Beinschwellung (Beinödem) – Differentialdiagnosen
Die Beinschwellung tritt einseitig auf:
Haut und Unterhaut (L00-L99)
- Allergische Reaktionen
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Arterielle Embolie (Verschluss eines Blutgefäßes; Der Embolus stammt aus dem Herzen oder großen Arterien und löst die Beinschwellung durch Verschluss einer Beinarterie aus.)
- Arterielle Thrombose (Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) in einer Arterie)
- Arterielles Aneurysma (pathologische (krankhafte) Aussackung einer Arterie)
- Aneurysma spurium (bezeichnet ein an der Arterienwand gelegenes Hämatom (Bluterguss), das mit einem Einriss in der Arterienwand in Verbindung steht)
- kann im gesamten Gefäßverlauf eines Beines auftreten
- Chronisch venöse Insuffizienz (CVI) – Störung des venösen Rücktransports als mögliche Folge:
- einer Venenthrombose (Blutgerinnung in einer Vene, die dort zur Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) führt)
- einer primären Varikosis (Krampfaderleiden)
- eines Ausfalls der Wadenmuskelpumpe bei gesunden Venen.
- betroffen ist die Knöchelregion
- Ischämie (Minderdurchblutung) in den Arterien
- hypoxisch toxisches Ödem
- Zehen und der vordere Bereich des Fußes sind teigig und geschwollen
- Lymphödem – Einlagerung von Lymphflüssigkeit im Gewebe:
- tritt häufig einseitig auf
- betroffen sind Knöchel, Füße und Zehen
- Bei einem Lymphödem geht die Schwellung über Nacht nicht vollständig zurück und die eingedrückten Dellen bleiben lange bestehen.
- Primäres Lymphödem (angeboren)
- tritt in der Mehrheit der Fälle einseitig auf
- wenn es beidseitig vorkommt, sind die Beine recht unterschiedlich stark geschwollen
- nicht schmerzhaft
- Sekundäres Lymphödem
- kommt am Bein selten vor
- entwickeln sich auf der Basis einer anderen chronischen Ödemerkrankung (z. B. bei chronisch venöser Insuffizienz), bei malignen (bösartigen) Erkrankungen oder im Rahmen der Therapie dieser
- schreiten von proximal (zur Körpermitte hin) nach distal (von der Körpermitte entfernt) fort
- Phlegmasia coerulea dolens – akuter thrombotischer Verschluss aller Venen eines Beines, der zum Verlust der Extremität führen kann
- Postthrombotisches Syndrom – chronische Stauung des Blutrückflusses zum Herzen als Folge einer Thrombose:
- einseitige Schwellung
- chronisches Auftreten
- Hautveränderungen kommen vor
- Thrombophlebitis (Entzündung oberflächlich gelegener Venen mit sekundärer Ausbildung von Thrombosen)
- heftig geröteter Strang
- sehr schmerzhaft
- Tiefe Beinvenenthrombose (TBVT)
- akutes Auftreten: pralle Wade, livider Hautton (schlecht durchblutetes, fahles Gewebe)
- Der Grad der Schwellung weist auf die Lokalisation der Thrombose hin.
- schmerzhaft; der entzündungsbedingte Schmerz kann bereits einige Tage vor der Beinschwellung auftreten.
