Beinschwellung (Beinödem) – Einleitung

Ein Beinödem, umgangssprachlich als Beinschwellung bezeichnet, ist eine abnorme Ansammlung von Flüssigkeit im Interstitium (Zwischenraum zwischen Geweben oder Zellen) der unteren Extremitäten, die zu einer sichtbaren und tastbaren Schwellung des Unterschenkels, der Knöchelregion, des Fußes oder des gesamten Beines (bis zur Hüfte) führen kann.

Synonyme und ICD-10: geschwollenes Bein; dickes Bein; Beinödem; ICD-10-GM R22.4: Lokalisierte Schwellung, Raumforderung und Knoten der Haut und der Unterhaut an den unteren Extremitäten

Die Beinschwellung kann Symptom vieler Erkrankungen sein.

Charakteristische Laborbefunde

Bei der Diagnose von Beinödemen können bestimmte Labormarker helfen, die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren:

  • D-Dimere: Erhöht bei tiefer Beinvenenthrombose (TBVT).
  • Serumalbumin: Erniedrigt bei Eiweißmangelödemen.
  • Natriuretische Peptide (BNP, NT-proBNP): Erhöht bei kardialen Ödemen (herzbedingte Wassereinlagerungen), insbesondere bei Herzinsuffizienz (Herzschwäche).
  • Leberenzyme (ALT, AST, GGT): Erhöht bei hepatischen Ödemen (leberbedingte Wassereinlagerungen).
  • Kreatinin und Harnstoff: Erhöht bei renalen Ödemen (nierenbedingte Wassereinlagerungen).

Formen eines Beinödems

Beinödeme können sich in verschiedenen klinischen Formen manifestieren:

  • Akutes Beinödem: Plötzliche Schwellung, oft mit Schmerz assoziiert, z. B. bei tiefer Beinvenenthrombose.
  • Chronisches Beinödem: Langsam fortschreitende Schwellung, oft mit Hautveränderungen, z. B. bei chronisch venöser Insuffizienz oder Lymphödem.
  • Einseitiges Beinödem: Tritt häufig bei tiefer Beinvenenthrombose (Vorhandensein eines Blutgerinnsels in den tiefen Venen eines oder beider Beine), Traumata (Verletzungen) oder Tumoren auf.
  • Beidseitiges Beinödem: Häufiger bei systemischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz, Nieren- oder Lebererkrankungen.

Ursachen für ein Beinödem

Die Ursachen für ein Beinödem können vielfältig sein, wobei sie von harmlos bis lebensbedrohlich reichen können:

  • Tiefe Beinvenenthrombose (TBVT): Plötzliche, einseitige Schwellung durch ein Blutgerinnsel in den tiefen Venen.
  • Adipositas-assoziierte Ödeme: Chronische Schwellung durch erhöhten Druck auf die Venen der unteren Extremitäten.
  • Allergische Ödeme: Plötzliche Schwellung durch allergische Reaktionen, häufig mit einem Serumeiweißabfall unter 5 g/dl und Albumin unter 3 g/dl.
  • Chronisch venöse Insuffizienz (CVI): Schleichende Schwellung durch venöse Rückflussstörung.
  • Eiweißmangelödeme: Schwellung durch erniedrigtes Serumalbumin, oft bei Malnutrition (Mangelernährung) oder nephrotischem Syndrom (Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums auftreten; Symptome sind: Proteinurie (Eiweiß im Urin) mit einem Proteinverlust von mehr als 1 g/m²/Körperoberfläche pro Tag; Hypoproteinämie, periphere Ödeme durch eine Hypalbuminämie (Albuminmangel im Blut) von < 2,5 g/dl im Serum, Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung) mit LDL-Erhöhung).
  • Hepatische Ödeme: Schwellung infolge von Lebererkrankungen wie Leberzirrhose.
  • Kardiale Ödeme: Schwellung durch Herzinsuffizienz, insbesondere Rechtsherzinsuffizienz (rechts Herzschwäche).
  • Lymphödeme: Schwellung durch gestörten Lymphabfluss.
  • Lipödeme: Chronische, schmerzhafte Fettgewebsvermehrung, oft mit symmetrischer Schwellung der Beine.
  • Infektiöse Ödeme: Schwellung durch Infektionen, z. B. Erysipel.
  • Orthostatische Ödeme: Schwellung durch langes Stehen oder Sitzen, verbessert sich bei Hochlagerung der Beine.
  • Posttraumatische Ödeme: Schwellung nach Verletzungen oder Operationen.
  • Renale Ödeme: Schwellung durch Niereninsuffizienz (Nierenschwäche).
  • Schwangerschaftsödeme: Schwellung durch hormonelle Veränderungen und erhöhten venösen Druck in der Schwangerschaft.
  • Tumoren: Schwellung durch lokale Kompression oder Lymphstau.
  • Medikamenteninduzierte Ödeme: Schwellung als Nebenwirkung bestimmter Medikamente wie Calciumantagonisten oder NSAIDs.

