Neurodermitis (atopisches Ekzem) – Folgeerkrankungen
Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch ein atopisches Ekzem (Neurodermitis) mit bedingt sein können:
Atmungssystem (J00-J99)
- Allergische Rhinitis (Heuschnupfen)
- Allergisches Asthma bronchiale
Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59)
- Atopische Keratokonjunktivitis (AKK; unzureichende Benetzung der Hornhaut und der Bindehaut mit Tränenflüssigkeit (Syndrom des trockenen Auges) mit Entzündung der Hornhaut (Keratitis) und der Bindehaut (Konjunktivitis)) durch Pollen (25-40 % der Neurodermitis Patienten)
Beachte: Dieses kann unbehandelt zu Hornhautkomplikationen führen und damit das Sehvermögen beeinträchtigen.
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- Ekzema herpeticatum – Infektion der durch das atopische Ekzem veränderten Hautregionen durch Herpes simplex Typ 1 oder Typ 2; Manifestation häufig im Gesicht, teils auch generalisiert
- Ekzema molluscatum – Ausbreitung des Molluscum-contagiosum-Virus (MCV) bei atopischem Ekzem (Kindesalter zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr)
- Ekzema vaccinatum – disseminierte Infektion eines atopischen Ekzems mit dem Impfpockenvirus
- Impetiginisierung (sekundäre bakterielle Infektion einer Dermatose/Hauterkrankung), insb. mit Staphylococcus aureus (frühes Kindesalter)
- Malassezia-getriggertes Kopf-Hals-Ekzem – Malasezzia-Spezies gehören zu den lipophilen Hefen; systemische Infektionen bei Erkrankungen wie Pityriasis versicolor, atopischen Ekzem oder Pityrosporumfollikulitis
- Mollusca contagiosa (Dellwarzen)
- Pityrosporon ovale-Infektion (Pilzinfektion)
- Rhinokonjunktivitis allergica – allergische Entzündung der Nase und der Bindehaut des Auges
- Tinea – eine der häufigsten, durch Dermatophyten bedingte entzündliche Hauterkrankung
- Verrucae vulgares – gewöhnliche Warzen
Haut und Unterhaut (L00-L99)
- Irritative Kontaktekzeme – Hautreaktionen durch irritierende Substanzen
Kreislaufsystem (I00-I99)
- Angina pectoris (Brustenge; Herzschmerz) [3]
- Hypertonie (Bluthochdruck) [3]
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) [3] – fortschreitende Stenosierung (Verengung) bzw. Okklusion (Verschluss) der die Arme/ (häufiger) Beine versorgenden Arterien, meist aufgrund einer Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
Neubildungen (C00-D48)
- Kutane T-Zell-Lymphome (wie Mycosis fungoides; 4,1-mal so hohe Erkrankungsrate) bei Patienten, die mit Dupilumab behandelt werden. Dupilumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen die Alphakette des Interleukin-4-Rezeptors [8].
Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)
- Arthrose – adjustierte Odds-Ratio (aOR) von 1,58 [7]
- Osteoporose (Knochenschwund) → erhöhtes Frakturrisiko (Knochenbruchrisiko; 10 % höheres Hüft- sowie Beckenfrakturrisiko; Risiko einer Wirbelkörperfraktur stieg mit der Hauterkrankung um 18 %, das Knöchelfrakturrisiko um 7 %) [5]
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Psychosoziale Probleme durch das Aussehen; ggf. auch Angststörungen und Depression
- Insomnie (Schlafstörungen)
Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Nahrungsmittelallergien (15 % vs. 4-6 % der Allgemeinbevölkerung)
Weiteres
- Lernstörungen (dosisabhängiger Zusammenhang) [6].
- Veränderung des Hautmikrobioms [2]
Prognosefaktoren
In einer großen europaweiten Studie, auf Grundlage der Daten der PASTURE (Protection against Allergy Study in Rural Enviroments)-Studie, wurde nach Faktoren gefahndet, die ein atopisches Ekzem bei Kindern begünstigen oder verhindern helfen. Dabei konnten vier verschiedene Phänotypen identifiziert werden [1]:
Phänotyp | Anzahl (%) | Verlauf/Entwicklung | Nahrungsmittelallergien (OR) | Asthma bronchiale (OR) | Allergische Rhinitis (OR) |
Früher transienter Phänotyp | n = 96 (9,2 %) | bereits innerhalb der ersten zwei Lebensjahre Symptome eines atopischen Ekzems, sind nach dem vierten Geburtstag jedoch wieder vollkommen beschwerdefrei | 3,71 | ||
Früher persistierender Phänotyp | n = 67 (6,5 %) | Erkranken sehr früh, das atopische Ekzem bleibt bis zum Alter von sechs Jahren bestehen | 7,79 (95%-KI 3,42-17,73) |
2,87 (95 %-KI 1,31-6,31) |
4,04 (95 %-KI 1,82−8,95) |
Später Phänotyp | n = 50 (4,8 %) | erst nach dem zweiten Lebensjahr die ersten Hautsymptome | später Phänotyp im Vergleich zum frühen persistierenden Phänotyp: 7,5 % vs. 17,5 % | 3,23 (95 %-KI 1,37-7,61) |
|
Sporadischer Phänotyp | n = 825 (79,5 %) | nur vereinzelt oder gar keine Symptome |
Odds-Ratio (OR): Risikoverhältnis
Kinder, deren beide Eltern Allergien in der Anamnese (Krankengeschichte) hatten, waren 5-mal mehr gefährdet, ein atopische Ekzem mit einem frühen persistenten Phänotyp zu entwickeln, verglichen mit Kindern mit Eltern ohne Allergien in der Anamnese.
Literatur
- Roduit C et al.: Phenotypes of Atopic Dermatitis Depending on the Timing of Onset and Progression in Childhood. JAMA Pediatr. Published online May 22, 2017. doi:10.1001/jamapediatrics.2017.0556
- Baurecht H et al.: Epidermal lipid composition, barrier integrity and eczematous inflammation are associated with skin microbiome configuration. Journal of Allergy and Clinical Immunology, 2018 https://doi.org/10.1016/j.jaci.2018.01.019
- Standl M et al.: Association of Atopic Dermatitis with Cardiovascular Risk Factors and Diseases J Invest Dermatolo. 2017 May;137(5):1074-1081. doi: 10.1016/j.jid.2016.11.031. Epub 2016 Dec 21.
- Maier P: Augenbeteiligung bei atopischer Dermatitis. Ophthalmologe 2017:114:496-497 doi 10.1007/s00347-017-0496-9
- Lowe KE et al.: Atopic eczema and fracture risk in adults: A population-based cohort study. Journal of Allergy and Clinical Immunology 2019; https://doi.org/10.1016/j.jaci.2019.09.015
- Wan J et al.: Association of Atopic Dermatitis Severity With Learning Disability in Children JAMA Dermatol. Published online April 14, 2021. doi:10.1001/jamadermatol.2021.0008
- Baker MC et al.: Increased risk of osteoarthritis in patients with atopic disease Annals of the Rheumatic Diseases Published Online First: 27 March 2023. doi: 10.1136/ard-2022-223640
- Hasan I et al.: Dupilumab therapy for atopic dermatitis is associated with increased risk of cutaneous T cell lymphoma: A retrospective cohort study J Am Acad Dermatol . 2024 Apr 6:S0190-9622(24)00566-8. doi: 10.1016/j.jaad.2024.03.039.