- Glanzhaut
- Überwärmung (Calor)
- Varizen (Krampfadern)
- Schwellung ist eindrückbar
- durch Hochlagerung wird Besserung erzielt
- Venöses Kompressionssyndrom (wg. Tumor, retroperitoneale Fibrose, Synovialzyste, Aneurysma)
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- Infektionen wie Erysipel (Wundrose) → Begleitödem
- akutes Auftreten: Erythem (Hautrötung), Lymphangitis (Entzündung der Lymphbahnen von Haut und Unterhautfettgewebe; Blutvergiftung), Rötung und Überwärmung
Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)
- Arthritis (Gelenkentzündung) → Begleitödem
- akutes Auftreten
- Aktivierte Arthrose (entzündlicher Schub der degenerativen Gelenkerkrankung)
- akutes Auftreten
- Bakerzyste (Poplitealzyste (popliteal: zur Kniekehle gehörig); Kniekehlenzyste) – Zysten werden meistens erst zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr symptomatisch; können aber auch schon im 1. Lebensjahrzehnt beobachtet werden; Symptomatik: Druckgefühl im Bereich der Kniekehle mit gelegentlicher Ausstrahlung in die Wade
- akutes Auftreten durch rupturierte Synonvialzyste (Gelenkzyste)
- Muskelfaserriss mit Einblutung/Hämatom
- akutes Auftreten
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Abdominelle, meist gynäkologische benigne (gutartige) oder maligne (bösartige) Tumoren
- Ewing-Sarkom (hochmaligner (hochbösartiger) Knochentumor im Kindes- und Jugendalter)
- Lymphknotenmetastase eines Prostatakarzinoms (sehr selten)
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)
- Überlaufblase (Urinabgang, wenn der Druck in der gefüllten Blase den Druck des Schließmuskels übersteigt) – kann zur Kompression einer Beckenvene führen
Verdauungssystem (K00-K93)
- Leberzirrhose – irreversible (nicht umkehrbare) Schädigung der Leber und ein ausgeprägter Umbau des Lebergewebes
Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Hämatom (Bluterguss)
- akutes Auftreten
- Verletzungen im Knie- und Sprunggelenk
Weiteres
- zu feste Verbände
Die Beinschwellung tritt beidseitig auf:
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Amyloidose ‒ Systemerkrankung mit Ablagerungen von Proteinen (Eiweiß) in den verschiedensten Organsystemen
Hinweis: Bei Nachweis einer linksventrikulären Hypertrophie mit Hypotonie ist diese Diagnose möglich → zur weiteren Diagnostik: Fettgewebsbiopsie - Morbus Basedow (Form der Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), die durch eine Autoimmunerkrankung bedingt ist)
- Morbus Cushing (Gruppe von Erkrankungen, die zum Hyperkortisolismus (Hypercortisolismus; Überangebot von Cortisol) führen)
- Myxödem (pastöse (aufgeschwemmt; gedunsen) Haut, die ein nicht eindrückbares, teigiges Ödem (Schwellung) zeigt, das nicht lageabhängig ist) – vor allem im Rahmen einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- typischerweise im Bereich des Schienbeins
- nicht eindrückbar
- knotig flächige Induration
- Erythem (Hautrötung)
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- Proteinmangelernährung – im Rahmen von:
- Anorexie (Appetitlosigkeit)
- Bulimie (Essbrechsucht)
- Kachexie (Auszehrung des Organismus (Abmagerung) aufgrund tiefgreifender Störung einer oder mehrerer Organfunktionen)
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Ischämie (Minderdurchblutung) der Arterien
- Lymphödem
- Pulmonale Hypertonie (PH; Lungenhochdruck) – nach rezidivierenden Thrombembolien, nach Lungenembolien, bei chronischen Lungenerkrankungen und schwerem Schlafapnoesyndrom (Erkrankung, bei der Menschen Atemaussetzer im Schlaf erleiden)
- Rechtsherzinsuffizienz – Einschränkung der Pumpfunktion des rechten Herzens
- Beinschwellung entwickelt sich von den Füßen zu den Knien
- Wenn sich viel Flüssigkeit staut, bilden sich Spannungsblasen auf der Haut. Es kann Flüssigkeit austreten oder es kommt zu Entzündungen der Haut.
- Thrombophlebitis (Entzündung oberflächlich gelegener Venen mit sekundärer Ausbildung von Thrombosen)
- Tiefe Beinvenenthrombose (TBV)
Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)
- Leberinsuffizienz (die Leberfunktion ist gestört)
- typisch sind hypalbuminämische Ödeme (Folge der hepatischen Synthesestörung)
- Leberzirrhose – irreversible Schädigung der Leber, die zu einem schrittweisen bindegewebigen Umbau der Leber mit Einschränkung der Leberfunktion führt
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Abdominelle, meist gynäkologische benigne (gutartige) oder maligne (bösartige) Tumoren
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Alkoholmissbrauch
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)
- Idiopathisches Ödem (Wassereinlagerung ohne erkennbare Ursache) – Schwellung im Bereich der Knöchel, der Finger, im Gesicht und Abdomen. Gewichtszunahme >1,4 kg am Tage bei niedriger Harnmenge, dafür deutliche Nykturie (nächtliches Wasserlassen)
- Lipödem – chronische Erkrankung des Unterhautfettgewebes bzw. subkutane Fettgewebevermehrung
- kommt meist im Oberschenkel und in der Knieregion vor
- druckschmerzhaft
- nicht eindrückbar
- betroffen sind postpubertäre Mädchen und Frauen
- Ödem (Beinödem) wg. kardialer, renaler, arterieller oder venöser Ursache
Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)
- Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) – Ödeme in den Beinen sind bei Nierenerkrankungen eher selten, häufiger treten sie im Gesicht auf; Gewichtsverlauf?
