Neurodermitis (atopisches Ekzem) – Prävention

Zur Prävention des atopischen Ekzems (Neurodermitis) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Verzicht auf das Stillen von Säuglingen (protektiver Effekt der Muttermilchernährung; Stillen über mindestens > 4 Monate)
    • Gabe von Beikost vor Vollendung des fünften Lebensmonats bei Säuglingen
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) – Rauchen in der Schwangerschaft und Stillzeit – erhöht die Rate atopischer Erkrankungen (Typ-I-Sensibilisierungen im Prick-Test, Neurodermitis, Asthma bronchiale, allergische Rhinitis (Heuschnupfen))
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress
  • Tägliches Baden der Kinder
  • Unterlassen des täglichen Durchlüftens der Wohnung
  • Verwendung von Materialien aus tierischen Produkten wie Matratzen mit Federn

Triggerfaktoren

Die Bedeutung von Triggerfaktoren ist individuell sehr unterschiedlich. Die nachführend aufgeführten Triggerfaktoren sollen dazu dienen, diese zu kennen sowie ggf. zu meiden bzw. zu reduzieren:

Krankheiten

  • Infekte
  • Luftallergene oder Bakterien
  • Nahrungsmittelallergie – Im Kindesalter kann eine Sensibilisierung insb. gegen Hühnerei, Kuhmilch, Weizen oder Nüssen zu Exazerbationen führen.
    [
    nur eine Nahrungsmittelallergie vom Soforttyp oder deutliche Spätreaktionen rechtfertigen Karenzmaßnahmen (Eliminationsdiäten)]

Medikamente

Impfungen [unabhängig der Tatsache dass Impfungen zur Exazerbation einer Neurodermitis führen können, sollten Kinder und Erwachsene mit Neurodermitis nach den STIKO-Empfehlungen geimpft werden; in Phasen der Exazerbation (deutliche Verschlimmerung der Symptome) kann ein Impftermin verschoben werden]

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Feuchte Wände (Schimmelpilze; während des ersten Lebensjahres [6])
  • Kinder, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung aufwuchsen, zeigten im Vergleich mit Nachbarkindern ohne professionelle Tierhaltung deutlich weniger Sensibilisierungen, Asthma bronchiale und Rhinokonjunktivitis allergica [7].

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Genetische Faktoren:
    • Genetische Risikoreduktion abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • SNP: rs7927894 in einer intergenischen Region
          • Allel-Konstellation: CC (0,83-fach)
  • Das Auftragen einer wirkstofffreien Basiscreme auf den gesamten Körper (mehrfach täglich und nach jedem Baden) ab der dritten Lebenswoche bis zum sechsten Lebensmonat senkte das kumulative Risiko bei Neugeborenen aus Risikofamilien für atopischer Erkrankungen um 50 %! [12]
    Das Ergebnis der Studie legt die Möglichkeit nahe, dass eine Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel über die Haut erfolgt!
  • Mütterliche Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit sollte ausgewogen und nährstoffreich sein.
    Zum Verzehrverhalten der Mutter und die Auswirkungen auf das Kind:
    • es gibt jedoch keine Belege dafür, dass eine diätetische Restriktion (Vermeidung von potenten Nahrungsmittelallergenen) sinnvoll ist; das Gegenteil scheint der Fall zu sein [6]:
      • Vermehrter Verzehr von Erdnüssen durch die Mutter im ersten Trimester (ersten drei Monate der Schwangerschaft) war mit einer 47 % geringeren Wahrscheinlichkeit für allergische Reaktionen auf Erdnüsse assoziiert.
      • Vermehrter Verzehr von Milch durch die Mutter im ersten Trimester war mit weniger Asthma bronchiale und weniger allergischer Rhinitis (Heuschnupfen; allergischer Schnupfen) assoziiert.
      • Vermehrter Verzehr von Weizen durch die Mutter im zweiten Trimester war mit weniger atopischer Dermatitis (Neurodermitis) assoziiert.
    • Es gibt Hinweise dafür, dass Fisch (Omega-3-Fettsäuren; EPA und DHA) in der Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft bzw. Stillzeit ein Schutzfaktor für die Entwicklung atopischer Erkrankungen beim Kind ist.
    • Probiotika in der Schwangerschaft und in der Stillphase (bis zum sechsten Lebensmonat) reduzieren das Neurodermitisrisiko [9, 10].
  • Stillen (voll stillen) 4-6 Monate
  • Muttermilchersatz bei Risikokindern: falls die Mutter nicht oder nicht ausreichend stillen kann, ist die Gabe von hydrolysierter Säuglingsnahrung bei Risikokindern bis zum 4. Lebensmonat  zu empfehlen; für soja-basierte Säuglingsnahrung fehlt der Hinweis auf einen präventiven Effekt.
    Beachte: Soja- Hafer- und andere Getreide“milchen“ sind aufgrund ihrer Zusammensetzung kein Ersatz für Muttermilch.
  • Beikosteinführung ab Beginn des 5. Lebensmonats soll mit einer geförderten Toleranzentwicklung assoziiert sein; frühzeitiger Fischkonsum soll einen protektiven Wert haben.
    Beachte: Späte Einführung von bestimmten Lebensmitteln nicht sinnvoll: Bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für Allergien soll die Beikosteinführung nicht verzögert erfolgen.
  • Ernährung nach dem 1. Lebensjahr: es gibt keine Empfehlungen zur Allergieprävention im Sinne einer speziellen Diätung nach dem 1. Lebensjahr: es gibt keine Empfehlungen zur Allergieprävention im Sinne einer speziellen Diät.
    • Beachte: Hypoallergene Ernährung des Kindes bei Muttermilchersatz auch bei „Risikokindern“ nicht empfohlen.
  • Nahrungsmittelverzehr in der Kindheit [8]
    • Erhöhter Verzehr von Nahrungsmitteln mit Kuhmilch, Brustmilch und Hafer stand in inversem (umgekehrtem) Zusammenhang mit dem Risiko von allergischem Asthma.
    • Ein früher Fischverzehr war mit einem niedrigeren Risiko von allergischem und nicht allergischem Asthma assoziiert.
  • Exposition von Tabakrauch: Tabakrauch ist zu vermeiden – das gilt insbesondere während der Schwangerschaft [1, 2] 
  • Haustierhaltung [S3-Leitlinie: Allergieprävention]: 
    • Die Hundehaltung scheint in Hinblick auf Allergie und Asthma bronchiale im Schulalter bzw. in der Adoleszenz eher protektiv zu sein.
    • Die Katzenhaltung scheint das Risiko im Vorschulalter bzw. jungem Schulalter hinsichtlich einer Sensibilisierung zu erhöhen, später gleicht sich das Risiko aber gegenüber den katzenlosen Haushalten an.
  • Hinweis zu Impfungen: es gibt keine Belege dafür, dass Impfungen das Allergierisiko erhöhen; Kinder sollten gemäß den STIKO-Empfehlungen geimpft werden.
  • Zu reduzieren ist die Inhalation von Allergenen sowie der Kontakt mit Allergenen von Haustieren; des Weiteren vermeiden von Luftschadstoffen in Innen- und Außenräumen einschließlich der Tabakrauchexposition; es wird empfohlen bei Risikokindern keine Katze anzuschaffen.
  • Körpergewicht: ein erhöhter BMI (Body-Mass-Index) ist – insbesondere bei Asthma bronchiale – mit Asthma bronchiale positiv korreliert.

