Lichen sclerosus – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Der Lichen sclerosus et atrophicus (LS) ist eine chronisch-inflammatorische Erkrankung des Bindegewebes unbekannter Ursache. Die Pathogenese ist bislang nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass es sich um ein multifaktorielles Krankheitsgeschehen handelt, bei dem genetische Prädisposition, Autoimmunprozesse und hormonelle sowie infektiöse Faktoren eine Rolle spielen.

Wichtige pathogenetische Mechanismen

Autoimmunreaktion

  • Es gibt Hinweise darauf, dass der Lichen sclerosus eine autoimmune Genese aufweist.
  • Bei bis zu 74 % der Betroffenen lassen sich assoziierte Autoimmunerkrankungen nachweisen, insbesondere autoimmune Schilddrüsenerkrankungen wie die Hashimoto-Thyreoiditis.
  • Trotz des Fehlens spezifischer Autoantikörper spricht die hohe Assoziation für eine Beteiligung des Autoimmunprozesses.

Genetische Prädisposition

  • Eine familiäre Häufung der Erkrankung sowie Assoziationen mit bestimmten HLA-Typen (Human-Leukocyte-Antigen) deuten auf eine genetische Disposition hin.
  • HLA-Genotypen, die an der Immunantwort beteiligt sind, könnten zur Entstehung des Lichen sclerosus beitragen.

Hormonelle Einflüsse

  • Postmenopausale Frauen sind häufiger betroffen, was auf eine Rolle von hormonellen Faktoren hinweist.
  • Ein Mangel an Androgenen und Östrogenen könnte die Vulnerabilität des Gewebes erhöhen.

Infektiöse Hypothese

  • Infektiöse Erreger wie Borrelien, das Epstein-Barr-Virus (EBV) und humane Papillomaviren (HPV) wurden als mögliche Auslöser diskutiert.
  • Konkrete Belege für eine direkte infektiöse Genese konnten jedoch bislang nicht erbracht werden.

Umweltfaktoren und Traumata

  • Mechanische Reizungen und Traumata der Haut können die Entstehung des Lichen sclerosus begünstigen, insbesondere in anatomischen Bereichen, die mechanischer Belastung ausgesetzt sind (z. B. Genitalbereich).

Zusammenfassung

Der Lichen sclerosus et atrophicus ist eine multifaktoriell bedingte Erkrankung, bei der eine Kombination aus genetischen, hormonellen und autoimmunen Faktoren sowie Umweltfaktoren und möglicherweise Infektionen zur Pathogenese beiträgt. Weitere Forschungen sind erforderlich, um die genaue Ätiologie und die beteiligten Pathomechanismen besser zu verstehen.

Die Entstehung des Lichen sclerosus (LS) kann durch die folgenden Faktoren ausgelöst werden:

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung wird diskutiert (seltenes familiäres Auftreten; Assoziation mit HLA-B40, HLA-B44); ca. 10 % der Patienten mit LS haben Blutsverwandte mit der gleichen Erkrankung [2]
  • Hauttyp – Hauttyp I und II [2]
  • Hormonelle Faktoren – niedrige Östrogenproduktion (präpubertärer und postmenopausaler Erkrankungsgipfel)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Kratzen/Scheuereffekte durch zu enge Kleidung
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) [2]

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Atopisches Ekzem (Neurodermitis) [2]
  • Autoimmunerkrankungen 
  • Diabetes mellitus [2]
  • Infektionen, beispielsweise mit Borrelien oder Streptokokken Aauch humanen Papillomaviren (HPV) werden diskutiert
  • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung) [2]

Weitere auslösende Faktoren

  • Irritation durch Urin [2] – Harninkontinenz (Blasenschwäche)
  • Operationsnarben
  • Radiatio/Strahlentherapie
  • Sexueller Missbrauch
  • Lokale chronische Traumata [2]
  • Medikamente: 
    • Carbamazepin
    • Imatinib
    • orale Kontrazeption (Verhütungsmittel (Kontrazeptiva), die über den Mund ("per os") eingenommen werden) mit antiandrogener Teilwirkung

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur

  1. Higgins CA et al.: A population based case-control srudy of aetiological factors associated with vulval lichen sclerosus. J Obstet Gynaecol 2012; 32: 271-5 https://doi.org/10.3109/01443615.2011.649320
  2. Kirtschig G et al.: Evidence-based (S3) Guideline on (anogenital) Lichen sclerosus. J Eur Acad Dermatol Venereol 2015 29:e1-43 doi: 10.1111/jdv.13136.