Akne (Acne vulgaris) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Akne ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Talgdrüsenfollikels und betrifft primär Jugendliche und junge Erwachsene. Sie zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen weltweit. Die Pathogenese ist multifaktoriell und durch eine komplexe Interaktion von genetischen, hormonellen, mikrobiellen und immunologischen Faktoren gekennzeichnet. Die Erkrankung zeigt sich typischerweise durch Komedonen (Mitesser), entzündliche Papeln und Pusteln sowie in schweren Fällen durch Knoten und Zysten.

Primäre pathogenetische Mechanismen

Die Pathogenese der Akne umfasst vier zentrale Prozesse:

  1. Seborrhoe (vermehrte Talgproduktion): Die erhöhte Produktion von Talg (Sebum) wird durch die Stimulierung der Androgenrezeptoren in den Talgdrüsen induziert. Dies ist häufig auf den erhöhten Androgenspiegel während der Pubertät zurückzuführen. Studien zeigen, dass besonders das Androgen Dihydrotestosteron (DHT) eine zentrale Rolle bei der Stimulation der Talgdrüsenaktivität spielt.
  2. Follikuläre Hyperkeratose: Die follikuläre Hyperkeratose bezeichnet eine gesteigerte Verhornung des Follikelepithels. Dadurch kommt es zur Verengung des Follikelkanals, was zur Obstruktion (Verstopfung) der Ausführungsgänge führt. Die Folge ist die Bildung von Mikrokomedonen, aus denen sich geschlossene (weiße) und offene (schwarze) Komedonen entwickeln.
  3. Bakterielle Besiedlung: Cutibacterium acnes (ehemals Propionibacterium acnes) spielt eine zentrale Rolle in der Pathogenese. Dieses grampositive anaerobe Bakterium besiedelt bevorzugt die Sebum-reichen Regionen der Haut. Es verstoffwechselt Lipide im Talg und setzt entzündungsfördernde Faktoren frei, die eine Immunreaktion auslösen. Durch die Freisetzung von proinflammatorischen Mediatoren wie Lipasen, Proteasen und Hyaluronidasen fördert C. acnes die Entstehung entzündlicher Papeln und Pusteln.
  4. Entzündungsreaktion: Akne wird heute als primär entzündliche Erkrankung angesehen, wobei Entzündungsprozesse bereits in den frühen Stadien der Komedonbildung stattfinden. Neuere Studien belegen, dass die Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen wie Interleukin-1 (IL-1) und Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) bereits vor der Verengung des Follikelkanals auftritt.

Rolle von Hormonen und Signalwegen

Androgene (z. B. Testosteron und DHT) stimulieren die Talgdrüsenaktivität und die Keratinozytenproliferation im Follikelepithel. Bei Aknepatienten besteht eine erhöhte Empfindlichkeit der Talgdrüsen gegenüber Androgenen. Zusätzlich spielt der Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) eine wichtige Rolle. Er stimuliert sowohl die Androgenproduktion als auch die Proliferation der Sebozyten (Talgdrüsenzellen) und Keratinozyten. Eine erhöhte IGF-1-Aktivität führt zur Überaktivierung des mTORC1 (mechanistic target of rapamycin complex 1), einem Masterregulator für Zellwachstum und Proliferation.

mTORC1 ist ein zentrales Signalmolekül, das durch Insulin, IGF-1 und Aminosäuren aktiviert wird. Es reguliert die Sebumproduktion und die Proliferation der Keratinozyten, was zur Komedonbildung beiträgt. Erhöhte mTORC1-Aktivität wird auch mit der exzessiven Talgproduktion in Verbindung gebracht.

Genetische Prädisposition

Genetische Faktoren spielen eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Akne. Bei 50-90 % der Aknepatienten besteht eine positive Familienanamnese. Polymorphismen in Genen, die an der Regulation der Androgenrezeptoren und der Entzündungsantwort beteiligt sind, tragen zur Entstehung bei.

Mikrobiologische Faktoren

Neben C. acnes sind Malassezia spp. (Hefepilze) und Demodex-Milben als zusätzliche Faktoren für die Entwicklung von akneiformen Hautveränderungen bekannt. Besonders bei Patienten mit seborrhoischer Dermatitis (fettig-schuppige Entzündung der Haut) und Rosazea treten diese Organismen vermehrt auf.

Hormonelle Einflüsse

Erhöhte Serumspiegel von Androgenen (z. B. bei Polyzystischem Ovarialsyndrom, PCOS) sind mit einer erhöhten Akneinzidenz assoziiert. Patienten mit Hirsutismus (vermehrte Körperbehaarung bei Frauen) und androgenetischer Alopezie (Haarausfall) zeigen häufig auch eine ausgeprägte Akne. Daher ist bei solchen Patienten eine Bestimmung der Androgenspiegel im Serum sinnvoll.

