Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Eine akute Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) entsteht in der Regel durch eine Verlegung der Ostien (Öffnungen der Nasennebenhöhlen zur Nasenhöhle) aufgrund einer Schleimhautschwellung. Diese Schwellung ist häufig Folge einer Entzündung, die meist von der Nasenhaupthöhle in die Nasennebenhöhlen übergreift. Seltener ist eine odontogene Sinusitis (von den Zähnen ausgehende Nebenhöhlenentzündung), die durch dentogene Infektionen, zum Beispiel infolge von Zahnextraktionen (Zahnentfernungen), ausgelöst wird.

Die Erreger einer akuten Sinusitis sind vorwiegend Viren wie Rhinoviren, Parainfluenzaviren oder Adenoviren. Zusätzlich sind bakterielle Infektionen durch Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae sowie verschiedene Arten von Streptokokken und Staphylokokken bekannt. Ein wichtiger Erreger bei Kindern ist Moraxella catarrhalis. Bei Erwachsenen wird die akute Sinusitis in mehr als 60 % der Fälle durch Streptococcus pneumoniae oder Haemophilus influenzae verursacht [2].

Chronische Sinusitis 

Eine chronische Sinusitis kann aus einer nicht ausreichend behandelten akuten Sinusitis entstehen. Pathogenetisch liegt der Mechanismus in einer ungenügenden Belüftung der Nasennebenhöhlen, die zu einer Dysfunktion der mukoziliären Clearance (gestörter Transport von Schleim und Fremdpartikeln durch die Flimmerhärchen) führt. Die chronische Entzündung ist durch persistierende entzündliche Veränderungen der sinunasalen Schleimhäute charakterisiert.

Das Leitsymptom einer chronischen Rhinosinusitis (CRS) ist die primäre Dyskinesie (Störung der Zilienmotilität/Beweglichkeit der Flimmerhärchen) [2].

Pathogenetisch scheinen allen Formen der CRS entzündliche Veränderungen der sinunasalen Schleimhäute zugrunde zu liegen. Bei der CRScNP (chronische Rhinosinusitis mit nasalen Polypen) wird meistens ein Th2-vermittelter Entzündungsprozess (Subpopulation der CD4+-T-Helfer-Zellen) gefunden, während bei der CRSsNP (chronische Rhinosinusitis ohne nasale Polypen) oft auch Th1-vermittelte Entzündungsprozesse beobachtet werden [5].

Risikofaktoren und Begleitfaktoren

Ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Entstehung und Persistenz einer chronischen Sinusitis ist Rauchen, das in großem Maße die Flimmerhärchen schädigt und so einen Sekretstau mit nachfolgender Entzündung begünstigen kann. Auch andere Faktoren wie Allergien (z. B. gegen Hausstaubmilben, Gräser oder Baumpollen), Umweltbelastungen sowie chronische Rhinitis (Nasenschleimhautentzündung) können zur Krankheitsentwicklung beitragen.

Allergische Sinusitis

Eine Sinusitis kann ebenfalls durch eine allergische Reaktion entstehen. Hierbei kommt es zu einer Schwellung der Nasenschleimhaut aufgrund einer allergischen Sensibilisierung, was die Öffnungen der Nasennebenhöhlen blockieren und eine sekundäre bakterielle Besiedelung der Nasennebenhöhlen fördern kann.

Terminologie

Da einer Sinusitis meist eine Rhinitis (Nasenschleimhautentzündung) vorausgeht, wird oft der Begriff Rhinosinusitis verwendet, um die Beteiligung beider anatomischer Strukturen zu verdeutlichen.

