Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) – Einleitung

Eine Sinusitis ist eine entzündliche Veränderung der Schleimhäute der Nasennebenhöhlen.

Synonyme und ICD-10: Katarrhalische Sinusitis; Keilbeinhöhlenentzündung; Kiefernebenhöhleninfektion; Stirnhöhlenentzündung; Stirnhöhleninfektion; Stirnhöhlenkatarrh; Stirnhöhlensinusitis; engl.: acute rhinosinusitis (ARS); chronic rhinosinusitis (CRS); ICD-10-GM J32.-: Chronische Sinusitis; ICD-10-GM J01.-: Akute Sinusitis

Sie ist eine häufige Erkrankung und die Ursache von vielen Arztbesuchen in Deutschland.

Anatomie

Folgende Nasennebenhöhlen können betroffen sein:

  • Sinusitis maxillaris (Kieferhöhle)
  • Sinusitis ethmoidalis (Siebbeinzellen)
  • Sinusitis frontalis (Stirnhöhle)
  • Sinusitis sphenoidalis (Keilbeinhöhle)

Bei Kindern sind am häufigsten die Siebbeinzellen betroffen, wohingegen bei Erwachsenen meist eine Entzündung der Kieferhöhle vorliegt. Sind alle Nasennebenhöhlen betroffen, spricht man von einer Pansinusitis.

Formen der Sinusitis

Man unterscheidet die akute von der chronischen Sinusitis (je nach Quelle: Dauer 2-3 Monate).

Bei Erwachsenen wird die akute Sinusitis in mehr als 60 % der Fälle durch Streptococcus pneumoniae oder Haemophilus influenzae verursacht.
Die häufigsten Erreger der chronischen Sinusitis sind die Staphylococcus aureus, verschiedene Enteroba-ceriaceae, seltener Pseudomonas aeruginosa und Anaerobier der Mundflora.
Auch Viren wie Rhino- und Adenoviren können die Sinusitis verursachen.

Von einer Rhinosinusitis spricht man, wenn gleichzeitig eine Rhinitis (Entzündung der Nasenschleimhaut) und eine Sinusitis (Entzündung der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen) vorliegen. Man unterscheidet:

  • Akute Rhinosinusitis (ARS) – entzündungsbedingte Abflussstörung und gestörte Ventilation der Nasennebenhöhlen; maximal 12 Wochen; komplettes Abklingen der Symptome [1]
    • darunter fallen: akute virale Rhinosinusitis, post-virale Rhinosinusitis und akute bakterielle Rhinosinusitis (ABRS)
  • Rezidivierende ARS – Definition der ARS nach AWMF (s. u.): mindestens 4 Episoden einer ARS im Zeitraum von 12 Monaten (gerechnet ab erster Episode) mit zwischenzeitlich vollständiger Symptomrückbildung
  • Chronische Rhinosinusitis (CRS) – definiert als Persistenz von nasaler Obstruktion und/oder Sekretproblemen > 12 Wochen; ggf. einhergehend mit Husten, Gesichtsschmerz oder -druck und/oder Einschränkungen des Geruchs [1]
    Definition der CRS nach S2k-Leitlinie (s. u.): anhaltende Symptomatik > 12 Wochen
    • mit nasalen Polypen (CRScNP; engl. CRSwNP) oder
    • ohne nasale Polypen (CRSsNP) 

Legende: cNP mit (cum) nasalen Polypen; sNP ohne (sine) nasale Polypen

Epidemiologie

Übertragung des Erregers (Infektionsweg) erfolgt aerogen (Tröpfcheninfektion in der Luft).

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) variiert. Bei der akuten Sinusitis beträgt sie in der Regel 7-10 Tage.

