Heiserkeit (Dysphonie) – Einleitung

Der Begriff Dysphonie – umgangssprachlich als Heiserkeit bezeichnet – beschreibt eine Stimmstörung, die durch eine raue, unreine oder belegte Stimme mit verändertem Klangbild gekennzeichnet ist. Diese Störung tritt in der Regel infolge von Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Larynx (Kehlkopf) und des Ansatzrohres auf.

Synonyme und ICD-10: hyperfunktionelle Dysphonie; hypofunktionelle Dysphonie; senile Dysphonie; ICD-10-GM R49.0: Dysphonie

Anatomie und Funktionen

Die Anatomie des Stimmapparates, insbesondere des Larynx (Kehlkopf) und des Ansatzrohres (der obere Teil des Vokaltrakts), ist entscheidend für die normale Stimmproduktion. Der Larynx beherbergt die Stimmlippen, die beim Sprechen oder Singen vibrieren und Schallwellen erzeugen. Diese Schallwellen werden durch das Ansatzrohr, das aus Rachen, Mund- und Nasenraum besteht, moduliert und formen die charakteristische Stimme jedes Menschen.

Larynx (Kehlkopf): Der Kehlkopf ist ein muskulös-knorpeliges Organ, das sich im Hals befindet. Er enthält die Stimmlippen, die durch die Kontraktion verschiedener Muskeln gespannt oder gelockert werden, was die Tonhöhe beeinflusst. Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Kehlkopfes, wie Entzündungen oder Tumoren, können die Schwingung der Stimmlippen beeinträchtigen und zu Dysphonie führen.

Ansatzrohr: Das Ansatzrohr beeinflusst die Resonanz und das Timbre der Stimme. Es besteht aus dem Rachen (Pharynx), der Mundhöhle und dem Nasenraum. Veränderungen in der Struktur oder Funktion dieser Bereiche, wie bei einer Vergrößerung der Rachenmandeln, einem Tumor oder einer Nasenpolypenbildung, können die Stimmqualität beeinflussen und ebenfalls zu Dysphonie beitragen.

Zusammen sorgen der Larynx und das Ansatzrohr für eine klare und stabile Stimme. Störungen in einem dieser Bereiche können zu einer Dysphonie führen, die sich als Heiserkeit oder verändertes Klangbild der Stimme manifestiert.

Einteilung der Dysphonie

1. Organische Stimmstörung 

  • Definition: Körperliche Gründe.
  • Ursachen:
    • Irreguläres Schwingungsverhalten zwischen der linken und rechten Stimmlippe (z. B. bei einer einseitigen Gewebevermehrung der Stimmlippe wegen Laryngitis/Kehlkopfentzündung: akute (42 %) und chronische (9,7 %) Laryngitiden [1]).
    • Inkompletter Glottisschluss bei Phonation/Stimmtonerzeugung, z. B. aufgrund:
      • Rekurrensparese (Stimmbandlähmung) (z. B. wegen operativer Eingriffe im Halsbereich, vor allem Schilddrüsenoperationen).
      • Tumoren (lokale Tumorerkrankungen des Kehlkopfes, der Speiseröhre, der Schilddrüse und der Lunge), die ein Phonationshindernis darstellen (gut- sowie bösartige Tumoren (10,7-31,0 % bzw. 2,2-3,0 %) [1]).

2. Funktionelle Stimmstörung 

  • Definition: Störungen der Kehlkopffunktion durch ein Ungleichgewicht der an der Stimmbildung beteiligten Muskulatur.
  • Varianten:
    • Hyperfunktionelle Dysphonie: Die an der Stimmbildung beteiligten Muskeln leisten einen zu hohen Kraftaufwand.
    • Hypofunktionelle Dysphonie: Unterfunktion der Muskeln im Kehlkopf, sodass die Stimmlippen nicht vollständig schließen, was zu einem hauchenden Geräusch in der Stimme führt.
  • Ursachen:
    • Konstitutionell – anlagebedingt oder Missverhältnis zwischen individueller Leistungsfähigkeit und stimmlicher Anforderung.
    • Habituell – erworbene, fehlerhafte, unökonomische Stimmtechnik.
    • Ponogene – vorliegen einer stimmlichen Überanstrengung.
    • Psychogene (2,0-2,2 % [1]).
    • Symptomatisch – z. B. bei einer konsumierenden Allgemeinerkrankung.