Zusammenfassung

Die Pathogenese der Sinusitis umfasst eine Vielzahl von Ursachen und Mechanismen, die sich von akuten viralen Infektionen bis zu chronischen, entzündlichen Prozessen erstrecken. Akute Formen werden hauptsächlich durch Viren und in geringeren Fällen durch Bakterien ausgelöst. Bei chronischen Formen spielen gestörte Belüftungsmechanismen, Dysfunktion der mukoziliären Clearance und persistierende Entzündungsprozesse eine wesentliche Rolle. Rauchen und allergische Reaktionen können die Entwicklung zusätzlich begünstigen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung [1]:
    • Geschwister von CRS-Kindern haben ein 57,5-mal höheres Risiko der Erkrankung in Vergleich zu Kindern ohne CRS.
    • Cousinen und Cousins ersten und zweiten Grades von CRS-Kindern hatten ein 9,0- bzw. 2,9-fach erhöhtes CRS-Risiko.
    • Eltern von CRS-Kindern hatten ein 5,6-fach erhöhtes CRS-Risiko im Vergleich zu Eltern gesunder Kinder.
    • Genetische Erkrankungen
      • Kartagener Syndrom (Synonym: primäre Ziliendyskinesie); Trias aus Situs inversus viscerum (spiegelbildliche Anlage der Organe), Bronchiektasen (Synonym: Bronchiektasie; dauerhaft bestehende irreversible sackförmige oder zylindrische Ausweitungen der Bronchien, die angeboren oder erworben sein kann; Symptome: chronischer Husten mit "maulvoller Expektoration" (großvolumiger dreigeschichteter Auswurf: Schaum, Schleim und Eiter), Müdigkeit, Gewichtsverlust und eine verringerte Leistungsfähigkeit) und Aplasie (Nichtausbildung) der Nasennebenhöhlen; Symptomatik: Schnupfen seit der Geburt, eitriges Sekret; nasale Polypen, chronische Otitis; Vitien; eine mögliche Ursache der chronischen Rhinosinusitis (CRS)
      • Mukoviszidose (Zystische Fibrose, ZF) ‒ genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; führt zu einer abnormalen Schleimkonsistenz und in der Folge zu einem schlechteren Abfluss; eine mögliche Ursache der chronischen Rhinosinusitis (CRS)
  • Anatomische Varianten – Einengungen im Bereich der Nasennebenhöhlen 

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Fehl- und Mangelernährung – kann zur Immundefizienz (Abwehrschwäche) führen
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) – schädigt die wichtigen Zilien (Flimmerhärchen), welche für einen reibungslosen Sekretabfluss aus den Nasennebenhöhlen verantwortlich sind
    • Alkohol – Rotwein kann eine Nahrungsmittelallergie verursachen, die zu einem Schleimhautoedem (Schleimhautschwellung aufgrund der Einlagerung von Flüssigkeit) führt