Häufigkeitsgipfel: Die akute Sinusitis tritt vorwiegend im 5. Lebensjahrzehnt auf. Bei Kindern werden 7 bis 10 Rhinosinusitiden im Jahr beobachtet. Bei Erwachsenen sind es ca. 2 bis 5 (geschätzte Angabe). Die chronische Sinusitis findet sich fast nur bei kleinen Kindern.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Sinusitis liegt bei 16,3 % der Erwachsenen (in den USA). 
Die Prävalenz der chronischen Rhinosinusitis (CRS) wird auf 5-15 % der Bevölkerung geschätzt [1]. Die CRScNP betrifft ca. 1-4 % der Allgemeinbevölkerung.

Saisonale Häufung der Erkrankung: Die Sinusitis tritt gehäuft in der nasskalten Jahreszeit auf.

Verlauf und Prognose

Akute Sinusitis (ARS)

Verlauf

  • Initialphase: Die Symptome einer akuten Rhinosinusitis (ARS) beginnen meist plötzlich und sind charakterisiert durch eine verstopfte Nase, eitrigen Nasenausfluss, Gesichtsschmerzen oder -druck, Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit und Zahnschmerzen. Diese Phase dauert in der Regel 7-10 Tage.
  • Heilungsphase: Bei einer unkomplizierten viralen Rhinosinusitis tritt normalerweise innerhalb von sieben bis zehn Tagen eine Besserung ein. Die meisten Fälle heilen spontan aus, wobei sich die Spontanheilungsrate auf etwa 60-80 % innerhalb von zwei Wochen und 90 % innerhalb von sechs Wochen beläuft [1].

Prognose

  • Spontanheilung: Die meisten akuten viralen Sinusitiden heilen ohne spezifische Therapie aus.
  • Antibiotikabehandlung: Nur bei etwa 0,5-2 % der Patienten entwickelt sich eine akute bakterielle Rhinosinusitis (ABRS), die eine Antibiotikabehandlung erfordert. Selbst bei ABRS ist eine Antibiotikatherapie oft nicht notwendig, da viele Fälle auch ohne Behandlung abheilen [1].
  • Komplikationen: Komplikationen sind selten, können jedoch auftreten und umfassen Orbital- und intrakranielle Infektionen wie Orbitalphlegmone (bakterielle Entzündung der Orbita (Augenhöhle)), Subduralempyem (Eiteransammlung (Empyem) im Subduralraum zwischen der Dura mater und der Arachnoidea), Hirnabszess (Eiterhöhle im Gehirn) und Meningitis (Hirnhautentzündung). Diese erfordern eine rasche medizinische Intervention.

Rezidivierende akute Rhinosinusitis (RARS)

Verlauf

  • Häufigkeit: Definiert als mindestens vier Episoden einer ARS innerhalb von 12 Monaten, jeweils mit vollständiger Symptomrückbildung zwischen den Episoden.
  • Symptomatik: Ähnlich wie bei der ARS, jedoch wiederkehrend mit ähnlichem Schweregrad.

Prognose

  • Therapie: Wiederkehrende Episoden können eine eingehende Untersuchung auf prädisponierende Faktoren wie allergische Rhinitis, anatomische Abweichungen oder Immundefekte erfordern.
  • Langfristige Aussicht: Bei adäquater Behandlung und Management der zugrunde liegenden Ursachen kann die Häufigkeit der Episoden reduziert werden.

Chronische Rhinosinusitis (CRS)

Verlauf

  • Symptomatik: Anhaltende Entzündung der Nasennebenhöhlen über mehr als 12 Wochen, gekennzeichnet durch nasale Obstruktion, Nasenausfluss, Gesichtsschmerzen oder -druck und/oder Geruchsstörungen. CRS kann mit oder ohne nasale Polypen (CRScNP bzw. CRSsNP) auftreten.
  • Komplikationen: CRS kann zu einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen führen, die Narbenbildung und Polypenbildung begünstigt. Es kann auch zu einer Verschlechterung der Lebensqualität führen, einschließlich Schlafstörungen und verminderter Arbeitsfähigkeit.