Weitere exogene Triggerfaktoren

Exogene Faktoren können bestehende Akne verschlimmern oder akneiforme Hautveränderungen auslösen:

  • Ernährung: Eine hohe glykämische Last und der Konsum von Milchprodukten (v. a. fettarme Milch) wurden mit einer erhöhten Akneinzidenz in Verbindung gebracht. Diese Nahrungsmittel aktivieren die IGF-1-Signaltransduktion und steigern die mTORC1-Aktivität.
  • Medikamente: Medikamente wie Kortikosteroide, Lithium, Anabolika oder Antiepileptika können eine akneiforme Dermatitis verursachen.
  • Kosmetika: Falsch angewendete oder komedogene (Mitesser-fördernde) Kosmetika begünstigen die Follikelobstruktion und fördern die Aknebildung.

Pathogenese der unterschiedlichen Akneformen

  • Akne vulgaris: Dies ist die häufigste Form der Akne, die primär in der Adoleszenz auftritt und durch eine Kombination aus Seborrhoe, Hyperkeratose, bakterieller Besiedlung und Entzündung charakterisiert ist.
  • Akne inversa (Hidradenitis suppurativa): Eine schwere, chronisch-entzündliche Erkrankung, die hauptsächlich die axilläre und inguinale Haut (Achselhöhle und Leistenregion) betrifft. Die genaue Ursache ist unklar, jedoch wird eine Störung der Immunantwort vermutet.
  • Neonatale und infantile Akne: Diese Formen treten bei Säuglingen auf und sind durch eine frühzeitige Androgenwirkung aufgrund einer Überproduktion der Nebennierenhormone gekennzeichnet.

Zusammenfassung

Die Akne ist eine multifaktorielle Erkrankung, die durch eine komplexe Interaktion von genetischen, hormonellen und umweltbedingten Faktoren entsteht. Zentral sind eine erhöhte Sebumproduktion, follikuläre Hyperkeratose, mikrobielle Besiedlung und eine Entzündungsreaktion. Die Rolle von IGF-1 und mTORC1 als zentrale Signalwege ist ein aktueller Forschungsschwerpunkt. Moderne Therapien zielen auf die Regulation dieser Signalwege ab, um eine nachhaltige Kontrolle der Akne zu erreichen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung – Vererbung der die Akne begünstigenden Hautfaktoren wie Seborrhoe (fettige Haut) oder die Beschaffenheit der Talgdrüsen
    Eine Multivariatanalyse zeigt die Wahrscheinlichkeit, an Akne zu erkranken [3]:
    • 2,7-fach erhöhtes Risiko, wenn der Vater Akne hatte (OR: 2,70)
    • 3-fach erhöhtes Risiko, wenn die Mutter Akne hatte (Odds Ratio [OR]: 3,077).
    • 8-fach erhöhtes Risiko, wenn beide Elternteile Akne hatten (OR: 7,887)
  • Geschlecht – Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.
  • Hormonelle Faktoren – vor allem Testosteron-Serumspiegel
    • Pubertät

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Hohe Aufnahme von Mono- und Disacchariden (Einfach- und Zweifachzucker), z. B. Weißmehlprodukte, zuckerreiche Getränke; Milch und Milchprodukten; gesättigten Fettsäuren (enthalten in tierischen Produkten); Trans-Fettsäuren (z. B. in Fast-Food-Produkten, Backwaren, Chips, Snacks, Keksen, frittierten Speisen) [1]
    • Weiser Reis – steigerte das Risiko gemäß einer thailändischen Studie um rund 80 %, und zwar schon ab einer Tagesportion; mildernd auf den Akneverlauf wirkte sich aus [5]: Tee ohne Milch und Zucker (≥ 3 Gläser pro Woche senkten das Risiko für schwerere Akne um 39 %) und ≥ 3 Gemüsegerichte pro Woche verringerten das Risiko um 26 %.
    • Verzehr von viel Schokolade (OR: 1,276) im Vergleich zum niedrigsten Quartil des Schokoladenkonsums [3]
    • Milchkonsum
      • Hoher Milchkonsum; magere Milch fördert Akne mehr als Vollmilch [4]
      • Magermilch-Konsum (Milch mit 1 % und 0 % Fettgehalt)/Teenager [2]
    • zu geringer Fischkonsum (Omega-3-Fettsäuren) [1]
    • geringer Gemüseverzehr (sekundäre Pflanzenstoffe, vor allem Polyphenole, die mTORC1 hemmen (siehe oben)) [1]
  • Drogenkonsum
    • Methylendioxyamphetamine (Ecstasy)
  • Falsche Hautpflege
  • Manipulation an Papeln, Pusteln
  • Tragen von Stirnbändern oder Kinnriemen