Für die Ursachenfindung der Beinschwellung ist unter anderem von Bedeutung, wie lange die Beschwerden bereits bestehen, das heißt: Sind sie akut (plötzlich bzw. < 72 Stunden) aufgetreten oder haben sie sich allmählich entwickelt?
Weiteres zur klinischen Abklärung einer Beinschwellung siehe unter "Differentialdiagnosen" und "Körperliche Untersuchung".

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Je nach Ursache unterschiedlich, z. B. sind Lipödeme fast ausschließlich bei Frauen zu finden, während TBVT bei Männern und Frauen etwa gleich häufig auftritt.

Häufigkeitsgipfel
: Variiert je nach Ursache; venöse Insuffizienz tritt meist ab dem 50. Lebensjahr auf, während Lymphödeme bei jüngeren und mittleren Erwachsenen auftreten können.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
: Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) betrifft bis zu 30 % der erwachsenen Bevölkerung, Lipödeme ca. 11 % der Frauen.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)
: TBVT tritt bei etwa 1-2 pro 1.000 Personen pro Jahr auf.

Saisonale Häufung
: Keine spezifische saisonale Häufung bekannt, jedoch können venöse Beschwerden bei Hitze zunehmen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Der Verlauf einer Beinschwellung hängt stark von der zugrunde liegenden Ursache ab. Hier einige spezifische Szenarien:

  • Tiefe Beinvenenthrombose (TBVT): Die Schwellung tritt plötzlich auf und ist oft mit Schmerzen und Spannungsgefühl verbunden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um schwerwiegende Komplikationen wie eine Lungenembolie zu verhindern.
  • Adipositas-assoziierte Ödeme: Entwickeln sich allmählich und sind oft chronisch. Eine langfristige Gewichtsreduktion kann zur Linderung beitragen.
  • Allergische Ödeme: Treten plötzlich auf und können sich schnell zurückbilden, wenn der auslösende Faktor identifiziert und vermieden wird.
  • Chronisch venöse Insuffizienz (CVI): Die Schwellung entwickelt sich schleichend, oft verbunden mit anderen Symptomen wie Hautveränderungen und Ulzera. Eine dauerhafte Kompressionstherapie ist oft erforderlich.
  • Eiweißmangelödeme, hepatische und renale Ödeme: Entwickeln sich langsam und sind oft Zeichen fortgeschrittener systemischer Erkrankungen. Die Schwellungen können sich bei adäquater Therapie der Grunderkrankung verbessern.
  • Lymphödeme: Entwickeln sich langsam und sind meist chronisch und progressiv. Eine Kompressionstherapie und Lymphdrainage sind oft notwendig.
  • Lipödeme: Entwickeln sich schleichend und sind oft mit Schmerzen und Druckempfindlichkeit verbunden. Auch hier sind Kompression und gezielte Therapie notwendig.
  • Orthostatische Ödeme: Treten im Verlauf des Tages auf und bessern sich durch Hochlagern der Beine.
  • Posttraumatische Ödeme: Entwickeln sich nach Verletzungen und bilden sich mit der Heilung der Verletzung zurück.
  • Schwangerschaftsödeme: Entwickeln sich im Verlauf der Schwangerschaft und bilden sich meistens nach der Geburt zurück.
  • Medikamenteninduzierte Ödeme: Treten in der Regel nach Beginn der Medikamenteneinnahme auf und können durch Absetzen oder Wechsel des Medikaments rückgängig gemacht werden.

Prognose

Die Prognose von Beinschwellungen variiert je nach Ursache:

  • TBVT: Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung ist die Prognose gut, jedoch besteht ein Risiko für Rezidive und Langzeitkomplikationen wie postthrombotisches Syndrom.
  • Adipositas-assoziierte und orthostatische Ödeme: Können durch Lebensstiländerungen und Gewichtskontrolle oft effektiv gemanagt werden.
  • Allergische Ödeme: Haben eine gute Prognose bei Vermeidung des Allergens und geeigneter Therapie.
  • CVI und Lymphödeme: Sind chronische Erkrankungen, die kontinuierliches Management erfordern, aber die Lebensqualität kann durch konsequente Therapie erheblich verbessert werden.
  • Hepatische, renale und Eiweißmangelödeme: Die Prognose hängt von der Grunderkrankung ab und kann variieren. Eine Verbesserung der Organfunktion kann die Ödeme reduzieren.
  • Lipödeme: Sind chronische Erkrankungen mit einer guten Prognose bei konsequenter Therapie.
  • Posttraumatische und Schwangerschaftsödeme: Haben in der Regel eine gute Prognose und bilden sich nach Heilung der Verletzung oder Geburt zurück.
  • Medikamenteninduzierte Ödeme: Haben eine gute Prognose bei Anpassung der Medikation.

In jedem Fall ist eine medizinische Abklärung notwendig, um die genaue Ursache zu ermitteln und die passende Therapie einzuleiten. Die regelmäßige Kontrolle und Dokumentation der Schwellung sind essenziell, um den Erfolg der therapeutischen Maßnahmen zu überwachen und rechtzeitig Anpassungen vornehmen zu können.