbruch der Tumorzellen aus dem Lymphknoten).
    • Intraparotidealer Lymphknotenbefall (Befall der Lymphknoten in der Ohrspeicheldrüse) – Tumorabsiedelungen in den Lymphknoten der Parotisregion (Ohrspeicheldrüsenregion).
  • Adjuvante Radiotherapie (zusätzliche Strahlentherapie zur Verringerung des Rückfallrisikos)
    • Knapper Resektionsrand (weniger als 2 mm gesundes Gewebe um den Tumor, wenn eine erneute Operation nicht möglich ist).
    • Perineuralscheideninfiltration (Eindringen von Tumorzellen entlang der Nervenbahnen) – Infiltration entlang peripherer Nervenstrukturen (Nervenfasern außerhalb des Gehirns und Rückenmarks), was ein erhöhtes Risiko für Rezidive mit sich bringt.
  • Radiochemotherapie (Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie) bei metastasierenden oder inoperablen Tumoren
    • Kombination aus Strahlentherapie und systemischer Chemotherapie (Behandlung mit Zellwachstum hemmenden Medikamenten, die im gesamten Körper wirken, z. B. Cisplatin oder Carboplatin) zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle (Begrenzung des Tumorwachstums) und Reduktion des Metastasierungsrisikos (Ausbreitung von Krebszellen).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Frühere Hochdosisbestrahlung in der betroffenen Region – Erhöhtes Risiko für Strahlennekrosen (Absterben von Gewebe durch Strahlenschäden).
  • Schwere Kollagenosen (Autoimmunerkrankungen mit Gefäßbeteiligung, z. B. Sklerodermie) – Erhöhtes Risiko für Weichteil- und Gefäßschäden.
  • Schlecht heilende Wunden oder aktive Infektionen im Bestrahlungsfeld – Verzögerte Wundheilung und erhöhte Komplikationsrate.

Verfahrensbeschreibung

Die Strahlentherapie wird in fraktionierter Form (auf mehrere Sitzungen aufgeteilt) durchgeführt, um gesundes Gewebe zu schonen und gleichzeitig eine hohe Tumorkontrolle zu gewährleisten.

  • Externe Strahlentherapie (Teletherapie, Bestrahlung von außen)
    • Anwendung hochenergetischer Photonenstrahlen (6-15 Megavolt) oder Elektronenstrahlen für oberflächliche Läsionen.
    • Dosierung: Abhängig von Tumorgröße, Lokalisation und Histologie (typischerweise 50-66 Gray (Gy, Maß für die Strahlendosis) in 2-Gy-Fraktionen).
  • Brachytherapie (interne Strahlentherapie, Bestrahlung direkt im Tumorgewebe)
    • Geeignet für kleine, umschriebene Läsionen (abgegrenzte Tumore) in kosmetisch sensiblen Bereichen.
    • Direkte Applikation der Strahlenquelle im Tumorgewebe.

Therapiedurchführung

  • Planungs-CT (Computertomographie zur Bestrahlungsplanung) – Präzise Festlegung des Zielvolumens und Schonung von Risikostrukturen (wichtige gesunde Organe in der Nähe).
  • Fraktionierte Bestrahlung (Strahlentherapie in mehreren Sitzungen) – Meist 5-mal pro Woche über 4-6 Wochen.
  • Überwachung der Hautreaktionen – Management von Strahlennebenwirkungen wie Erythem (Hautrötung), Trockenheit oder Ulzerationen (Geschwürbildung).

Erfolgsaussichten und Ansprechraten

Die Strahlentherapie erzielt hohe lokale Kontrollraten:

  • Primäre Radiotherapie – Tumorkontrollrate von ca. 85-90 % bei kleinen Tumoren.
  • Postoperative Radiotherapie – Reduktion der Lokalrezidivrate (Wiederauftreten des Tumors an gleicher Stelle) bei Hochrisikopatienten um bis zu 50 %.
  • Radiochemotherapie – Verbesserung der Tumorremission (Rückbildung des Tumors) bei inoperablen oder metastasierten Karzinomen.

Vergleich mit alternativen Verfahren

Methode Technik Vorteile Nachteile
Chirurgische Resektion (operative Entfernung) Operative Entfernung des Tumors Hohe Heilungsrate, Möglichkeit der vollständigen Entfernung Risiko für funktionelle und ästhetische Einschränkungen
Strahlentherapie (Bestrahlung mit energiereichen Strahlen) Externe Bestrahlung oder Brachytherapie Nicht-invasiv, gut für inoperable Patienten geeignet Risiko für Hautreaktionen und Spättoxizitäten
Radiochemotherapie (Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie) Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie Verbesserte Tumorkontrolle bei metastasierten Tumoren Erhöhte Nebenwirkungsrate durch systemische Chemotherapie

Fazit

Die Strahlentherapie stellt eine effektive Behandlungsoption für das Plattenepithelkarzinom der Haut dar, insbesondere wenn eine chirurgische Resektion nicht möglich ist oder Risikofaktoren für ein Rezidiv bestehen. Sie kann als primäre, adjuvante oder palliative Therapie eingesetzt werden und erreicht hohe lokale Kontrollraten.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut. (AWMF-Registernummer: 032 - 022OL), Dezember 2022 Kurzfassung Langfassung