Nävus – Einleitung

Der Nävus, umgangssprachlich als Leberfleck oder Muttermal bekannt, bezeichnet gutartige Haut- oder Schleimhautfehlbildungen (Pigmentmal).

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM I78.1: Nävus, nicht neoplastisch

Formen der Nävi

Dermale melanozytäre Nävi (ICD-10 D22.9)

  • Mongolenfleck – unscharf begrenzte graublaue Verfärbung der Haut im Bereich des Gesäß/Rücken; bildet sich bis zur Pubertät zurück; in der Regel bei Mongolen
  • Naevus coeruleus (blauer Nävus) – derbe blauschwarze Knötchen, die vor allem am Handrücken oder Arm auftreten
  • Naevus fusco-coeruleus – unscharf begrenzte flächige blauschwarze Pigmentierung im Bereich des Gesichts (Naevus Ota; Synonym: okulodermale Melanozytose)/Schulter (Naevus Ito); ggf. mit Hypertrichose (verstärkte Körper- und Gesichtsbehaarung; ohne ein männliches Verteilungsmuster); tritt bei Mongolen und Japanern auf

Epidermale melanozytäre Nävi – bezeichnet Male, die durch eine scharf begrenzte braune Flecke charakterisiert sind (ICD-10-GM D22.9)

  • Café-au-lait-Fleck (CALF; Naevus pigmentosus)
  • Epheliden (Sommersprossen)
  • Lentigines (Lentigo simplex)
  • Melanosis naeviformis (Becker-Nävus) – großflächiges braun gefärbtes Hautareal, welche in Kombination mit einer Hypertrichose (verstärkte Körper- und Gesichtsbehaarung; ohne ein männliches Verteilungsmuster) auftritt
  • Naevus spilus – Kombination aus Café-au-lait-Flecken und kleinfleckigen Pigmentzellnestern

Nävuszellnävus (NZN) – Male, die die folgenden Stadien durchlaufen:

  • Junktionsnävus – scharf begrenzte fleck-/punktförmige Male, die homogen braun(-schwarz) gefärbt sind
  • Compound-Nävus – scharf begrenzte, meist knotige braun(-schwarze) Male, häufig mit zerklüfteter Oberfläche; eine Hypertrichose kann begleitend sein; bilden sich meist aus Junktionsnävi
  • Dermale Nävi – papulöse braune Male mit Haarbesatz

Sonderformen der Nävuszellnävi

  • Benignes juveniles Melanom (Spindelzellnävus; Spitztumor) – umschriebene gutartige knotige Male, die bei Kindern/Jugendlichen auftreten
  • Dysplastischer Nävus (atypischer Nävus, aktiver Nävus; ICD-10-GM D22.9: Dysplastischer Nävus) – erworbener Nävuszellnävus mit Ausläufern, unregelmäßiger Pigmentierung/Farbveränderungen, Größenzunahme, Entzündungszeichen
  • Halo-Nävus (Sutton-Nävus) – harmlose Male, die durch einen weißen Hof charakterisiert sind
  • Naevus pigmentosus et pilosus (Riesenpigmentnävus) – häufig als Badehosennävus auftretend im Rahmen einer neurokutanen Melanose

Gefäßnävi, Hämangiome (Blutschwämmchen oder Erdbeerfleck)

  • Naevus flammeus (ICD-10-GM Q82.5; Feuermal, Portweinfleck; Naevus teleangiectaticus; planes Hämangiom) – scharf begrenzte hell- bis blaurote Flecke
    • Medialer Naevus flammeus – häufig im Nacken, Stirn; bilden sich häufig zurück; Neugeborene haben manchmal ein blasses Feuermal im Nacken, das im Volksmund als „Storchenbiss“ bezeichnet wird; dieses kommt praktisch bei jedem Baby vor
    • Lateraler Naevus flammeus – häufig im Gesicht lokalisiert; bilden sich selten zurück; können im Rahmen komplexer Fehlbildungen auftreten
    • Naevus araneus (Synonyme: Naevus stellatus; Spinnennävus, Sternnävus, bzw. Gefäßspinne oder Eppinger-Sternchen, Spider-Nävus, Spider nävi) – bei Kindern oder bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen auftretende Veränderung, bei der eine zentrale Papel von sternförmigen Venolen umgeben ist
    • Teleangictasia hereditaria haemorrhagica (Morbus Osler-Rendu) – Erweiterung der Endstrombahngefäße, die durch eine autosomal-dominante Erbkrankheit bedingt ist
  • Hämangiom (ICD-10-GM D18.0) – blass- bis schwarzblaue Gefäßgeschwülste, die im frühen Kindesalter auftreten oder angeboren sind
  • Granuloma pyogenicum (ICD-10-GM L98.0; Granuloma teleangiectaticum, Botryomykom) – gutartige kugelige weiche Neubildungen, die nach einer infizierten Verletzung auftreten

