Neurodermitis (atopisches Ekzem) – Einleitung

Das atopische Ekzem (AE), umgangssprachlich als Neurodermitis bekannt, ist eine chronische bzw. chronisch-rezidivierende entzündliche Hauterkrankung. Sie ist durch einen intensiven Juckreiz und ein charakteristisches Verteilungsmuster der Ekzemherde gekennzeichnet und tritt häufig in Verbindung mit anderen atopischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale und allergischer Rhinitis (allergischer Schnupfen) auf.

Synonyme und ICD-10: Asthmaekzem; atopische Dermatitis (AD); atopische Dermatose; atopisches Ekzem; chronisch konstitutionelles Ekzem; Dermatitis atopica; Ekzem ‒ Atopie; endogener Milchschorf; endogenes Ekzem; Lichen simplex chronicus (hier: Minusvariante des atopischen Ekzems); Prurigo Besnier; ICD-10-GM L20.-: Atopisches [endogenes] Ekzem

Formen des atopischen Ekzems (AE)

  • Extrinsische Form: Durch Antikörper vermittelte Sensibilisierung gegen Aeroallergene (z.B. Pollen) und/oder Nahrungsmittelallergene.
  • Intrinsische Form: Keine nachweisbare Sensibilisierung gegen spezifische Allergene.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Gleichmäßig verteilt zwischen Männern und Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend im Kindesalter auf, wobei über 80 % der Fälle in den ersten zwei Lebensjahren manifestieren. Säuglinge können schon in den ersten drei Lebensmonaten betroffen sein.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Erwachsene: 1,5-8 %
  • Babys/Kleinkinder: 23 %
  • Vorschulkinder: 10-15 % (in Deutschland)

Beachte: Die atopische Dermatitis ist mit ca. 50 % aller Dermatosen die häufigste generalisierte Hauterkrankung in der Schwangerschaft.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Chronischer Verlauf
    • Das atopische Ekzem kann kontinuierlich bestehen bleiben, wobei die Intensität und Ausdehnung der Symptome variiert.
  • Schubweise Verlauf
    • Episoden mit starker Symptomatik wechseln sich mit relativ symptomfreien Intervallen ab.
    • Komplikationen wie sekundäre Infektionen mit Staphylococcus aureus oder Herpes-simplex-Viren können auftreten.
  • Rezidivierend
    • Häufige Wiederkehr der Symptome.
    • Assoziation mit psychischen Belastungen.

Prognose

  • Heilung und Remission
    • Spontanheilungen sind möglich, besonders bei Kindern, die oft bis zur Pubertät symptomfrei werden.
  • Langzeitprognose
    • Patienten mit schwerem Verlauf haben ein erhöhtes Risiko für persistierende Symptome und assoziierte Komorbiditäten.
  • Lebensqualität
    • Die Lebensqualität kann durch den chronischen Juckreiz und das kosmetische Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigt sein.

Komorbiditäten

  • Atopische Erkrankungen: Allergische Rhinitis (allergischer Schnupfen), allergische Rhinokonjunktivitis (allergischer Schnupfen mit Bindehautentzündung), Asthma bronchiale, Nahrungsmittelallergien (bei schwerem AE ca. 30 % Prävalenz) [1].
  • Dermatologische Komorbiditäten: Kontaktdermatitis (Hautentzündung durch Kontakt mit Reizstoffen) (3,4 %) [2], Handekzeme (4,6 %) [2], Exsikkationsdermatitis (Austrocknungsekzem) (2,2 %) [2], (Haarbalgentzündung) Follikulitis (2 %) [2], Feuermal (1,5 %) [2].
  • Autoimmunerkrankungen: Erhöhtes Risiko für Dermatitis herpetiformis Duhring (bläschenbildende Hauterkrankung) (9,76-fach), Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall) (5,11-fach), chronische Urtikaria (Nesselsucht) (4,82-fach) [3].
  • Gastrointestinale Komorbiditäten: Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) (1,96-fach) [3], Morbus Crohn (chronisch-entzündliche Darmerkrankung) (1,83-fach) [3], Colitis ulcerosa (chronisch-entzündliche Darmerkrankung des Dickdarms) (1,58-fach) [3].

Literatur

  1. Roduit C et al.: Phenotypes of Atopic Dermatitis Depending on the Timing of Onset and Progression in Childhood. JAMA Pediatr. Published online May 22, 2017. doi:10.1001/jamapediatrics.2017.0556
  2. Zander N et al.: Atopic dermatitis shows significant cutaneous comorbidity: results from large‐scale investigations in the working population. JEADV 2019. doi: https://doi.org/10.1111/jdv.15792
  3. Ivert LU et al.: Association between atopic dermatitis and autoimmune diseases: a population‐based case–control study. British Journal of Dermatology 22 October 2020 https://doi.org/10.1111/bjd.19624

Leitlinien

  1. Renz H: In-vitro-Allergiediagnostik. Rezensierte Publikation. JLM Band 39: Heft 4. Juli 2015 doi.org/10.1515/labmed-2015-0062
  2. S1-Leitlinie: Stationäre dermatologische Rehabilitation. (AWMF-Registernummer: 013 - 083), Januar 2020 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Atopische Dermatitis (AD) [Neurodermitis; atopisches Ekzem]. (AWMF-Registernummer: 013-027), Juni 2023 Langfassung