Kehldeckelentzündung (Epiglottitis) – Einleitung
Die akute Epiglottitis ist eine rasch fortschreitende, schwere Entzündung des Kehlkopfdeckels (Epiglottis), die zu einer lebensbedrohlichen Verengung der Atemwege führen kann. Sie erfordert eine sofortige medizinische Intervention, da sie unbehandelt innerhalb weniger Stunden zum Tod durch Ersticken führen kann.
Synonyme und ICD-10: Epiglottisentzündung; Laryngitis supraglottica; ICD-10-GM J05.1 Akute Epiglottitis
Anatomie und Funktionen
Die Epiglottis (Kehlkopfdeckel) ist eine knorpelige Struktur im Rachenraum, die beim Schlucken den Eingang zur Luftröhre verschließt, um zu verhindern, dass Nahrung und Flüssigkeit in die Atemwege gelangen. Eine Entzündung der Epiglottis kann durch Schwellung und Entzündungsreaktionen zu einer kritischen Verengung der Atemwege führen, was das Hauptproblem bei der Epiglottitis darstellt.
Formen der Erkrankung
Es gibt keine verschiedenen Formen der Epiglottitis im engeren Sinne, jedoch kann die Erkrankung nach dem Erreger und dem Verlauf unterschieden werden:
- Bakterielle Epiglottitis: Häufig durch Haemophilus influenzae Typ b (Hib), seltener durch andere Bakterien wie Streptokokken oder Pneumokokken verursacht.
- Epiglottitis bei Erwachsenen: Kann durch eine breitere Palette von Erregern verursacht werden und verläuft oft weniger dramatisch als bei Kindern.
Ursachen
Die akute Epiglottitis wird in den meisten Fällen durch bakterielle Infektionen verursacht, wobei Haemophilus influenzae Typ b (Hib) historisch der häufigste Erreger war. Nach Einführung der Hib-Impfung sind jedoch andere Bakterien häufiger verantwortlich, darunter:
- Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken)
- Streptococcus pyogenes (beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A)
- Staphylococcus aureus
- Moraxella catarrhalis
Weitere Ursachen können Verletzungen oder Verbrennungen der Epiglottis durch Einatmung heißer Luft, Rauch oder durch chemische Reizstoffe sein.
Differentialdiagnosen
Bei der Diagnose einer akuten Epiglottitis müssen andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen in Betracht gezogen werden:
- Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
- Pseudokrupp (virale subglottische Laryngitis)
- Peritonsillarabszess (Eiteransammlung im Gewebe um die Gaumenmandeln)
- Retropharyngealabszess (Eiteransammlung im hinteren Rachenraum)
- Angioödem (allergische Schwellung der Schleimhäute)
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: In der Prä-Hib-Impfüra waren Jungen häufiger betroffen als Mädchen. Nach Einführung der Impfung ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichener.Häufigkeitsgipfel: Die akute Epiglottitis tritt vor allem bei Kleinkindern zwischen 2 und 6 Jahren auf. Bei Erwachsenen, insbesondere älteren Erwachsenen, ist die Erkrankung seltener, kann aber ebenfalls auftreten.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Seit Einführung der Hib-Impfung ist die Prävalenz deutlich gesunken.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Kinder: etwa 0,2 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Erwachsene: 1,9 bis 3,1 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
Saisonale Häufung der Erkrankung: Es gibt keine spezifische saisonale Häufung.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Hauptsächlich Haemophilus influenzae Typ b (Hib), aber auch andere Bakterien wie Streptokokken und Staphylokokken.Erregerreservoir: Der Mensch ist das einzige Reservoir für Haemophilus influenzae Typ b.
Vorkommen: Weltweit, insbesondere in Populationen mit niedrigen Impfraten.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, über Tröpfcheninfektion.
Kontagiosität: Die Ansteckungskraft ist hoch, insbesondere bei engem Kontakt; die Ansteckungsgefahr besteht bis 24 Stunden nach Beginn einer Antibiotikatherapie.
Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion durch Husten und Niesen.
Eintrittspforte: Schleimhäute der oberen Atemwege.
Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): In der Regel 2-5 Tage.
Krankheitsdauer: Akut, kann innerhalb weniger Stunden zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen.
Dauer der Infektiosität: Bis 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikatherapie.
Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Stark gesunken in Ländern mit flächendeckender Hib-Impfung.
Erregerspezifische Immunität: Nach durchgemachter Erkrankung oder durch Impfung gegen Hib.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Akuter Beginn: Die Krankheit beginnt plötzlich mit hohem Fieber (39-40 °C) und heftigen Schluckbeschwerden.
- Atemnot: Innerhalb weniger Stunden entwickelt sich eine inspiratorische Dyspnoe (Atemnot), begleitet von einem inspiratorischen Stridor (pfeifendes Atemgeräusch beim Einatmen).
- Leitsymptome: Sabbern, kloßige Sprache, schnorchelnde Atmung, Atemnot.
- Erstickungsgefahr: Bei unbehandelter Epiglottitis kann es zu Erstickungsanfällen kommen, die unbehandelt innerhalb von 24 bis 48 Stunden zum Tod führen können.
Prognose
- Gute Prognose bei adäquater Therapie: Bei frühzeitiger Behandlung, einschließlich Antibiotika und gegebenenfalls Atemwegssicherung, ist die Prognose gut.
- Letalität: Die Sterblichkeit liegt je nach Schweregrad und Zeitpunkt der Behandlung zwischen 10 und 20 %.
- Komplikationen: Ohne Behandlung drohen akute Atemwegsobstruktion (Atemwegsverengungen) und Erstickung. Auch bei schneller Intervention können in seltenen Fällen Komplikationen wie eine Lungenentzündung oder Sepsis auftreten.
Die akute Epiglottitis erfordert eine sofortige notfallmedizinische Versorgung. Der Transport in eine Klinik sollte durch den Rettungsdienst und unter Begleitung eines Notarztes erfolgen.