Chronische Wunde – Einleitung

Von einer chronischen Wunde spricht man, wenn die Wunde länger als 3 Monate besteht oder nach 8 Wochen keine Heilungstendenz zeigt. Diese Wunden zeichnen sich durch eine gestörte und verzögerte Wundheilung aus, oft bedingt durch zugrunde liegende Erkrankungen wie Venenerkrankungen oder Durchblutungsstörungen.

Synonyme und ICD-10: chronisches Geschwür; chronisches Hautulkus; rezidivierendes Ulkus; Ulcus chronicum der Haut; ICD-10-GM L98.4: Chronisches Ulkus der Haut, andernorts nicht klassifiziert

Von einer chronischen Wunde wird ebenfalls gesprochen, wenn sie nach 8 Wochen nicht abgeheilt ist [1].

Am häufigsten entstehen chronische Wunden durch Venenerkrankungen an den Beinen und durch Störungen der Blutversorgung (Makro- und Mikroangiopathie).

Formen der Erkrankung

Chronische Wunden können sich in verschiedenen Formen manifestieren:

  • Dekubitus – Ulkus (Geschwür) der Haut bzw. Schleimhaut, welches durch lang andauernde Druckeinwirkung entsteht
  • Diabetischer Fuß bzw. Diabetisches Fußsyndrom – Man unterscheidet den neuropathisch-infizierten Fuß vom ischämisch-gangränösen Fuß. In bis zu 70 % der Fälle liegt der neuropathisch-infizierte Fuß vor, bei dem die peripheren Nerven aufgrund jahrelanger Mangelversorgung geschädigt sind (diabetische Neuropathie). Der ischämisch-gangränose Fuß ist die Folge peripherer arterieller Durchblutungsstörungen, was zur Nekrose (Absterben) ganzer Gewebebezirke führen kann. Die Häufigkeit des Vorkommens liegt bei 20 bis 30 % aller Fälle des diabetischen Fußes. Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) des diabetischen Fußsyndroms liegt bei der diabetischen Gesamtbevölkerung bei 2-10 %
  • Ulcus cruris venosum/arteriosum/mixtum, je nach auslösendem Gefäß (Unterschenkelgeschwür); Prävalenz: Ulcus cruris venosum 0,08 %; Ulcus cruris arteriosum 3-10 %
  • Wunden bei periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)

Ursachen dieser häufigsten Gründe für chronische Wunden siehe unter der jeweiligen Krankheit.

Weitere chronische Wunden sind:

  • Gangrän (lokaler Gewebsuntergang; man unterscheidet das trockene und feuchte Gangrän:
    • trockene Gangrän: Nekrose, die abtrocknet aufgrund von Flüssigkeitsverlust
    • feuchtes Gangrän: Nekrose, bei der es zur Gewebeverflüssigung aufgrund eines bakteriellen Infektes kommt und die sich bläulich-livide verfärbt
  • Nekrose (Gewebeuntergang; blauschwarzes Areal als Ergebnis eines Verdunstungs- und Schrumpfungsvorganges).

Ursachen

Chronische Wunden entstehen meist durch:

  • Venenerkrankungen: Wie chronisch venöse Insuffizienz (CVI, chronische Venenschwäche) und Ulcus cruris venosum (offenes Bein durch Venenleiden).
  • Arterielle Durchblutungsstörungen: Wie periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK, Verengung der Beinarterien) und Ulcus cruris arteriosum (offenes Bein durch Arterienleiden).
  • Diabetes mellitus: Führt häufig zu diabetischem Fußsyndrom, bedingt durch neuropathische (Nervenschädigung) und ischämische (Durchblutungsstörung) Prozesse.
  • Druckbelastung: Als Ursache für Dekubitus (Druckgeschwür).
  • Infektionen: Können eine bestehende Wunde verschlimmern und die Heilung weiter verzögern.
  • Chronische Wunden, die venös oder arteriell bedingt sind, sind eine Erkrankung älterer Menschen, das heißt, die Betroffenen sind in der Regel älter als 70 Jahre.

Zum Thema physiologische Wundheilung s. u. "Offene Wunde/Ursachen".

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Beide Geschlechter sind gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Vor allem bei älteren Menschen über 70 Jahre.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Variiert je nach Grunderkrankung; Ulcus cruris venosum betrifft etwa 0,08 % der Bevölkerung, das diabetische Fußsyndrom 2-10 % der Diabetes-Patienten.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Altersabhängig, insbesondere bei Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder chronisch venöser Insuffizienz.

Saisonale Häufung der Erkrankung
: Keine spezifische saisonale Häufung bekannt, aber Wundheilung kann im Winter aufgrund von trockenerer Haut und schlechterer Durchblutung erschwert sein.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Phase: Initiale Phase mit nicht heilenden Wunden, die sich über Wochen bis Monate hinzieht.
  • Chronifizierung: Ohne adäquate Therapie entwickelt sich die Wunde zu einem chronischen Ulkus (Geschwür), das die Lebensqualität stark beeinträchtigt.
  • Therapie: Umfasst Wundreinigung, Lokaltherapie mit antiseptischen und feuchtigkeitsspendenden Maßnahmen, sowie gegebenenfalls systemische Antibiotikatherapie bei Infektionen. Bei venösen Ursachen ist eine Kompressionstherapie entscheidend, bei arteriellen Ursachen die Verbesserung der Durchblutung.
  • Kontrollmaßnahmen: Regelmäßige Kontrolle und Anpassung der Therapie, insbesondere bei sekundären Infektionen oder Wundverschlechterung.

Prognose

  • Heilungschancen: Abhängig von der Grunderkrankung und der adäquaten Behandlung. Bei optimaler Therapie kann die Heilung eingeleitet werden, obwohl die komplette Heilung bei schweren Fällen oft nicht erreicht wird.
  • Komplikationen: Ohne Behandlung drohen schwerwiegende Komplikationen wie Infektionen, Sepsis (Blutvergiftung) oder Amputation, insbesondere bei diabetischem Fußsyndrom (s. o.).
  • Langzeitprognose: Regelmäßige Nachsorge und kontinuierliche Behandlung der Grunderkrankung sind erforderlich, um Rezidive zu verhindern und die Lebensqualität zu erhalten.

Beachte: Bei einer chronischen Wunde ist stets zeitnah das Vorliegen einer venösen und/oder arteriellen Gefäßerkrankung abzuklären, um ursachengerecht eine kausale Therapie einleiten zu können.

Literatur

  1. Dissemond J, Bültemann A, Gerber V et al.: Definitionen für die Wundbehandlung. Hautarzt 2016;67:265–266

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Chronische und sekundär heilende Wunden: Hygieneanforderungen. (AWMF-Registernummer: 029-042), Januar 2014 Langfassung
  2. S1-Leitlinie: Wunden und Wundbehandlung. (AWMF-Registernummer: 006-129), September 2014 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Lokaltherapie schwerheilender und/oder chronischer Wunden aufgrund von peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Diabetes Mellitus oder chronischer venöser Insuffizienz. (AWMF-Registernummer: 091-001), November 2023 Langfassung