Handekzem – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Pathogenese des Handekzems ist multifaktoriell (genetische Faktoren, Umweltfaktoren): ca. 60 % der Fälle beruhen auf exogenen Faktoren (Umweltfaktoren); ca. 41 % auf endogenen (genetische Faktoren) und weiteren individuellen Faktoren [1].
Exogene Handekzeme | Endogene Handekzem |
Allergische Kontaktdermatitis (AKD) | Atopisches Handekzem mit oder ohne begleitende Dermatitis |
Irritatives Kontaktekzem (IKE) | dyshydrotisches Handekzem (häufig mit einer Hyperhidrose/übermäßige Schwitzen verbunden) |
Protein-Kontakturtikaria/Protein-Kontaktdermatitis (PKD) | hyperkeratotisch-rhagadiformes Handekzem |
Exogene Handekzeme
Allergische Kontaktdermatitis (AKD):
- Häufig ausgelöst durch eine direkte Schädigung der Haut oder durch eine hypererge Reaktion des Immunsystems auf externe Allergene.
- Mechanismus: Das allergische Kontaktekzem ist eine T-Zell-vermittelte Immunreaktion vom Typ IV (Allergie vom Spättyp). Dabei bindet ein Hapten (kleines Molekül) an ein körpereigenes Protein, was zur Aktivierung der T-Zellen führt.
- Klinik: Die Symptome treten typischerweise 24-72 Stunden nach dem Allergenkontakt auf.
- Aerogene Übertragung: Der Kontakt mit Allergenen kann auch durch die Luft erfolgen, z. B. bei Phytoallergenen.
Irritatives Kontaktekzem (IKE):
- Bedingt durch eine direkte Schädigung der Hautbarriere, z. B. durch aggressive Reinigungsmittel oder häufiges Waschen.
- Mechanismus: Die Hautbarriere wird durch physikalische, chemische oder mechanische Reize geschädigt, was zu einer erhöhten Permeabilität und Entzündungsreaktion führt.
- Klinik: Es tritt eine schuppende, rissige Haut mit Rötungen und Juckreiz auf.
Protein-Kontakturtikaria/Protein-Kontaktdermatitis (PKD):
- Entsteht durch den direkten Kontakt von Proteinen (z. B. Latex oder tierische Proteine) mit der Haut.
- Mechanismus: Die Reaktion erfolgt durch eine IgE-vermittelte Sofortreaktion (Typ-I-Allergie) oder eine T-Zell-vermittelte Spättyp-Reaktion (Typ-IV-Allergie).
- Klinik: Rasch einsetzende Symptome wie Juckreiz, Quaddeln oder Ekzeme.
Endogene Handekzeme
Atopisches Handekzem:
- Häufig bei Patienten mit atopischen Erkrankungen (z. B. Neurodermitis).
- Mechanismus: Erhöhte Permeabilität der Hautbarriere führt zu einer erhöhten Aufnahme von Allergenen und Irritantien.
- Klinik: Trockene, rissige Haut mit starkem Juckreiz, häufig verbunden mit Ekzemen in anderen Körperbereichen.
Dyshidrotisches Handekzem:
- Geprägt durch das Auftreten von juckenden, wassergefüllten Bläschen an Handflächen und Fingerseiten.
- Mechanismus: Die genaue Pathogenese ist unklar; eine Assoziation mit Hyperhidrose (vermehrtes Schwitzen) wird diskutiert.
- Klinik: Stark juckende Bläschen, die nach dem Aufplatzen eine schuppige Haut hinterlassen.
Hyperkeratotisch-rhagadiformes Handekzem:
- Tritt vor allem bei chronischer Belastung der Haut auf.
- Mechanismus: Durch wiederholte mechanische oder chemische Einwirkung entsteht eine übermäßige Verhornung der Haut (Hyperkeratose) mit tiefen schmerzhaften Rhagaden (Rissen).
- Klinik: Die Haut zeigt eine vermehrte Hornhautbildung mit tiefen Rissen, die bis in die Dermis reichen können.
Zusammenfassung
Die Pathogenese des Handekzems ist komplex und umfasst eine Vielzahl von Faktoren, die sowohl endogen (genetisch und immunologisch) als auch exogen (Umwelteinflüsse und Kontaktallergene) sein können. Eine genaue Abklärung der Ursache ist entscheidend für die zielgerichtete Therapie.
Ätiologie (Ursachen)
Exogene Faktoren für ein allergisches Kontaktekzem
- Exposition gegenüber dem auslösenden Stoff – folgende Stoffe zählen zu den häufigsten Auslösern eines allergischen Kontaktekzems:
- Azo-Tätowierfarbstoffe
- Bufexamac (antientzündlich wirksamer Arzneistoff zur örtlichen Behandlung der Haut)
- Duftstoffe – bei ca. 2 % lässt sich per Epikutantest (Synonyme: Patch-Test, Pflastertest) eine Kontaktallergie (hier: Duftstoffallergie) nachweisen; Hauptallergene sind: Hydroxyisohexyl-3-Cyclohexen-Carboxaldehyd (HICC), Eichenmoos (Evernia prunastri), Zimtaldehyd, Hydroxycitronella, Hexylzimtaldehyd [2]
- Epoxidharz
- Formaldehyd
- Kaliumdichromat
- Kobaltchlorid
- Lanolin (Alkohole)
- Mercaptobenzothiazol (Vulkanisationsbeschleuniger in der Gummiherstellung für Produkte wie Reifen und technische Gummiartikel)
- Natriumthiosulfatoaurat
- Neomycin/Neomycinsulfat (Antibiotikum)
- Nickel (Nickelsulfat) [potentiell enthalten in: Schmuck, Gehäuse und Bänder von Armbanduhren, Knöpfe, Nieten, Schnallen, Reißverschlüsse und Metallmarkierungen, sofern sie in Kleidung verwendet werden; ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht!]
