Heuschnupfen (Allergische Rhinitis) – Einleitung

Die allergische Rhinitis (AR) – umgangssprachlich Heuschnupfen genannt – ist eine symptomatische Überempfindlichkeitsreaktion der Nase, die infolge Allergenexposition durch eine IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis) induziert wird [1]. 

Synonyme und ICD-10: allergische Rhinopathie; allergischer Schnupfen; pollenbedingte allergische Rhinitis, Heufieber oder Pollinose bzw. Pollinosis von lat. pollen = feines Mehl; Gräserpollenallergie; Heuallergie; Jakobs-Kreuzkraut-Pollenallergie; Kräuterpollenallergie; Pollenallergie; Roggenallergie; Rosenpollenallergie; Rhinitis allergica; Sommerkatarrh; ICD-10-GM J30.1: Allergische Rhinopathie durch Pollen

Die dadurch bedingten Beschwerden der Nase und Augen werden zusammengefasst als allergische Rhinokonjunktivitis (AR).

Die Erkrankung ist mit
 einem Anteil von über 50 % die häufigste Manifestation der Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis (Atopie).

Charakteristische Laborbefunde

Bei einer Pollenallergie (auch saisonale allergische Rhinitis oder Heuschnupfen genannt) gibt es keine spezifischen charakteristischen Laborbefunde, die allein für die Diagnose ausschlaggebend sind. Jedoch können einige Laboruntersuchungen durchgeführt werden, um die Diagnose zu unterstützen und das Ausmaß der allergischen Reaktion zu beurteilen. Diese beinhalten:

  • Erhöhte Gesamt-IgE-Spiegel: Allergische Reaktionen, einschließlich Pollenallergien, sind häufig mit erhöhten Immunglobulin E (IgE)-Spiegeln im Blut verbunden. Allerdings ist ein erhöhter IgE-Spiegel nicht spezifisch für eine Pollenallergie und kann auch bei anderen allergischen Erkrankungen oder atopischen Zuständen erhöht sein.
  • Spezifisches IgE: Nachweis von spezifischem IgE gegen bestimmte Pollenallergene im Blut (durch RAST oder ImmunoCAP-Tests). Ein erhöhter spezifischer IgE-Wert bestätigt die Sensibilisierung gegenüber den betreffenden Pollen.
  • Blutbild: Eine Eosinophilie (erhöhte Anzahl von Eosinophilen im Blut) kann bei allergischen Erkrankungen auftreten, ist jedoch nicht spezifisch für Pollenallergien.

Diese Laborbefunde unterstützen die Diagnose, sollten jedoch immer im Kontext mit der klinischen Anamnese und anderen diagnostischen Tests wie Hautpricktests oder Provokationstests interpretiert werden.

Ursachen

Die häufigsten Auslöser von allergischer Rhinitis sind Pollen von Bäumen, Sträuchern, Gräsern, Getreide oder Kräutern sowie andere Allergene wie Tierhaare, Milben oder Schimmelpilze.

Formen der allergischen Rhinitis

Die allergische Rhinitis wird nach dem ARIA-Dokument der WHO (2003) wie folgt klassifiziert:

  • Nach Schweregrad
    • Milde allergische Rhinitis: Symptome vorhanden, aber nicht lästig; keine Verschlechterung der Lebensqualität (Schlaf, schulische oder berufliche Leistungen, tägliche und sportliche Aktivitäten).
    • Moderate bis schwere allergische Rhinitis: Symptome vorhanden, im Regelfall auch lästig; Verschlechterung der Lebensqualität (Schlaf, schulische oder berufliche Leistungen, tägliche und sportliche Aktivitäten).
  • Nach Dauer
    • Intermittierende allergische Rhinitis: Symptome < 4 Tagen pro Woche oder < 4 aufeinanderfolgende Wochen.
    • Persistierende allergische Rhinitis: Symptome > 4 Tagen pro Woche oder > 4 Wochen.
  • Nach Auslösern
    • Saisonale allergische Rhinitis: Symptome treten nur zu bestimmten Jahreszeiten auf, abhängig von den saisonalen Allergenen (Pollen, Schimmelpilzsporen).
    • Perenniale allergische Rhinitis: Symptome treten ganzjährig auf, verursacht durch Allergene wie Tierhaare, Milben oder Schimmelpilze.
    • Beruflich bedingte allergische Rhinitis: Symptome treten im Zusammenhang mit beruflichen Allergenexpositionen auf.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer haben ein um 28 % höheres Risiko, an allergischer Rhinitis zu erkranken, als Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend im frühen Kindesalter auf; 80 % der Fälle brechen vor dem 30. Lebensjahr aus; zunehmend auch Erstmanifestationen bei Älteren.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz liegt in Deutschland bei etwa 16 %. Der Anteil an Kindern und Jugendlichen wird auf 15-39 % geschätzt. In Europa leiden ca. 23 % der Bevölkerung an einer allergischen Rhinitis, 50 % sind ganzjährig erkrankt.