Prognose

  • Therapie: Die Behandlung umfasst topische und systemische Kortikosteroide, Antibiotika, Nasenspülungen und bei Bedarf chirurgische Eingriffe zur Verbesserung der Drainage der Nasennebenhöhlen.
  • Langfristige Aussicht: Bei adäquater Therapie kann eine signifikante Besserung der Symptome und Lebensqualität erreicht werden. CRS ist jedoch oft eine chronisch-rezidivierende Erkrankung, die regelmäßige medizinische Überwachung und Therapieanpassungen erfordert.
  • Langzeitfolgen: Unbehandelt oder unzureichend behandelt kann CRS zu irreversiblen Veränderungen der Schleimhäute, Bildung von Nasenpolypen und Komplikationen wie Orbitale Cellulitis, Meningitis und intrakranielle Abszesse führen.

Spezielle Erwähnung: CRS mit Nasenpolypen (CRScNP)

Verlauf

  • Symptomatik: Gekennzeichnet durch die Bildung von Polypen in den Nasengängen, die zu einer erheblichen Behinderung der Nasenatmung, chronischem Nasenausfluss, Gesichtsschmerzen und Anosmie (vollständigen Verlust des Geruchssinns) führen können.
  • Begleiterkrankungen: Patienten mit CRScNP leiden häufig auch an Asthma bronchiale und Aspirin-Exazerbierter Atemwegserkrankung (AERD).

Prognose

  • Therapie: Systemische und topische Corticosteroide, Biologika (z.B. Anti-IL-5, Anti-IL-4/IL-13) und chirurgische Eingriffe (Endoskopische Sinusoperation) sind häufig erforderlich.
  • Langfristige Aussicht: Die Symptome können durch eine Kombination aus medikamentöser und chirurgischer Therapie kontrolliert werden. Polypen neigen jedoch dazu, wiederzukehren, was wiederholte Eingriffe und anhaltende medikamentöse Therapie erforderlich macht.

Komorbiditäten

  • Asthma bronchiale: Besonders häufig bei Patienten mit CRScNP (ca. 40 % der Fälle) [1].
  • Aspirin-Exazerbierte Atemwegserkrankung (AERD): Gekennzeichnet durch Trias aus Asthma bronchiale, Nasenpolypen und Unverträglichkeit von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR).
  • Allergische Rhinitis: Häufig begleitend bei Patienten mit Sinusitis.
  • Zystische Fibrose: Patienten mit zystischer Fibrose haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von CRS aufgrund der gestörten mukoziliären Clearance.

Literatur

  1. Fokkens WJ, Lund VJ, Mullol J et al.: EPOS 2012: European position paper on rhinosinusitis and nasal polyps 2012. A summary for otorhinolaryngologists. Rhinology 2012;50:1-12
  2. Stuck BA, Bachert C, Federspil P, Hosemann W, Klimek L, Mosges R et al.: Rhinosinusitis guidelines of the German society for otorhinolaryngology, head and neck surgery. HNO 2007 Oct;55(10):758-60, 762-4, 766-77.
  3. Eckhoff A et al.: Unilateral Versus Bilateral Sinonasal Disease: Considerations in Differential Diagnosis and Workup. Laryngoscope 2019; https://doi.org/10.1002/lary.28108

Leitlinien

  1. Brozek JL, Bousquet J, Baena-Cagnani CE, Evaluation WG et al (2010) Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma (ARIA) guidelines: 2010 revision. J Allergy Clin Immunol 126: 466-476
  2. S2k-Leitlinie: Rhinosinusitis. (AWMF-Registernummer: 017-049), April 2017 Kurzfassung Langfassung
  3. Klimek L. et al.: Positionspapier: Empfehlungen zur Behandlung der chronischen Rhinosinusitis während der COVID-19-Pandemie im deutschen Gesundheitssystem. Empfehlungen des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (AeDA) und der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie (DGHNO-KHC); diese Empfehlungen basieren auf dem EAACI Positionspapier „Treatment of chronic RhinoSinusitis with nasal polyps (CRSwNP) in the COVID-19 pandemics – An EAACI Position Paper”, Allergy, 2020 und wurden auf die Situation im deutschen Gesundheitswesen angepasst. National Library of Medicine Mai 2020. PMC7362395