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Allergische Rhinitis (Heuschnupfen) –  kann durch ein Schleimhautödem die Ostien (Abflussöffnungen) verschließen
  • Adenoide Vegetationen (Vergrößerung der Rachenmandel; Alter 4-5 Jahren; Symptomatik: Mundatmung, Schnarchen, teils typische Facies adenoidea: offener Mund, hängende Unterlippe und die oft sichtbare Zungenspitze) – eine mögliche Ursache der chronischen Rhinosinusitis (CRS)
  • Allergische Reaktionen – positiver Allergietest auf z. B. Hausstaubmilben, Gräser, Baumpolleneine mögliche Ursache der chronischen Rhinosinusitis (CRS)
  • Dentogene (zahnbezogene) Faktoren – z. B. kariöse Zähne, Mund-Antrum-Verbindung – Verbindung zwischen Kieferhöhle und Mundhöhle, überpresstes Wurzelkanalfüllmaterial, Wurzelreste in der Kieferhöhle
  • Gastroösophageale Refluxkrankheit (Synonyme: GERD, Gastro-oesophageal reflux disease; Gastroesophageal Reflux Disease (GERD); gastroösophageale Refluxkrankheit (Refluxkrankheit); gastroösophagealer Reflux; Reflux-Ösophagitis; Refluxkrankheit; Refluxösophagitis; peptische Ösophagitis) – entzündliche Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagitis), die durch den krankhaften Rückfluss (Reflux) von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten hervorgerufen wird
    • Laryngopharyngealer Reflux (LPR; Zurückfließen von gastralem bzw. gastroduodenalem Sekret in den Kehlkopf- bzw. Halsbereich) – stiller Reflux scheint ein Risikofaktor für eine therapieresistente chronische Rhinosinusitis (CRS) zu sein [6].
  • Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), ehemals Wegenersche Granulomatose − nekrotisierende (Gewebe absterbende) Vaskulitis (Gefäßentzündung) der kleinen bis mittelgroßen Gefäße (Kleingefäßvaskulitiden), welche mit einer Granulombildung (Knötchenbildung) in den oberen Atemwegen (Nase, Nasennebenhöhlen, Mittelohr, Oropharynx) sowie den unteren Atemwegen (Lunge) einhergeht
  • Immunschwäche, z. B. bei HIV-Erkrankung oder anderen Immundefekt-Syndromen; eine mögliche Ursache der chronischen Rhinosinusitis (CRS)
  • Infektionen im Bereich der Atemwege sind Vorboten einer Sinusitis – z. B. Erkältung, Grippe, Tonsillitis (Mandelentzündung) – jedoch werden nur circa 0,5 bis 10 % dieser Infektionen durch eine Sinusitis kompliziert
  • Otitis media (Mittelohrentzündung)
  • Rezidivierende ambulant erworbene Pneumonie (community aquired pneumonia – CAP; mindestens 2 Episoden) bei Kindern: bei 71,9  % der Betroffenen zeigte sich eine chronische Rhinosinusitis (CRS) mit „postnasal drip“ vs. 4,1 % bei gesunden Kontrollen [4]
  • Tumoren und Fremdkörper können sekundär eine Sinusitis verursachen

Medikamente

  • Antibiotikatherapien nichtsinunasaler Infektionen →  Risikoerhöhung für chronische Rhinosinusitiden [3]
  • α-Sympathomimetika (Alpha-Sympathomimetika)-Abusus; eine mögliche Ursache der chronischen Rhinosinusitis (CRS)
  • Immunsuppression

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen) können möglicherweise das Risiko erhöhen

Weitere Ursachen

  • Bei Patienten auf der Intensivstation können nasotracheale Tuben (Schläuche) und Magensonden das Risiko für eine Sinusitis erhöhen
  • Tauchen und lange Flugreisen können über Veränderungen des Luftdrucks Barotraumen auslösen und eine Sinusitis begünstigen

Literatur

  1. Orb Q et al.: Familial Risk of Pediatric Chronic Rhinosinusitis. Laryngoscope, online Juli 2015. doi: 10.1002/lary.25469. Epub 2015 Jul 30.
  2. Nusslein T, Brinkmann F, Ahrens P et al (2013) Diagnostics of primary ciliary dyskinesia. Recommendations in cooperation with the Kartagener’s Syndrome and Primary Ciliary Dyskinesia Association. Monatsschr Kinderheilkd 161:406-416
  3. Maxfield AZ et al.: General Antibiotic Exposure Is Associated with Increased Risk of Developing Chronic Rhinosinusitis: Laryngoscope 2016, online 23. August; doi: 10.1002/lary.26232
  4. Patria F, Longhi B, Tagliabue C, Tenconi R, Ballista P, Ricciardi G, Galeone C, Principi N, Esposito S: Clinical profile of recurrent community-acquired pneumonia in children. BMC Pulm Med 2013 Oct 10;13:60. doi: 10.1186/1471-2466-13-60.
  5. Fokkens WJ, Lund VJ, Mullol J, Bachert C, Alobid I, Baroody F et al.: European Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps 2012 Mar;50(1):1-12. doi: 10.4193/Rhino50E2.
  6. Shen X et al.: Association of Laryngopharyngeal Reflux Disease and Refractory Chronic Rhinosinusitis. Ear Nose Throat J 2022; https://doi.org/10.1177/01455613221112355