Allergisches Kontaktekzem – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das allergische Kontaktekzem entsteht durch eine T-Zell-vermittelte Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ IV (verzögerter Typ), die nach Kontakt mit einem Allergen auftritt. Dabei handelt es sich um eine allergische Spättyp-Reaktion, die typischerweise 24-72 Stunden nach dem Erstkontakt mit dem auslösenden Allergen eintritt.

Ablauf der allergischen Reaktion

  • Sensibilisierungsphase
    • Das Allergen selbst ist meist ein Hapten (kleines Molekül, das allein keine Immunantwort auslösen kann). Dieses Hapten bindet an körpereigene Proteine der Haut (Carrier), wodurch ein vollständiges Antigen gebildet wird.
    • Der entstandene Hapten-Carrier-Komplex wird von Langerhans-Zellen (dendritische Zellen der Epidermis) erkannt und aufgenommen.
    • Diese Zellen transportieren den Komplex zu den regionalen Lymphknoten, wo das Allergen spezifischen naiven T-Zellen präsentiert wird.
    • Durch die Aktivierung differenzieren sich die T-Zellen zu allergenspezifischen Effektor- und Gedächtnis-T-Zellen.
  • Auslösephase (bei erneutem Allergen-Kontakt)
    • Kommt es nach der Sensibilisierung erneut zum Kontakt mit dem Allergen, erkennen die bereits sensibilisierten Gedächtnis-T-Zellen das Antigen.
    • Die T-Zellen setzen proinflammatorische Zytokine/entzündungsfördernde Botenstoffe (z. B. Interferon-gamma und Tumornekrosefaktor-alpha) frei, was zur Rekrutierung von weiteren Entzündungszellen führt.
    • Diese Zellen (z. B. Makrophagen (Fresszellen) und neutrophile Granulozyten/Form der weißen Blutkörperchen) wandern in das betroffene Gewebe ein und verursachen dort eine entzündliche Infiltration.
    • Dadurch kommt es zur typischen Ekzemreaktion mit Rötung, Schwellung, Bläschenbildung und Juckreiz.
  • Varianten des allergischen Kontaktekzems
    • Akutes allergisches Kontaktekzem: Typisch sind Erythem (Rötung), Papeln (kleine Knötchen), Vesikel (Bläschen) und Exsudation (Nässung).
    • Chronisches allergisches Kontaktekzem: Bei chronischem Kontakt mit dem Allergen kommt es zur Verdickung der Haut (Lichenifikation), Schuppung und verstärkter Trockenheit.

Besonderheiten

  • Aerogenes allergisches Kontaktekzem: Das Allergen gelangt hierbei über die Luft auf die Haut, z. B. durch Phytoallergene (Pflanzenstoffe), Duftstoffe oder Metalle. Es kann insbesondere in exponierten Hautarealen wie Gesicht und Hals auftreten.
  • Irritatives (nicht-allergisches) Kontaktekzem: Es handelt sich um eine direkte Schädigung der Haut durch reizende Substanzen (z. B. Säuren, Laugen, Lösungsmittel). Dies kann die Barrierefunktion der Haut schwächen und die Entstehung eines allergischen Kontaktekzems begünstigen.

Zusammenfassung

Das allergische Kontaktekzem ist eine Allergie vom Typ IV (Spättyp-Reaktion), die durch Allergen-Hapten-Carrier-Komplexe ausgelöst wird und durch eine T-Zell-vermittelte Immunreaktion gekennzeichnet ist. Diese Form der Allergie tritt typischerweise erst 24-72 Stunden nach Kontakt mit dem Allergen auf und äußert sich durch entzündliche Hautveränderungen.

Ätiologie (Ursachen)

