Krätze (Scabies) – Einleitung

Scabies – umgangssprachlich Krätze genannt – ist eine durch den Ektoparasiten Sarcoptes scabiei variatio hominis (Krätzmilbe) verursachte Infektionserkrankung der Haut. Diese Erkrankung führt zu starkem Juckreiz und Hautausschlag, der durch die Immunreaktion auf die Milben und deren Stoffwechselprodukte verursacht wird.

Synonyme und ICD-10: Acarodermatitis; Befall durch Krätzmilben; Befall durch Sarcoptes scabiei; Befall durch Skabies; Ekzema scabiosum; Ekzematisierte Skabies; norwegische Krätze; Räude; Skabies mit postskabiösem Ekzem; ICD-10-GM B86: Skabies

Charakteristische Laborbefunde

  • Direkter Nachweis: Identifizierung von Milben, Eiern oder Milbenkot im Hautgeschabsel mittels Mikroskopie.
  • Serologische Tests: Antikörpernachweis ist nicht typisch und wird in der klinischen Routine nicht angewendet.

Formen der Erkrankung

Scabies kann in verschiedenen klinischen Formen auftreten:

  • Typische Skabies: Starker Juckreiz, der besonders nachts auftritt, mit papulösen (knötchenartigen) Läsionen und charakteristischen Milbengängen, die als feine Linien unter der Haut sichtbar sind.
  • Scabies crustosa (Norwegische Krätze): Schwere Form, meist bei immungeschwächten Personen, die durch eine massive Milbeninfestation und dicke, krustige Hautläsionen gekennzeichnet ist.
  • Ekzematisierte Skabies: Sekundäre Hautveränderungen durch eine Ekzemreaktion auf die Infestation, oft mit zusätzlichen bakteriellen Infektionen.

Ursachen

Scabies wird durch die Krätzmilbe Sarcoptes scabiei variatio hominis verursacht. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch direkten, längeren Hautkontakt, typischerweise bei engem Körperkontakt wie z. B. beim Geschlechtsverkehr. Auch eine indirekte Übertragung durch kontaminierte Kleidung oder Bettwäsche ist möglich, jedoch seltener.

Differentialdiagnosen

  • Ekzeme: Atopisches Ekzem, Kontaktekzem
  • Psoriasis: Insbesondere die pustulöse Psoriasis kann eine ähnliche Hautsymptomatik zeigen.
  • Infektiöse Dermatosen: Impetigo, bakterielle Superinfektionen
  • Insektenstiche: Wie von Flöhen oder Bettwanzen

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel:
Scabies kann in allen Altersgruppen auftreten, betrifft jedoch besonders häufig Kinder, ältere Menschen und immungeschwächte Personen.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Entwicklungsländern beträgt die Prävalenz bis zu 15 % der Bevölkerung. In Deutschland ist die Prävalenz in Pflegeheimen und anderen Einrichtungen, in denen viele Menschen auf engem Raum leben, erhöht.

Inzidenz: Die Häufigkeit von Neuerkrankungen ist in Deutschland eindeutig zunehmend [2].

Infektionsepidemiologie

Erreger: Sarcoptes scabiei variatio hominis (Krätzmilbe).

Erregerreservoir:
Hauptsächlich der Mensch; gelegentlich auch in kontaminierter Kleidung oder Bettwäsche.

Vorkommen:
Weltweit verbreitet, besonders in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte und schlechten hygienischen Verhältnissen.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Ja, hauptsächlich durch direkten Hautkontakt.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft): Mittel; die Milben sind bei Raumtemperatur und mittlerer Luftfeuchtigkeit etwa 48 Stunden infektiös.

Übertragungsweg:
Direkter Hautkontakt oder indirekt über kontaminierte Gegenstände.

Eintrittspforte:
Haut, insbesondere dünne Hautstellen wie Fingerzwischenräume und Genitalbereich.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Bei Erstinfestation 2-6 Wochen, bei Reinfestation 1-2 Tage.

Krankheitsdauer:
Ohne Behandlung persistieren die Symptome über Monate, können aber auch nach Behandlung als postskabiöse Reaktionen länger bestehen.

Dauer der Infektiosität:
Solange lebende Milben auf der Haut vorhanden sind, ist die Person ansteckend.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Scabies zeigt sich schnell als eine extrem stark juckende Dermatose (Hauterkrankung). Der Juckreiz wird durch die Immunreaktion auf die Milben und ihre Stoffwechselprodukte ausgelöst.
  • Nach erfolgreicher Behandlung können Papeln (knötchenartige Veränderungen auf der Haut) und Knoten noch Wochen bis Monate bestehen bleiben. Diese postskabiösen Granulome (Immunreaktion auf das Milbeneiweiß) enthalten keine Milben und sind daher nicht mehr kontagiös.

Prognose

  • Akuter Verlauf: Unter adäquater Therapie ist der Verlauf der Krätze gutartig (benigne). Der Pruritus (Juckreiz) kann jedoch noch einige Zeit bestehen bleiben.
  • Komplikationen:
    • Säuglinge, schwere bakterielle Sekundärinfektionen und das Krankheitsbild einer Scabies crustosa (s. u. "Beschwerden – Symptome") machen eine stationäre Therapie erforderlich.
    • Im Kindesalter sind Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) häufig [1].
  • Langzeitprognose: Die Erkrankung führt in der Regel zu einer lebenslangen Immunität. Ein erneuter Ausbruch ist jedoch möglich (≤ 5 %).

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig. Allerdings dürfen Menschen mit Krätze oder bei Verdacht auf die Erkrankung nicht in Betreuungseinrichtungen tätig sein, wenn sie Kontakt zu den Betreuten haben. Auch dürfen die Betreuten selbst, wenn sie infiziert sind, nicht die Gemeinschaftseinrichtung betreten.

Allerdings ist das Auftreten von Skabies in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 IfSG von der Leitung dem Gesundheitsamt anzuzeigen. Gehäuftes Auftreten in Krankenhäusern ist gemäß § 6 Abs. 3 IfSG dem Gesundheitsamt zu melden.

Literatur

  1. Boralevi F, Diallo A, Miquel J, Guerin-Moreau M, Bessis D, Chiavérini C, Plantin P, Hubiche T, Maruani A, Lassalle M, Boursault L, Ezzedine K, on behalf of the Groupe de Recherche Clinique en Dermatologie Pédiatrique (2014) Clinical phenotype of scabies by age. Pediatrics 2014 Apr;133(4):e910-6. doi: 10.1542/peds.2013-2880. Epub 2014 Mar 31.
  2. Kämmerer E: Erfahrungen aus der Praxis. Dtsch Arztebl 2018;115(15):A700-702

Leitlinien

  1. Tiplica GS et al.: 2015 European guidelines for the management of partners of persons with sexually transmitted infections. JEADV 2015; online 7. Mai 2015
  2. S1-Leitlinie: Skabies, Diagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 013-052), Januar 2016 Kurzfassung
  3. Salvastru CM et al.: European guideline for the management of scabies. JEADV 2017 First published: 22 June 2017 doi: 10.1111/jdv.14351