- Glomerulonephritis (Entzündung der Glomeruli (Nierenkörperchen))
- Nephrotisches Syndrom – Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums (Nierenkörperchen) auftreten; Symptome sind:
- Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) mit einem Proteinverlust von mehr als 1g/m²/Körperoberfläche pro Tag; Hypoproteinämie,
- periphere Ödeme durch eine Hypalbuminämie von < 2,5 g/dl im Serum,
- Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
- Prämenstruelles Syndrom (PMS) – tritt bei Frauen etwa vier bis vierzehn Tage vor der nächsten Periode auf und beinhaltet ein komplexes Bild unterschiedlicher Symptome und Beschwerden
- betrifft vorwiegend den Knöchelbereich
Medikamente
- ACE-Hemmer (angioneurotisches Ödem; Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): ca. 1 %; Mortalität (Sterberate): 1 %) – Benazepril, Captopril, Cilazapril, Enalapril, Fosinopril, Lisinopril, Moexipril, Peridopril, Quinapril, Ramipril, Spirapril
- Analgetika
- nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR, nicht-steroidale (Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen, Meloxicam, Piroxicam) – führen u. a. zu verstärkten Flüssigkeitseinlagerungen im Bereich der Füße und der Knöchel
- Selektive COX-2-Hemmer (Coxibe) – Celecoxib, Etoricoxib
- Antidepressiva (Amitriptylin*/bei Patienten > 70. Lebensjahr)
- Antihypertensiva – besonders Calciumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ/Nifedipin-Typ; zweite und dritte Generation wie Lercanidipin sind besser verträglich
- typisch: Knöchelödem – nimmt im Laufe des Tages zu und bildet sich über Nacht wieder zurück
- Antipsychotika (Neuroleptika)
- Chlorpromazin*, Clozapin*, Haloperidol*, Thioridazin*
- Calciumantagonisten
- Diuretika* – vor allem Schleifendiuretika wie Furosemid und Torasemid, die Beinödeme auslösen können [Exsikkose]
- Glitazone
- typisch: periphere Ödeme
- Hormone (führen u. a. zu verstärkten Flüssigkeitseinlagerungen im Bereich der Füße und der Knöchel)
- Androgene (Testosteron, Testosteronenantat, Testosteronundecaonat)
- Gestagene* (Etonogestrel, Desogestrel, Dienogest, Levonorgestrel, Medroxyprogesteronacetat, Medrogeston, Norelgestromin, Norethisteron)
- Glucocorticoide* (Budenosid, Cortison, Fluticason, Prednisolon)
- Östrogene* (Ethinylestradiol, Estradiol) – Östrogentherapie als Hormonersatztherapie (HT): Erhöhung des thromboembolischen Risikos um: + 6 Ereignisse pro 10.000 Frauen pro Anwendungsjahr
- Östrogen-Gestagen-Kombinationen* (orale Kontrazeptiva: Ethinylestradiol + Norethisteron-/Norgestrel-Derivat – insbesondere in Kombination mit Rauchen; Hormonersatztherapie, HET; engl.: hormone replacement therapy / HRT) in der Menopause: Erhöhung des thromboembolischen Risikos um: + 17 Ereignisse pro 10.000 Frauen pro Anwendungsjahr
- Wachstumshormon (Somatotropes Hormon (STH), Human Growth Hormone (hGH), Growth Hormone (GH), Wachstumshormon (WH), Somatropin (INN))
- Laxantien – bei längerer und unkontrollierter Einnahme stören sie den Wasser- und Elektrolythaushalt sowie die Protein- und Mineralstoffkonzentration, wodurch der Abtransport von Flüssigkeit aus den Geweben beeinträchtigt wird.
- Natriumkanalblocker wie Gabapentin oder Pregabalin
- Psychopharmaka – atypische Neuroleptika, Lithium, MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva
* Thrombosen/Embolien durch Medikamente
Weiteres
- Schwangerschaft