Empfehlung!
Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels in der Schwangerschaft mit Omega-3-Fettsäuren sowie Magnesium, Calcium, Folsäure und Jod sowie eines Nahrungsergänzungsmittel mit probiotischen Kulturen.

Literatur

  1. Zock JP, Plana E, Jarvis D, Antó JM, Kromhout H, Kennedy SM, Künzli N, Villani S, Olivieri M, Torén K, Radon K, Sunyer J, Dahlman-Hoglund A, Norbäck D, Kogevinas M: The use of household cleaning sprays and adult asthma: an international longitudinal study. Am J Respir Crit Care Med. 2007 Oct 15;176(8):735-41. Epub 2007 Jun 21
  2. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  3. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  4. Beasley R, Clayton T, Crane J, von Mutius E, Lai CK, Montefort S, Stewart A; ISAAC Phase Three Study Group.Collaborators. Association between paracetamol use in infancy and childhood, and risk of asthma, rhinoconjunctivitis, and eczema in children aged 6-7 years: analysis from Phase Three of the ISAAC programme. Lancet. 2008 Sep 20;372(9643):1039-48
  5. Weinmayr G, Gehring U, Genuneit J, Büchele G, Kleiner A, Siebers R, Wickens K, Crane J, Brunekreef B, Strachan DP; ISAAC Phase Two Study Group. Dampness and moulds in relation to respiratory and allergic symptoms in children: results from Phase Two of the International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC Phase Two). Clinical Experimental Allergy. 2013 Jul;43(7):762-74. doi: 10.1111/cea.12107.
  6. Bunyavanich S et al.: Peanut, milk, and wheat intake during pregnancy is associated with reduced allergy and asthma in children. J Allergy Clin Immunol. 2014 Feb 9. pii: S0091-6749(13)02989-8. doi: 10.1016/j.jaci.2013.11.040.
  7. Granell R et al.: Effects of BMI, Fat Mass, and Lean Mass on Asthma in Childhood: A Mendelian Randomization Study. PLOS Medicine 2014;11(7) e1001669
  8. Lumia M et al.: Food consumption and risk of childhood asthma.Pediatr Allergy Immunol. 2015 Feb 18. doi: 10.1111/pai.12352
  9. Kalliomäki M, Salminen S, Arvillommi H, Kero P, Koskinen P, Isolauri E.: Probiotics in primary prevention of atopic disease: a randomized placebo-controlled trial. Lancet 357: 1076-1079 (2001)
  10. Kalliomäki M, Salminen S, Poussa T, Arvilommi H, Isolauri E (2003): Probiotics and prevention of atopic disease: 4-year follow-up of a randomised placebo-controlled trial. Lancet 361: 1869-1871
  11. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung
  12. Werfel T, Dermatologie – Allergologie aktuell. AllergoCompact: Update Neurodermitis. 10. Deutscher Allergiekongress, Köln 2015

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung