Rachenentzündung (Pharyngitis) – Einleitung

Als Pharyngitis – umgangssprachlich Rachenentzündung genannt – bezeichnet man die Entzündung der Rachenschleimhaut. Sie tritt meist im Zusammenhang mit anderen entzündlichen Prozessen im Hals-Nasen-Rachen-Raum auf, wie z. B. bei einer Rhinopharyngitis (Erkältungsschnupfen). Es handelt sich um eine sehr häufige Erkrankung.

Synonyme und ICD-10: Pharyngitis (Rachenentzündung); altgr. φάρυγξ phárynx und -ίτις -itis; ICD-10-GM J31.2: Chronische Pharyngitis; ICD-10-GM J02.-: Akute Pharyngitis

Formen der Pharyngitis

  • Chronische Pharyngitis
    • Pharyngitis atrophicans et sicca: Austrocknung der Schleimhaut, oft bei Frauen in der Menopause, Verlust von Schleimdrüsen und lymphatischem Gewebe.
    • Pharyngitis sicca: Trockene Pharyngitis, häufig bei Rauchern oder Staubarbeitern.
    • Pharyngitis simplex bzw. hypertrophicans: Dauerhafte Pharyngitis, verbunden mit einer Hypertrophie der Schleimdrüsen.
  • Akute Pharyngitis
    • Angina lateralis: Seltene Form, bei der vor allem die Seitenstränge (Lymphbahnen) betroffen sind.

Ursachen

Die häufigsten Ursachen der Pharyngitis sind:

  • Viren: In 80-90 % der Fälle bei Erwachsenen und in 70-85 % bei Kindern. Typische virale Erreger sind Influenza-, Parainfluenza-, Adenoviren sowie selten Herpes-simplex-, Coxsackie-, Echo-, Epstein-Barr-, Cytomegalie-, Masern- oder Rötelnviren.
  • Bakterien: Etwa 5-10 % der Fälle bei Erwachsenen und 15-30 % bei Kindern, insbesondere durch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GAS). Streptokokken-Infektionen treten bei Kindern unter 2 Jahren selten auf.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Häufigkeitsgipfel:
Vor allem im Kindesalter sowie bei älteren Menschen aufgrund einer geringeren Abwehrleistung des Immunsystems.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Etwa 1 % der Patienten in allgemeinmedizinischen Praxen.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Akute Pharyngitis ist eine häufige Erkrankung, die in der kalten Jahreszeit gehäuft auftritt.

Saisonale Häufung:
Die Erkrankung tritt gehäuft im Spätwinter sowie zu Beginn des Frühlings auf, insbesondere bei feuchtigkeitsarmer, kalter Luft.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Viren und Bakterien, insbesondere β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A.

Erregerreservoir:
Der Mensch.

Vorkommen:
Weltweit verbreitet.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Ja, insbesondere bei der viralen Form durch Tröpfcheninfektion.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Hoch bei viralen Erregern; chronische Pharyngitis ist nicht ansteckend.

Übertragungsweg:
Vorwiegend aerogen über Tröpfcheninfektion.

Eintrittspforte:
Atemwege (Mund und Nase).

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 1-3 Tage bei akuten Formen.

Krankheitsdauer:
In der Regel 7-14 Tage; chronische Formen können über Jahre bestehen.

Dauer der Infektiosität:
Die akute Pharyngitis ist während der Symptomatik ansteckend; bei Streptokokken-Pharyngitis bis 24 Stunden nach Beginn einer Antibiotikatherapie.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Keine spezifischen Daten für Pharyngitis.

Erregerspezifische Immunität:
Bei Streptokokken-Infektionen ist eine Immunität möglich, allerdings gibt es zahlreiche Serotypen, was eine Reinfektion ermöglicht.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Pharyngitis: Die akute Pharyngitis heilt in der Regel spontan (von selbst) aus. Nach drei Tagen sind bei 30-40 % der Patienten die Halsschmerzen abgeklungen, und etwa 85 % sind fieberfrei. Dieser zeitliche Verlauf ist unabhängig von einem GAS-Nachweis [1]. Bei den bakteriellen Formen sollte eine Antibiotikatherapie in Betracht gezogen werden, vor allem wenn die Beschwerden sehr stark sind und hohes Fieber hinzukommt. Bei Nachweis der beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A ist in jedem Fall eine Antibiotikatherapie erforderlich, um das Risiko eines rheumatischen Fiebers zu minimieren. Eitrige Komplikationen wie Peritonsillarabszess (Abszessbildung in dem die Gaumenmandel umgebenden lockeren Bindegewebe), Otitis media (Mittelohrentzündung) oder Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung) sind selten bis sehr selten [1].
  • Chronische Pharyngitis: Die chronische Pharyngitis entwickelt sich oft über Jahre und ist durch persistierende Beschwerden wie trockenen Hals, Räusperzwang und Heiserkeit gekennzeichnet. Sie wird in drei Formen unterteilt:
    • Pharyngitis atrophicans et sicca: Trockene Schleimhaut, oft bei Frauen in der Menopause, Verlust von Schleimdrüsen und lymphatischem Gewebe.
    • Pharyngitis sicca: Trockene Pharyngitis, häufig bei Rauchern oder Staubarbeitern.
    • Pharyngitis simplex bzw. hypertrophicans: Langanhaltende Form mit Vermehrung der Schleimdrüsen.

Prognose

  • Akute Pharyngitis: Eine akute Pharyngitis hat in der Regel eine gute Prognose, da sie meist spontan ausheilt. Nach einer Woche sind 85 % der Betroffenen symptomfrei. Bei bakteriellen Infektionen und rechtzeitiger Antibiotikatherapie werden schwere Komplikationen wie rheumatisches Fieber weitgehend vermieden [1].
  • Chronische Pharyngitis: Die chronische Pharyngitis ist schwerer zu behandeln und kann das Leben der Betroffenen deutlich beeinträchtigen. Die Prognose hängt stark von der Ursache und der Möglichkeit zur Beseitigung der auslösenden Faktoren (z. B. Rauchen, Staubexposition) ab. Eine erfolgreiche Behandlung kann die Symptome lindern, aber vollständige Heilung ist selten.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Halsschmerzen. (AWMF-Registernummer: 053-010), Oktober 2020 Kurzfassung Langfassung