Offene Wunde – Einleitung
Eine offene Wunde bezeichnet eine akute Schädigung oder Verletzung, bei der die Haut oder die darunterliegenden Gewebe durchtrennt werden, wodurch es zu einer Kontinuitätstrennung (Unterbrechung des Gewebezusammenhangs) der Haut oder inneren Oberflächen kommt.
Thesaurus-Synonyme und ICD-10: Ablederungswunde; Ablegerungswunde; Abtrennungswunde; akute Wunde; Ausschusswunde; äußere Schnittwunde; Biss durch Menschen; Bissverletzung; Bisswunde; Brandwunde; chemische Wunde; Durchschuss; Explosionsverletzung; Gewehrschusswunde; Hundebiss; Hundebissverletzung; kleine offene chirurgisch versorgte Wunde; kleine Platzwunde; Kratzwunde; Lazeration; mechanische Wunde; Messerschnittwunde; Messerstichverletzung; Nagelabriss; Nagelluxation; offene Hautwunde a.n.k.; offene Risswunde; offene Verletzung; offene Wunde; offene Wunde durch penetrierenden Fremdkörper; offene Wunde durch Tierbiss; perforierende Verletzung; Pfählungsverletzungen; Platzwunde; Rissquetschwunde; Riss-Quetschwunde; Risswunde; Schnittverletzung; Schnittwunde; Schürfwunde; Schussverletzung; Schusswunde; Steckschuss; Stichverletzung; Stichwunde; Stichwunde mit penetrierendem Fremdkörper; Strahlenwunde; thermische Wunde; Tierbiss; Tierbissverletzung; ICD-10-GM T14.1: Offene Wunde an einer nicht näher bezeichneten Körperregion
Formen der offenen Wunden
Offene Wunden können nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden:
Nach Ursache der Entstehung:
- Mechanisch bedingte Wunden: Schnitt-, Stich-, Riss- und Platzwunden
- Thermische Wunden: Verbrennungen und Erfrierungen
- Chemische Wunden: Verätzungen durch Säuren oder Laugen
- Strahlenwunden: Verletzungen durch ionisierende Strahlung
Nach mikrobiologischem Zustand:
- Kontaminiert: Keine Entzündungszeichen
- Infiziert: Mit Entzündungszeichen
- Aseptisch: Operationswunden
Nach Art der Wunde:
- Einfache Wunden: Ohne Organbeteiligung
- Komplizierte Wunden: Mit Organbeteiligung
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Beide Geschlechter sind gleichermaßen betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Offene Wunden treten häufig in allen Altersgruppen auf, besonders bei Personen, die in risikoreichen Berufen oder Aktivitäten tätig sind.
Prävalenz: Eine der häufigsten offenen Wunden ist die blutende Kopfplatzwunde. Etwa jeder zehnte Patient in der Notaufnahme wird mit einer solchen Verletzung vorstellig.
Verlauf und Prognose
Verlauf
Die Wundheilung ist ein biologisch komplexer Vorgang mit dem Ziel, die Wunde durch Wiederherstellung des beschädigten Gewebes oder durch narbigen Ersatz zu verschließen. Der Heilungsprozess hängt vom mikrobiologischen Zustand und von der Strecke zwischen den Wundrändern ab.
- Primäre Wundheilung: Verläuft bei Abständen zwischen den Wundrändern von weniger als 1 Millimeter rasch und ohne Narbenbildung, z. B. bei Schürfwunden.
- Sekundäre Wundheilung: Heilt durch Bildung von Narbengewebe, wenn der Körper viel Gewebe nachbilden muss.
- Tertiäre Wundheilung: Kombination aus sekundärer Wundheilung und anschließender Hauttransplantation.
Prognose
In der Regel ist der Verlauf der Wundheilung bei akuten Wunden günstig. Die Haut heilt innerhalb von 8-10 Tagen und ist nach ca. 3 Wochen wieder vollständig belastbar. Sind die Wundränder glatt, wird nur wenig nekrotisches Gewebe entstehen, und die Angriffsfläche für Bakterien ist gering.
- Günstige Faktoren: Glatte Wundränder, geringe Kontamination, schnelle und adäquate Versorgung.
- Ungünstige Faktoren: Ungünstige Wundlage, Bewegung, Infektion, große Wundfläche.
Wundheilungsphasen
- Entzündungsphase: Sofort nach der Verletzung, dauert etwa 3-5 Tage. Charakterisiert durch Rötung, Schwellung, Wärme und Schmerzen.
- Proliferationsphase: Etwa vom 4. bis 21. Tag. Es bildet sich neues Gewebe, und die Wunde schließt sich.
- Remodellierungsphase: Ab dem 21. Tag bis zu mehreren Monaten oder Jahren. Die Wunde stabilisiert sich, und das Narbengewebe reift.
Komplikationen
- Infektionen: Erhöhen das Risiko einer verzögerten Wundheilung.
- Wundruptur: Die Wunde platzt wieder auf, häufig durch Bewegung.
- Chronische Wunden: Wenn die Heilung schlecht verläuft, können Ulzera oder chronische Wunden entstehen.
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Wunden und Wundbehandlung. (AWMF-Registernummer: 006 - 129), September 2014 Langfassung