Epidermale Nävi

  • Häufig vorkommende, meist angeborene, in der Regel streifige Verdickung der Epidermis (Oberhaut)

Talgdrüsen-Nävi (Naevus sebaceus)

  • Scharf begrenzte häufig kugelförmige Male, die pflastersteinartig bis papillomatös angeordnet sind; tritt häufiger in der Kindheit/Jugend auf

Weitere Nävi

  • Apokrine/ekkrine Schweißdrüsennävi
  • Bindegewebsnävi
  • Elastica-Nävi
  • Haarnävi
  • Komedonennävi
  • Naevus lipomatosus superficialis – es handelt sich dabei um einen umschriebenen Fettgewebsnävus mit Entwicklung von Fettgewebsläppchen in der gesamten Dermis (Haut)

Die am häufigsten vorkommenden Nävi sind Nävuszellnävus (können bereits bei Geburt vorhanden sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln, s. u. ) und Lentigo simplex (können ebenfalls bereits bei der Geburt vorhanden sein oder, was häufiger der Fall ist, sich in der frühen Kindheit entwickeln).

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Die Mehrzahl der melanozytären Nävi (MN) entsteht in den ersten 20-30 Lebensjahren. Das Maximum des Auftretens des Talgdrüsen-Nävus liegt in der Kindheit und der Pubertät.

Epidermale Nävi: Treten vorwiegend in der Kindheit auf.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit):

  • Dysplastische Nävi: 5 % der weißhäutigen Erwachsenen in Deutschland.
  • Epidermale Nävi: 0,1 % aller Kinder.
  • Kongenitale melanozytäre Nävi (KMN): 1 % der Neugeborenen.
  • Hämangiome: 8-12 % aller Babys, besonders bei Mädchen und Frühgeborenen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Entwicklung und Veränderungen: Nävi können angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Viele melanozytäre Nävi entstehen in den ersten 20-30 Lebensjahren und können sich im Aussehen und in der Größe verändern. Manche Nävi können sich mit der Zeit von flachen Flecken zu erhabenen Knoten entwickeln.
  • Veränderung über die Zeit: Während des Lebens können Nävi unterschiedlich auf Umweltfaktoren wie Sonnenexposition reagieren, was zu Veränderungen in der Pigmentierung führen kann. Ein Teil der Nävi kann sich auch zurückbilden.
  • Komplikationen: Bei einigen Nävi, insbesondere bei dysplastischen oder atypischen Nävi, besteht ein erhöhtes Risiko, sich zu malignen Melanomen zu entwickeln. Dies erfordert eine regelmäßige dermatologische Kontrolle und gegebenenfalls eine Biopsie zur weiteren Abklärung.

Prognose

  • Benigne Nävi: Die meisten Nävi bleiben gutartig und verursachen keine gesundheitlichen Probleme. Regelmäßige Selbstuntersuchungen und dermatologische Kontrollen können helfen, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und das Risiko von Hautkrebs zu minimieren.
  • Dysplastische Nävi: Dysplastische Nävi, auch atypische Nävi genannt, haben ein höheres Risiko, sich zu malignen Melanomen zu entwickeln. Frühzeitige Erkennung und Entfernung können die Prognose erheblich verbessern.
  • Melanomrisiko: Das Risiko, an einem Melanom zu erkranken, steigt fast linear mit der Zahl der melanozytären Nävi (MN) an [1]. Regelmäßige Untersuchungen durch einen Dermatologen sind wichtig, um frühzeitig bösartige Veränderungen zu erkennen.
  • Rückbildung: Einige Nävi, insbesondere Talgdrüsen-Nävi, können sich im Erwachsenenalter spontan zurückbilden. In seltenen Fällen kann es jedoch zu einer malignen Transformation kommen.

Literatur

  1. Kruger S, Garbe C, Buttner P et al.: Epidemiologic evidence for the role of melanocytic nevi as risk markers and direct precursors of cutaneous malignant melanoma. Results of a case control study in melanoma patients and nonmelanoma control subjects. J Am Acad Dermatol 26, 6, June 1992:920-926

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Hämangiome, infantil im Säuglings- und Kleinkindesalter. (AWMF-Registernummer: 006 - 100), Oktober 2020 Langfassung