Nasenpolypen (Polyposis nasi) – Einleitung
Nasenpolypen (Polyposis nasi) sind gutartige, weiche Gewebewucherungen der Nasenschleimhaut, die in den Nasennebenhöhlen entstehen und häufig in die Nasenhöhle hineinwachsen. Sie gehen oft mit einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen einher und können zu einer Behinderung der Nasenatmung sowie einer eingeschränkten Riechfunktion führen.
Synonyme und ICD-10: „Polyposis nasi et sinuum", sinuum = Nasennebenhöhle; polypoide Nasenhyperplasie; polypoide Sinusdegeneration; polypöse Rhinopathie; polypöses adenoides Gewebe; Polyposis der Nasennebenhöhlen; Polyposis des Sinus ethmoidalis; Polyposis des Sinus maxillaris; Polyposis des Sinus sphenoidalis; Polyposis nasi deformans; ICD-10-GM J33.-: Nasenpolyp (Polyp, Polyposis)
Anatomie
Nasenpolypen entstehen in den Nasennebenhöhlen (Sinus paranasales), welche luftgefüllte Hohlräume sind, die die Nasenhöhle umgeben. Diese Hohlräume bestehen aus:
- Siebbeinhöhle (Sinus ethmoidalis): Häufiger Entstehungsort von Nasenpolypen.
- Kieferhöhle (Sinus maxillaris): Polypen können hier als Antrochoanalpolypen auftreten und in den Nasen-Rachen-Raum hineinwachsen.
- Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis): Seltener betroffener Bereich.
Formen der Nasenpolypen
Nasenpolypen können unter anderem nach ihrer Lokalisation, nach dem Vorkommen der Ein- bzw. Beidseitigkeit und der Abhängigkeit von Grunderkrankungen eingeteilt werden:
Nach Lokalisation
- Antrochoanalpolypen: Einseitig, meist aus der Kieferhöhle stammend, wachsen sie bis in den Nasen-Rachen-Raum.
- Ethmoidale Polypen: Typischerweise beidseitig, entstehen in der Siebbeinhöhle.
- Polypen der Keilbeinhöhle: Seltener, ebenfalls beidseitig.
Nach Ein- oder Beidseitigkeit
- Unilaterale Polypen: Einseitige Polypenbildung.
- Bilaterale Polyposis: Beidseitige Polypenbildung, häufig bei Patienten mit Asthma bronchiale und Acetylsalicylsäure-Intoleranz.
Nach Grunderkrankungen
- Mukoviszidose (Zystische Fibrose): Häufige Assoziation mit Nasenpolypen.
- Ziliendyskinesie: Genetische Funktionsstörung der Flimmerepithelien, die zu einer erhöhten Polypenneigung führt.
- Mykosen: Pilzinfektionen können ebenfalls zur Bildung von Nasenpolypen führen.
Beachte: Wenn der Volksmund von „Polypen“ spricht, sind die Adenoide (adenoide Vegetationen; Vergrößerungen (Hypertrophien) des lymphoepithelialen Gewebes, das heißt der Rachentonsille/Rachenmandeln) gemeint. Sie haben nichts mit den "echten" Polypen des Nasenganges (Polyposis nasi) zu tun, die meistens in der Mehrzahl vorkommen.
Nasenpolypen treten häufig gemeinsam mit einer chronischen Rhinosinusitis (CRS) auf:
Chronische Rhinosinusitis (CRS): definiert als Persistenz von nasaler Obstruktion und/oder Sekretproblemen > 12 Wochen; ggf. einhergehend mit Husten, Gesichtsschmerz oder -druck und/oder Einschränkungen des Geruchs [1]
Definition der CRS nach S2k-Leitlinie (s. u.): anhaltende Symptomatik > 12 Wochen:
- mit nasalen Polypen (CRScNP; engl. CRSwNP) oder
- ohne nasale Polypen (CRSsNP)
Legende: cNP mit (cum) nasalen Polypen; sNP ohne (sine) nasale Polypen
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen.
Häufigkeitsgipfel: Nasenpolypen treten vorwiegend nach dem 30. Lebensjahr auf, können aber in jedem Alter entstehen.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Etwa 4 % der Bevölkerung in Deutschland sind betroffen. Die Prävalenz der chronischen Rhinosinusitis, oft in Verbindung mit Nasenpolypen, liegt bei 5-15 % [1].
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Wird in den allgemeinen Prävalenzangaben berücksichtigt.
Saisonale Häufung der Erkrankung: Keine spezifische saisonale Häufung bekannt.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Frühstadium: Nasenpolypen bleiben oft unbemerkt. Erste Symptome sind häufig eine Behinderung der Nasenatmung und eingeschränktes Riechvermögen.
- Fortgeschrittenes Stadium: Bei Beteiligung der Nasennebenhöhlen treten zusätzliche Symptome wie Nasensekret, Gesichtsschmerzen oder -druck sowie postnasaler Tropf (Sekretabfluss über den Rachen) auf.
- Komplikationen: Eine Folge von unbehandelten Nasenpolypen kann die Entwicklung einer chronischen Rhinosinusitis mit Pharyngitis (Rachenentzündung), Laryngitis (Kehlkopfentzündung) oder Bronchitis sein.
Prognose
- Therapie: Die Behandlung zielt auf die Beseitigung der entzündlichen Ursache ab. Bei Allergien oder Mukoviszidose ist das Rezidivrisiko hoch, mit einer Rückfallquote von etwa 50 %.
- Nach Operation: Circa 90 % der Patienten berichten über eine deutliche Besserung der Symptome. Dennoch bleibt das Risiko von Rückfällen bestehen, insbesondere bei Vorliegen von Begleiterkrankungen wie Mukoviszidose.
Komorbiditäten
Nasenpolypen sind häufig mit anderen Erkrankungen assoziiert, darunter:
- Chronische Rhinosinusitis: Einhergehend mit Nasenpolypen und chronischer Entzündung der Nasennebenhöhlen.
- Asthma bronchiale: Tritt bei etwa 40 % der Patienten mit CRScNP (mit (cum) nasalen Polypen) auf.
- Acetylsalicylsäure-Intoleranz: Häufig in Kombination mit Asthma bronchiale und Nasenpolypen zu beobachten.
Literatur
- Fokkens WJ, Lund VJ, Mullol J et al.: EPOS 2012: European position paper on rhinosinusitis and nasal polyps 2012. A summary for otorhinolaryngologists. Rhinology 2012;50:1-12
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Diagnose und Therapie der Sinusitis und Polyposis nasi. (AWMF-Registernummer: 061-015), Oktober 2008
- S2k-Leitlinie: Rhinosinusitis. (AWMF-Registernummer: 017-049), April 2017 Kurzfassung Langfassung