Haarausfall (Alopecia) – Prävention

Zur Prävention der Alopecia (Haarausfall) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Fehl- und Mangelernährung mit einhergehendem Mikronährstoff-Mangel (z. B. Eisen, Zink, Biotin, Vitamin D) – siehe dazu Mikronährstofftherapie (Vitalstoffe).
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen)
      • Raucher und Ex-Raucher leiden mit um 80 % höherer Wahrscheinlichkeit an androgenetischer Alopecia (androgenbedingtem Haarausfall) im Vergleich zu Nichtrauchern.
      • Bei starken Rauchern (≥ 20 Zigaretten/Tag) steigt das Risiko um 130 % [1].
      • Kombination von Rauchen und Übergewicht erhöht das Risiko für Alopecia androgenetica signifikant [2].
  • Drogenkonsum
    • Amphetamine (indirekte Sympathomimetika) – können diffusen Haarausfall verstärken.
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress – assoziiert mit diffusen und telogenen Haarausfallmustern.
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
    • Positiv korreliert mit dem Risiko für Alopecia androgenetica, insbesondere in Kombination mit Rauchen [2].

Röntgenstrahlen 

  • Radiatio (Strahlentherapie)

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Luftschadstoffe: Feinstaub (PM10) und Dieselabgase (→ Abfall der Konzentra­tion des Proteins Beta-Catenin in den Haarfollikel; Beta-Catenin wird für das Haarwachstum benötigt) [4]

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Genetische Faktoren
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: LINC01432
        • SNP: rs1160312 im Gen LINC01432 
          • Allel-Konstellation: GG (0,625-fach für Alopecia androgenetica)
  • Kopfhautkühlung („Scalp-Cooling“)
    • Einsatz: Zur Prävention von Chemotherapie-bedingtem Haarausfall.
    • Wirkung: Reduziert lokal die Durchblutung der Kopfhaut und minimiert die Aufnahme der Zytostatika durch die Haarfollikel.
    • Einschränkungen:
      • Häufige Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen [3].
      • In der PRO Hair Safe Study haben über 70 % der Teilnehmerinnen die Intervention abgebrochen; bzgl. Lebensqualität schnitt die Gruppe mit Kopfhautkühlung nicht besser ab als eine Kontrollgruppe [5].
      • Weitere Studien sind notwendig, um die Effektivität und Akzeptanz zu erhöhen.
  • Ernährungsinterventionen
    • Supplementierung von Mikronährstoffen wie Eisen, Zink, Biotin und Vitamin D bei nachgewiesenem Mangelzustand. 

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention der Alopecia zielt darauf ab, frühzeitig Ursachen und Risikofaktoren zu erkennen sowie gezielte Maßnahmen zur Verlangsamung oder Verhinderung des Haarausfalls einzuleiten.

  • Früherkennung und Diagnostik
    • Haarwurzel-Analyse: Untersuchung der Haarfollikel zur Abklärung von Mikronährstoffmängeln, Autoimmunerkrankungen (z. B. Alopecia areata) oder androgenetischem Haarausfall.
    • Trichoskopie: Optische Diagnostik des Haarausfalls zur genauen Differenzierung von Haarverlustarten.
    • Laboranalysen: Überprüfung auf Mangelzustände (z. B. Eisen, Vitamin D, Zink) und Hormonstörungen (z. B. Androgene, Schilddrüsenhormone).
  • Therapie zur Verlangsamung des Haarausfalls
    • Medikamentöse Maßnahmen:
      • Topische Applikation von Minoxidil bei androgenetischer Alopecia.
      • Systemische Therapie mit Finasterid (5α-Reduktase-Hemmer) bei Männern mit androgenetischem Haarausfall.
      • Kortikosteroidinjektionen bei Autoimmunursachen wie Alopecia areata.
    • Hormontherapie: Behandlung hormoneller Dysbalancen bei Frauen (z. B. mit Antiandrogenen).
    • Mikronährstoff-Supplementierung: Zufuhr von Eisen, Zink und Biotin bei nachgewiesenem Mangel.
  • Individuelle Beratung
    • Beratung zur Optimierung der Haarpflege und zum Verzicht auf schädliche Stylingpraktiken (z. B. Hitze oder Chemikalien).
    • Ernährungsempfehlungen mit Fokus auf Mikronährstoffe.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention der Alopecia fokussiert sich auf die langfristige Betreuung und die Vermeidung von Komplikationen sowie psychologischen Belastungen durch den Haarausfall.

  • Langzeitmanagement und Behandlung
    • Haartransplantationen: Bei androgenetischem Haarausfall zur Rekonstruktion der Haarfülle.
    • Lasertherapie: Einsatz von Low-Level-Laser-Therapie (LLLT) zur Stimulation des Haarwachstums.
    • PRP-Therapie (Platelet-Rich Plasma): Injektion von thrombozytenreichem Plasma, das Wachstumsfaktoren enthält, zur Förderung des Haarwachstums. Hierfür gibt es zunehmend Studien, die moderate Erfolge zeigen.
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Psychologische Betreuung: Unterstützung bei psychosozialen Belastungen durch Haarausfall.
    • Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen zur Förderung des Selbstbewusstseins.
  • Lebensstilinterventionen
    • Stressmanagement: Integration von Techniken wie Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung zur Stressreduktion.
    • Langfristige Ernährungstherapie: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Ernährungsweise zur Unterstützung gesunder Haarfollikel.
  • Nachsorge und Kontrolle
    • Regelmäßige Überwachung von Therapiefortschritten bei androgenetischem oder autoimmun bedingtem Haarausfall.
    • Kontinuierliche Anpassung der Therapiepläne bei Bedarf (z. B. Umstellung von topischer auf systemische Therapie).

Literatur

  1. Lin-Hui Su, MSc; Tony Hsiu-Hsi Chen: Association of Androgenetic Alopecia With Smoking and Its Prevalence Among Asian Men A Community-Based Survey. Arch Dermatol. 2007;143(11):1401-1406.
  2. Fortes C et al.: The combination of overweight and smoking increases the severity of androgenetic alopecia. Int. Journal of Dermatology 2017; online 29. Mai 2017 | doi: 10.1111/ijd.13652
  3. Rugo HS et al.: Scalp hypothermia for preventing alopecia during chemotherapy. Clinical Breast Cancer 2017; online 9. August 2017 doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.clbc.2017.07.012
  4. Kwon HC et al.: Air pollution linked to hair loss, new research reveals EurekAlert News Release 8 October 2019
  5. Brunner C et al.: PRO Hair Safe Study: The Patient’s Perspective on the Effects of Scalp Cooling on Hair Preservation. Breast Cancer: Targets and Therapy 2023;15:485-494; https://doi.org/10.2147/BCTT.S412338