Chronische Wunde – Operative Therapie
Chronische Wunden stellen eine erhebliche medizinische Herausforderung dar und erfordern oft eine operative Therapie, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen. Ziel der operativen Therapie ist die Förderung der Wundheilung, die Entfernung nekrotischen Gewebes (abgestorbenes Gewebe) und die Wiederherstellung einer funktionellen Hautbarriere (Schutzschicht der Haut).
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Arterielle Ulzerationen im Rahmen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK, Durchblutungsstörung der Beine)
- Chronisch venöse Insuffizienz (CVI, Venenschwäche) mit Ulcus cruris venosum (Unterschenkelgeschwür)
- Dekubitus (Druckgeschwür) ab Stadium 2 mit unzureichender konservativer Heilung
- Diabetisches Fußsyndrom (diabetischer Fuß, schlecht heilende Wunden bei Diabetes) mit infizierten oder nekrotischen Arealen
- Ulcus cruris arteriosum (arterielles Unterschenkelgeschwür) oder gemischter Genese
- Wundheilungsstörungen nach Operationen oder Verletzungen
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwerste arterielle Durchblutungsstörungen ohne Möglichkeit einer Revaskularisation (Wiederherstellung der Durchblutung)
- Unkontrollierte Infektionen oder Sepsis (Blutvergiftung) ohne begleitende antibiotische Therapie
- Stark reduzierte Lebenserwartung, bei der eine operative Intervention keinen Nutzen bringt
- Unzureichende Compliance (fehlende Mitwirkung des Patienten) hinsichtlich postoperativer Wundversorgung
Operationsverfahren
Vor der Operation:
- Diagnostik: Duplexsonographie (Ultraschall der Gefäße), Magnetresonanztomographie (MRT, bildgebendes Verfahren), Computertomographie (CT, Röntgenschichtbild) oder Angiographie (radiologische Gefäßdarstellung)
- Infektionskontrolle: Falls nötig, antibiotische Therapie (Behandlung mit Antibiotika) vor dem Eingriff
- Optimierung der Durchblutung: Falls erforderlich, vorherige Revaskularisation durch Bypass-Operation (Umgehung verengter Arterien) oder Angioplastie (Aufdehnung von Gefäßen)
- Wundkonditionierung: Behandlung mit antiseptischen Lösungen (desinfizierende Mittel) oder bioaktiven Wundauflagen (heilungsfördernde Verbände) zur Reduktion der Keimlast (Bakterienanzahl)
Chirurgische Verfahren:
- Chirurgisches Debridement – Entfernung von nekrotischem Gewebe (abgestorbenem Gewebe) zur Förderung der Granulation (Bildung neuen Gewebes)
- Enzymatisches oder mechanisches Debridement – Einsatz enzymatischer Präparate (biologische Mittel) oder hydromechanischer Verfahren (Druckspülung) zur Gewebereduktion
- Fasziotomie – Druckentlastung bei Kompartment-Syndrom (Muskelkompressionssyndrom) oder paratibialer Drucksteigerung (erhöhter Gewebedruck am Schienbein)
- Vakuumtherapie (Negative Pressure Wound Therapy, NPWT) – Unterstützung der Wundheilung durch Unterdrucksysteme (Sogverband)
- Spalthauttransplantation – Abdeckung großflächiger Wunden mit autologen Hauttransplantaten (Eigenhautübertragung)
- Vollhauttransplantation – Einsatz von vollständig erhaltenem Hautgewebe zur Rekonstruktion tiefer Defekte
- Lappenplastiken – Defektdeckung mittels gestielter oder freier Lappenplastiken (Gewebeverschiebung zur Wunddeckung, z. B. Muskel- oder Hautlappen)
- Amputation – Letzte Option bei nicht heilbaren, infizierten oder gangränösen Wunden (Gewebeabsterben durch Sauerstoffmangel)
Postoperative Nachsorge
- Druckverband und Wundkontrolle zur Vermeidung von Nachblutungen
- Antibiotikaprophylaxe (vorbeugende Antibiotikagabe), falls eine Infektionsgefahr besteht
- Regelmäßige Wundinspektion (Überprüfung der Wunde) und Verbandwechsel
- Physiotherapie und Mobilisation (Bewegungstherapie) zur Vermeidung von Kontrakturen (Bewegungseinschränkungen) und Verbesserung der Durchblutung
- Optimierung des Ernährungsstatus mit hohem Proteingehalt und Mikronährstoffen (essenzielle Nährstoffe) zur Unterstützung der Wundheilung
Mögliche Komplikationen
- Infektionen – Bakterielle Superinfektionen (zusätzliche Infektionen) trotz antibiotischer Therapie
- Wundheilungsstörungen – Verzögerte Heilung durch Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Hämatome (Blutergüsse) und Serome (Flüssigkeitsansammlung in der Wundhöhle)
- Nekrosen (Gewebeabsterben) – Absterben von transplantiertem oder replantiertem Gewebe
- Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) – Erneutes Auftreten von Ulzerationen (Geschwüren) bei unzureichender Behandlung der Grunderkrankung
Vergleich der Operationsmethoden
Verfahren | Indikation | Vor- und Nachteile | Komplikationsrate |
---|---|---|---|
Chirurgisches Debridement | Alle chronischen Wunden | Effektive Entfernung von Nekrosen, erfordert regelmäßige Wiederholung | Gering |
Spalthauttransplantation | Großflächige Wunden | Einfache Durchführung, begrenzte Stabilität | Mittel |
Vollhauttransplantation | Tiefe Wunden | Gute Stabilität, höhere Anforderung an Wundbett | Mittel |
Vakuumtherapie (NPWT) | Infizierte oder exsudierende Wunden | Fördert Granulation, reduziert Ödeme (Schwellungen) | Gering |
Lappenplastiken | Große Defekte | Sehr gute Gewebeversorgung, aufwendige OP-Technik | Mittel |
Amputation | Gangrän (Gewebeabsterben), schwere Infektion | Ultima Ratio (letzte Möglichkeit), funktioneller Verlust | Hoch |
Fazit
Die operative Therapie chronischer Wunden ist ein wichtiger Bestandteil des Wundmanagements, insbesondere wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen. Die Auswahl des optimalen Verfahrens hängt von der Wundursache, der Lokalisation (Lage), den Begleiterkrankungen und der individuellen Heilungskapazität des Patienten ab. Eine interdisziplinäre Betreuung mit Chirurgen, Angiologen (Gefäßspezialisten) und Wundmanagern verbessert die Therapieergebnisse und reduziert das Risiko von Komplikationen.