- Octocrylen (UV-Filter) [eher selten]
- Palladium
- Paraben-Mix (Konservierungsstoffe)
- Perubalsam
- P-Phenylendiamin (Farbstoffe)
- Propolis (Bienenprodukt, das auch Bienenkittharz genannt wird)
- Sorbitansesquioleat (Emulgator in Dermatika und Kosmetika)
- Terpentin
- Thiram (chemische Verbindung aus der Gruppe der Dithiocarbamate)
- Toluene-2,5-Diamin
- 4-tert-Butylphenol-Formaldehydharz (PTBFR; Kleber in Gummiartikeln)
- Sensibilisierungspotenz des Stoffes
Endogene Faktoren
- Genetische Belastung: Genetische Faktoren, nicht näher bezeichnet
- Ethnische Zugehörigkeit
- Geschlecht – Männer zu Frauen beträgt 1 : 10 (Nickelallergie)
- Berufe – Feuchtarbeiten in Beruf und Freizeit; Friseurgewerbe, Metallbetriebe, Reinigungsunternehmen und Gastronomie (Handekzeme)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Rauchen
- Tätowierungen (s. u. exogene Faktoren) → allergisches Kontaktekzem
Krankheitsbedingte Ursachen für ein Handekzem
Haut und Unterhaut (L00-L99)
- Allergische Kontaktdermatitis* (AKD) – entzündliche Hautveränderung (Ekzem), die durch eine allergische Reaktion vom Typ IV (Typ-IV-Allergie, "verzögerter Typ") ausgelöst wird; T-Zell-vermittelten Spätreaktion, z. B. gegen Chrom, Nickel, Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe; klinisch zeigt sich häufig ein polymorphes Bild: während die erste Ekzemstelle austrocknet entsteht daneben bereits eine neue frische Stelle.
Beachte: AKD können streuen, d. h. sie können auch auf nicht exponierten Stellen auftreten. - Atopisches Handekzem – Handekzem auf Grundlage eines atopischen Ekzems ((Neurodermitis)
- Dyshidrotisches Ekzem – zeichnet sich aus durch Bläschen an Fingerrändern und Handflächen aus, ohne nachweisbare relevante Kontaktallergie oder Irritantien-Exposition; mögliche Ursachen sind: tagtägliche Einflüsse wie z. B. Feuchttätigkeiten, häufiges Händewaschen, Putzen, Kontakt zu auslaugenden Putzmitteln
- Exsikkationsekzem (Austrocknungsekzem) – Hautveränderungen, die durch einen Flüssigkeitsmangel in der Haut bedingt sind
- Hyperkeratotisch-endogenes Handekzem – Handekzem, das mit einer Pulpitis (schmerzhafte Hautrisse) oder einer Hyperkeratose (übermäßige Verhornung der Haut) auf der Handinnenfläche einhergeht; Bläschen und Pusteln (Eiterbläschen) werden bei dieser Form nicht beobachtet.
- Impetigo contagiosa – hochinfektiöse, nicht an die Hautanhangsgebilde (Haarfollikel, Schweißdrüsen) gebundene, bakterielle Infektion der Haut
- Irritative Kontaktdermatitis*/irritative Kontaktekzeme (IKE) – Dermatitis (Hautentzündung), die durch exogene Einwirkungen ausgelöst ist; entstehen durch Nassarbeit oder häufiges Händewaschen
- Kopfhautekzem
- Neurodermitis (atopisches Ekzem)
- Pityriasis rubra (pilaris; PRP) – chronisch verlaufende, juckende Hauterkrankung; lachsfarbene Hyperkeratosen (erworbene Verhornungsstörung)
- Protein-Kontaktdermatitis* (PKD)/Kontakturtikaria – Form der Urtikaria (Nesselsucht), bei der nach Hautkontakt mit einer urtikariogenen Substanz innerhalb von wenigen Minuten Quaddeln im exponierten Areal entstehen; dazu zählt auch die Latexallergie, die teils irritativ, teils IgE-vermittelt ist
- Psoriasis vulgaris (Schuppenflechte)
- Pustulosis palmoplantaris – Hauterkrankung, die mit Pusteln an Händen/Füßen einhergeht
- Tinea manus – Pilzinfektion der Haut
- Vesikulär-endogenes Handekzem – im Vordergrund stehen bläschenförmige Eruptionen (ein atopisches Ekzem muss zuvor ausgeschlossen werden)
*gehören zur Gruppe der exogenen Handekzeme
Medikamente
- Medikamenteneinnahme, nicht näher bezeichnet
Literatur
- Lerbaek A et al.: Heritability of hand eczema is not explained by comorbidity with atopic dermatitis. J Invest Dermatol 2007;127:1632-1640 doi: 10.1038/sj.jid.5700750. Epub 2007 Feb 15.
- Diepgen TL et al.: Prevalence of fragrance contact allergy in the general population of five European countries: a cross-sectional study. Br J Dermatol 2015, online 7. November; doi: 10.1111/bjd.14151