Exogene Faktoren

  • Exposition gegenüber dem auslösenden Stoff; folgende Stoffe zählen zu den häufigsten Auslösern eines allergischen Kontaktekzems:
    • Azo-Tätowierfarbstoffe 
    • Bufexamac (antientzündlich wirksamer Arzneistoff zur örtlichen Behandlung der Haut)
    • Duftstoffe – bei ca. 2 % lässt sich per Epikutantest (Synonyme: Patch-Test, Pflastertest) eine Kontaktallergie (hier: Duftstoffallergie) nachweisen; Hauptallergene sind [2]:
      • Hydroxyisohexyl-3-Cyclohexen-Carboxaldehyd (HICC)
      • Eichenmoos (Evernia prunastri) und Baummoos (Evernia prunastri, Evernia furfuracea)
      • Zimtaldehyd (Cinnamaldehyde)
      • Hydroxycitronella
      • Hexylzimtaldehyd
    • Epoxidha
    • Kaliumdichromat
    • Kobaltchlorid
    • Konservierungsstoffe 
      • Parabene (z. B. Methylparaben, Propylparaben, Butylparaben): Obwohl sie weitverbreitet und im Allgemeinen als sicher gelten, können Parabene bei einigen Menschen allergische Reaktionen auslösen.
      • Formaldehyd und Formaldehydabspalter (z.B. Quaternium-15, DMDM Hydantoin, Imidazolidinylharnstoff, Diazolidinylharnstoff): Diese Substanzen setzen langsam Formaldehyd frei, das hautreizend wirken und Allergien auslösen kann.
      • Isothiazolinone (z. B. Methylisothiazolinon, Methylchloroisothiazolinon): Diese Konservierungsstoffe sind in einer Vielzahl von Produkten enthalten und können Kontaktallergien verursachen.
      • Thiomersal: Ein quecksilberhaltiges Konservierungsmittel, das in einigen Impfstoffen und kosmetischen Produkten vorkommt und allergische Reaktionen hervorrufen kann.
      • Benzylalkohol: Obwohl es ein weniger häufiger Allergieauslöser ist, kann Benzylalkohol in einigen Fällen Kontaktallergien verursachen.
      • Phenoxyethanol: Ein weiteres gängiges Konservierungsmittel, das Hautreizungen oder allergische Reaktionen auslösen kann, obwohl es im Allgemeinen als sicher angesehen wird.
      • Chloroxylenol (PCMX): Ein antimikrobielles Konservierungsmittel, das in einigen Hautpflegeprodukten verwendet wird und allergische Reaktionen auslösen kann.
    • Lanolin (Alkohole)
    • Mercaptobenzothiazol (Vulkanisationsbeschleuniger in der Gummiherstellung für Produkte wie Reifen und technische Gummiartikel)
    • Natriumthiosulfatoaurat
    • Neomycin/Neomycinsulfat (Antibiotikum)
    • Nickel (Nickelsulfat) [potentiell enthalten in: Schmuck, Gehäuse und Bänder von Armbanduhren, Knöpfe, Nieten, Schnallen, Reißverschlüsse und Metallmarkierungen, sofern sie in Kleidung verwendet werden; ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht!]
    • Octocrylen (UV-Filter) [eher selten]
    • Palladium
    • Perubalsam
    • P-Phenylendiamin (Farbstoffe)
    • Propolis (Bienenprodukt, das auch Bienenkittharz genannt wird)
    • Sorbitansesquioleat (Emulgator in Dermatika und Kosmetika)
    • Terpentin
    • Thiram (chemische Verbindung aus der Gruppe der Dithiocarbamate)
    • Toluene-2,5-Diamin
    • 4-tert-Butylphenol-Formaldehydharz (PTBFR; Kleber in Gummiartikeln)
  • Sensibilisierungspotenz des Stoffes

Endogene Faktoren

  • Genetische Belastung: Genetische Faktoren, nicht näher bezeichnet
  • Ethnische Zugehörigkeit
  • Geschlecht – Männer zu Frauen beträgt 1 : 10 (Nickelallergie)
  • Berufe – Friseurgewerbe, Gesundheitswesen, Metallbetriebe, Reinigungsunternehmen und Gastronomie (Handekzeme)
    • Menschen mit Berufs­dermatosen (berufsbedingte Hauterkrankungen) wg. Hautsensibilisierungen: Beschäftigte im Gesundheitswesen (12,3 %) Mechaniker (11,1 %) Friseurinnen (6,2 %) Reinigungskräfte (4,7 %), Altenpfle­ge­rinnen (4,4 %) Metallarbeiter (3,8 %), Köche (3,7 %) und Bauarbeiter (2,8 %). [3]

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Rauchen
  • Tätowierungen (s. u. exogene Faktoren)

Krankheitsbedingte Ursachen

Haut und Unterhaut (L00-L99)

  • Begleitende Hauterkrankungen, nicht näher bezeichnet

Medikamente

  • Medikamenteneinnahme, nicht näher bezeichnet

Weitere Ursachen

  • Zahnkronen (Palladium) – im Fall einer Metallkontaktallergie könnte die Exposition gegenüber Zahnkronen mit einer Palladiumlegierung eine Rolle spielen [1] 

Literatur

  1. Muris J, Goossens A, Gonçalo M, Bircher AJ, Giménez-Arnau A, Foti C, Rustemeyer T, Feilzer AJ, Kleverlaan CJ. Sensitization to palladium and nickel in Europe and the relationship with oral disease and dental alloys. Contact Dermatitis. 2015 Jan 12. doi: 10.1111/cod.12327.
  2. Diepgen TL et al.: Prevalence of fragrance contact allergy in the general population of five European countries: a cross-sectional study. Br J Dermatol 2015, online 7. November; doi: 10.1111/bjd.14151
  3. Geier J, Schubert S: Frequency of skin sensitization to specific substances and in specific occupational groups 1st Edition 2021 Dortmund/Berlin/Dresden