Kehlkopfkrebs (Larynxkarzinom) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beim Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) handelt es sich in über 90 % der Fälle um eine maligne (bösartige) Veränderung des Plattenepithels (flache Zellen, die die Schleimhäute auskleiden). Diese bösartige Entwicklung entsteht häufig aus Vorschädigungen des Kehlkopfes, den sogenannten Präkanzerosen, die als Krebsvorstufen gelten.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Präkanzerose-Entwicklung: Zu den präkanzerösen Veränderungen zählen:
    • Dysplasien (abnorme Zellveränderungen, die als Krebsvorstufe gelten),
    • Leukoplakien (weißliche Verhornungen der Schleimhaut, die potentiell dysplastisch verändert sein können),
    • Papillome (gutartige Wucherungen, die von den oberen Schleimhaut- oder Hautschichten ausgehen),
    • Carcinoma in situ (CIS): Ein Frühstadium eines epithelialen Tumors, bei dem das Tumorwachstum noch nicht invasiv ist.
  • Humane Papillomviren (HPV): HPV, insbesondere die Hochrisikotypen HPV 16 und 18, spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Entstehung des Larynxkarzinoms. Diese viralen Onkogene stören die zelluläre Kontrolle über den Zellzyklus und die Apoptose (programmierter Zelltod), was zu unkontrolliertem Zellwachstum führt. HPV-positive Larynxkarzinome zeigen oft eine andere Tumorbiologie als HPV-negative Karzinome und haben möglicherweise eine bessere Prognose.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

  • Mutationen in Tumorsuppressorgenen: Genetische Mutationen, wie im Tumorsuppressorgen p53, spielen eine wesentliche Rolle in der Krebsentstehung. Die Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen führt dazu, dass geschädigte Zellen nicht mehr effektiv eliminiert werden, was die maligne Transformation begünstigt.
  • Risikofaktoren: Rauchen, Alkoholmissbrauch, sowie chronische Kehlkopfreizungen durch Umwelteinflüsse wie Feinstaub und chemische Substanzen, fördern die Entstehung eines Larynxkarzinoms. Diese Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Vorschädigungen wie Dysplasien oder Papillome in eine maligne Veränderung übergehen.

Klinische Manifestation

  • Frühsymptome: Das Larynxkarzinom äußert sich häufig zunächst durch unspezifische Symptome wie Heiserkeit, chronischen Husten und Halsschmerzen.
  • Spätsymptome: Im fortgeschrittenen Stadium können Symptome wie Atemnot, Dysphagie (Schluckbeschwerden) und Halslymphknotenschwellungen auftreten.

Progression und Organbeteiligung

  • Lokale Invasion: Das Larynxkarzinom breitet sich lokal invasiv auf die umgebenden Strukturen des Kehlkopfes, des Rachens und der Speiseröhre aus. In fortgeschrittenen Fällen kann es zu einer Larynxektomie (operative Entfernung des Kehlkopfes) kommen.
  • Metastasierung: In fortgeschrittenen Stadien metastasiert das Larynxkarzinom über die Lymphwege in regionale Lymphknoten und selten in entfernte Organe wie die Lunge.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

  • Beeinträchtigung der Stimmbänder: Durch die Infiltration des Tumors kann es zu einer Funktionsstörung der Stimmbänder kommen, was zu anhaltender Heiserkeit oder sogar Stimmlosigkeit führt.
  • Obstruktion der Atemwege: In fortgeschrittenen Fällen kann der Tumor die Atemwege verengen, was zu Atemnot und einer Beeinträchtigung der Lebensqualität führt.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

  • Fehlende Regeneration: Durch die Infiltration und Zerstörung des Kehlkopfgewebes sind die Regenerationsprozesse des betroffenen Gewebes stark eingeschränkt, was die Wiederherstellung der Funktion erschwert.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Das Larynxkarzinom entwickelt sich typischerweise durch eine Kombination aus präkanzerösen Läsionen, Umweltfaktoren wie Rauchen und Alkohol sowie einer möglichen HPV-Infektion. Die Tumorentstehung wird durch Mutationen in Tumorsuppressorgenen wie p53 gefördert. Früh erkannt, kann die Prognose durch chirurgische und/oder strahlentherapeutische Maßnahmen verbessert werden, wobei HPV-positive Tumoren oft eine bessere Therapieantwort zeigen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Berufe 
    • Exposition gegenüber Asbest oder Teer/Bitumen
    • Exposition gegenüber schwefelsäurehaltigen Aerosolen
  • Sozioökonomische Faktoren – niedriger sozioökonomischer Status 

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – Dosisabhängiger Risikofaktor, synergistischer Effekt mit Tabakkonsum.
    • Tabak (Rauchen und Passivrauchen) – Hauptursache für Larynxkarzinome; das Risiko steigt mit der kumulativen Rauchmenge und -dauer [1, 2]

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Chronische Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
  • Gastroösophageale Refluxkrankheit (Synonyme: GERD, Gastro-oesophageal reflux disease; Gastroesophageal Reflux Disease (GERD); Gastroösophageale Refluxkrankheit (Refluxkrankheit); Gastroösophagealer Reflux; Reflux-Ösophagitis; Refluxkrankheit; Refluxösophagitis; peptische Ösophagitis) – entzündliche Erkrankung der Speiseröhre (Ösophagitis), die durch den krankhaften Rückfluss (Reflux) von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten hervorgerufen wird; Folgen: Laryngitis (Kehlkopfentzündung); Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) u. v. m.
  • HPV-Infektionen (Humane Papillomaviren) (HPV-Status spielt beim Larynxkarzinom als prognostischer Faktor keine Rolle)
  • Pachydermie – pathologische Verdickung der Haut
  • Leukoplakie – fakultative Präkanzerose (Entartungsrisiko ist kleiner als 30 %); Verhornungsstörung, die sich durch weißliche Herde an der Schleimhaut zeigt
  • Papillome – fakultative Präkanzerose; meist gutartige, den Hautpapillen ähnliche Geschwulst (Zottengeschwulst)

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Berufliche Exposition mit Asbest* oder Teer/Bitumen
  • Ionisierende Strahlung (z. B. Uran*)
  • Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), z. B. Benzo(a)pyren [3]
  • Schwefelhaltige Aerosole, intensive und mehrjährige Exposition (Berufskrankheiten-Liste; BK-Liste)
  • Stäube – Zementstaub, Holzstaub

*Als Berufskrankheit anerkannt

Literatur

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  2. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  3. Wagner M et al.: Berufliche Exposition mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und Larynxkarzinom – ein systematischer Review. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2014