Saisonale Häufung der Erkrankung: Die saisonale allergische Rhinitis tritt nur zu bestimmten Jahreszeiten auf, abhängig von den jeweiligen saisonalen Allergenen (Pollen, Schimmelpilzsporen), die über viele Monate des Jahres präsent sein können. Perenniale Allergene wie Milben zeigen saisonale Schwankungen bezüglich ihrer Konzentration.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Eine persistierende allergische Rhinitis hat ohne kausale Therapie (medizinische Behandlung, welche versucht, die Ursachen einer Erkrankung zu beseitigen) eine ungünstige Prognose und erfordert zudem eine ständige konservative Therapie (hier: medikamentöse Therapie).
  • Mit der Zeit können Betroffene allergische Reaktionen auf bestimmte Nahrungsmittel entwickeln (Kreuzallergien). Beispielsweise ist für eine Birkenpollenallergie eine später auftretende Allergie gegen Haselnüsse und Kernobst typisch.
  • Ohne Behandlung kann die allergische Rhinitis zu einer Verschlechterung der Lebensqualität führen, insbesondere durch Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und beeinträchtigte schulische oder berufliche Leistungen.

Prognose

  • Die Therapie der allergischen Rhinitis umfasst die Allergenkarenz (Maßnahmen, durch die man die Exposition gegenüber Allergenen teilweise oder vollständig vermeidet), die Pharmakotherapie (z. B. mit Antihistaminika, intranasalen Kortikosteroiden) sowie ggf. eine spezifische Immuntherapie (SIT; Hyposensibilisierung; Besserung bei Pollen- und Milbenallergie ca. 60-75 %).
  • Durch eine möglichst frühzeitig begonnene Therapie kann die Entwicklung von Asthma bronchiale ("Etagenwechsel") verhindert werden.
  • Eine frühzeitige und angemessene Behandlung kann die Symptome deutlich lindern, die Lebensqualität verbessern und das Risiko von Komplikationen und Folgeerkrankungen reduzieren.
  • Die Prognose ist in der Regel gut, wenn die Erkrankung frühzeitig diagnostiziert und adäquat behandelt wird. Bei einer effektiven SIT kann eine langfristige Remission der Symptome erreicht werden.

Komorbiditäten

Die allergische Rhinitis kann mit Asthma bronchiale, einem atopischen Ekzem (atopische Dermatitis, Neurodermitis), allergische Konjunktivitis (Bindehautentzündung) und Rhinosinusitis (gleichzeitige Entzündung der Nasenschleimhaut („Rhinitis“) und der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen ("Sinusitis")) vergesellschaftet sein. Des Weiteren kann die Krankheit von gastrointestinalen Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden), Nahrungsmittelallergie, Insomnie (Schlafstörungen) und Konzentrationsstörungen begleitet sein.
Patienten mit allergischer Rhinitis entwickeln doppelt so häufig ein Cholesteatom (Einwucherung von mehrschichtigem verhornendem Plattenepithel in das Mittelohr mit nachfolgender chronisch-eitriger Entzündung) [3].

Literatur

  1. DGAI: Leitlinie Allergische Rhinokonjunktivitis: Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI). Allergo J 2003; 12:182-194
  2. Grabenhenrich LB et al.: Prediction and prevention of allergic rhinitis: A birth cohort study of 20 years. J Allergy Clin Immunol 2015; online 11. Mai; doi: 10.1016/j.jaci.2015.03.040
  3. Kuo CL et al.: Increased Risk of Cholesteatoma Among Patients With Allergic Rhinitis: A Nationwide Investigation. Laryngoscope 2017 Aug 3. doi: 10.1002/lary.26220.

Leitlinien

  1. DGAI: Leitlinie Allergische Rhinokonjunktivitis: Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI). Allergo J 2003; 12:182-194
  2. Renz H: In-vitro-Allergiediagnostik. Rezensierte Publikation. JLM Band 39: Heft 4. Juli 2015 doi.org/10.1515/labmed-2015-0062
  3. S3-Leitlinie: Allergieprävention. (AWMF-Registernummer: 061-016), November 2022 Langfassung