Medikamente

  • Antibiotika
    • Aminoglykoside (Streptomycin)
    • Tetracyclin
  • Antiepileptika (Chinin, Chinidin, Phenobarbital, Phenytoin)
  • Antipsychotika (Neuroleptika)
    • Atypische trizyklische Antidepressiva (Amineptin)
    • Konventionelle (Klassische) Antipsychotika (Neuroleptika) – Phenothiazine
    • Lithium, Hydantoin, Trimethadon, Amineptine
    • Tetrazyklische Antidepressiva (Maprotilin)
    • Trizyklische Antidepressiva (Imipramin)
  • Betablocker (Propranolol)
  • Bromid
  • DHEA [bei Frauen: nur bei Überdosierung!]
  • Disulfiram
  • D-Penicillamin
  • EGF-Rezeptorantagonisten.
  • Hormone
    • Anabolika (Testosteronester, Metandienon, Methandrostenolon, Metenolonacetat, Mesterolon, Stanozolol)
    • Androgene
    • ACTH
    • Glucocorticoide (Cortison, Hydrocortison) (topisch und systemisch) [Steroid-Akne]
    • Orale Kontrazeptiva (abhängig vom Gestagenanteil: höheres Risiko bei Norethisteron, Dydrogesteron, weniger bei Desogestrel oder Levonorgestrel; auch häufiger bei Kontrazeptiva mit niedrigen Östrogenanteil) [kein Aknerisiko durch Chlormadinonacetat und Cyproteronacetat]
    • Testosteron
    • Testosteronderivate (Danazol)
    • Thyroxin
  • Immunsuppressiva (Azathioprin, Ciclosporin (Cyclosporin A))
  • Januskinase-Hemmer/JAK-Hemmer [6]
    •  JAK1-spezifische Inhibitoren (wie Abrocitinib): 4,7-faches Risiko
    •  JAK1- und JAK2-Hemmer (wie Barocitinib): 3,4-faches Risiko
  • Jodid
  • Lepramittel (Clofazimin)
  • Lithium
  • 8-Methoxypsoralen+ UVA
  • Muskelrelaxantien (Dantrolene)
  • Narkosemittel (Halothan)
  • Neuroleptika
  • Retinoide (Acitretin, Etretinat, Isotretinoin)
  • Sedativa (Chloralhydrat, Diazepam)
  • Thioharnstoff
  • Tuberkulostatika (Isoniazid, Ethambutol, Ethionamid, Protionamid, Rifampicin)
  • Thyreostatika (Thiouracil)
  • Zytostatika (Actinomycin-D)

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Chinin – ein Alkaloid, das aus der Chinarinde gewonnen wird
  • Halogene – dieses sind Fluor, Chlor, Brom und Jod, sowie das aufgrund seiner Radioaktivität äußerst seltene und weitgehend unerforschte Element Astat
  • Kontakt zu Substanzen wie Öl, Pech oder Dioxin
    Hinweis: Dioxin gehört zu den endokrinen Disruptoren (Synonym: Xenohormone), die bereits in geringsten Mengen durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können.

Literatur

  1. Melnik BC: Linking diet to acne metabolomics, inflammation, and comedogenesis: an update. Clin Cosmet Investig Dermatol. 2015 Jul 15;8:371-88. doi: 10.2147/CCID.S69135. eCollection 2015.
  2. LaRosa C L et al.: Consumption of dairy in teenagers with and without acne. JAAD 2016; online 27. Mai 2016, doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.jaad.2016.04.030
  3. Wolkenstein, P et al.: Acne prevalence and associations with lifestyle: a cross-sectional online survey of adolescents/young adults in 7 European countries. Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology 2017; online 14. Juli 2017; doi: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jdv.14475/abstract
  4. Ru Dai et al.: The effect of milk consumption on acne: a meta‐analysis of observational studies. J Eur Acad Dermatol Venereol  2018 Aug 6. doi: 10.1111/jdv.15204.
  5. Roengritthidet K et al.: Association Between Diet and Acne Severity: A Cross-sectional Study in Thai Adolescents and Adults. Acta Derma Venereal 2021;101:adv00611; https://doi.org/10.2340/actadv.v101.569
  6. Martinez J et al.: Janus Kinase Inhibitors and Adverse Events of Acne: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Dermatol 2023;18:e233830; https://doi.org/10.1001/jamadermatol.2023.3830