3. Mischformen

  • Kombinationen aus organischen und funktionellen Stimmstörungen.

Formen der Dysphonie

  • Akute Dysphonie:
    • Ursachen: Meist eine Laryngitis (Entzündung des Kehlkopfes) und/oder eine Entzündung der Stimmbänder.
  • Chronische Dysphonie:
    • Dauer: Länger als drei bis vier Monate.
    • Ursachen: Stimmbandknötchen, Stimmlippenpolypen, Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs), kongenitale (angeborene) Ursachen.

Eine Dysphonie kann Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter “Differentialdiagnosen“).

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Dies könnte auf die anatomischen und hormonellen Unterschiede sowie auf die häufigere stimmliche Belastung im beruflichen und privaten Umfeld zurückzuführen sein.

Alter

  • Dysphonien können in jedem Lebensalter auftreten, aber es gibt spezifische Häufigkeitsgipfel:
    • Kinder und Jugendliche: Häufig durch akute Laryngitiden oder stimmliche Überlastung bedingt.
    • Erwachsene: Vor allem funktionelle Stimmstörungen und beruflich bedingte Dysphonien.
    • Ältere Erwachsene: Altersbedingte Veränderungen der Stimmlippen und eine höhere Inzidenz chronischer Erkrankungen wie Larynxkarzinom.

Prävalenz: Lebenszeitprävalenz: Fast 30 % aller Menschen erleben im Laufe ihres Lebens eine Form von Dysphonie.

Berufsspezifische Häufigkeit

  • Berufliche Stimmnutzung: Personen in Berufen, die eine intensive Stimmnutzung erfordern, wie Lehrer, Sänger, Call-Center-Mitarbeiter und Schauspieler, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Dysphonien.
  • Studien zeigen, dass etwa 60 % der Lehrer im Laufe ihres Berufslebens Stimmprobleme entwickeln.

Geografische Unterschiede

  • Die Prävalenz von Dysphonien kann je nach geografischer Region und kulturellen Gewohnheiten variieren. Zum Beispiel kann die Häufigkeit in Ländern mit hoher Luftverschmutzung oder in Regionen mit hohem Tabakkonsum erhöht sein.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Dysphonie
    • Tritt häufig infolge einer Laryngitis (Kehlkopfentzündung) oder einer akuten Entzündung der Stimmbänder auf.
    • Die Symptome klingen in der Regel nach einigen Tagen bis wenigen Wochen ab, besonders wenn die auslösende Ursache behandelt wird.
  • Chronische Dysphonie
    • Entwickelt sich über einen längeren Zeitraum und hält über drei bis vier Monate oder länger an.
    • Kann durch persistierende Stimmbandknötchen, Stimmlippenpolypen oder bösartige Erkrankungen wie Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) verursacht werden.
    • Chronische Fälle erfordern eine gründliche diagnostische Abklärung und oft eine langwierige Therapie.

Prognose

  • Akute Dysphonie
    • Die Prognose ist in den meisten Fällen gut, und die Symptome verschwinden meist vollständig, sobald die auslösende Ursache beseitigt ist.
    • Akute Dysphonien sind in der Regel harmlos und selbstlimitierend.
  • Funktionelle Stimmstörungen
    • Die Prognose ist sehr gut, wenn eine frühzeitige und adäquate Stimmtherapie eingeleitet wird.
    • Funktionelle Stimmstörungen sprechen gut auf therapeutische Maßnahmen an, und die Stimme kann meist vollständig wiederhergestellt werden.
  • Chronische Dysphonie
    • Die Prognose hängt stark von der zugrunde liegenden Ursache ab.
    • Chronische Dysphonien, die durch gutartige Veränderungen wie Stimmbandknötchen verursacht werden, haben eine gute Prognose, wenn sie entsprechend behandelt werden.
    • Dysphonien, die durch bösartige Ursachen wie Larynxkarzinom verursacht werden, haben eine schlechtere Prognose und erfordern oft eine intensive medizinische Behandlung und Nachsorge.
  • Wichtige Hinweise
    • Ärztliche Abklärung
      • Jede Heiserkeit, die länger als drei Wochen besteht, muss ärztlich abgeklärt werden, um schwerwiegende Ursachen auszuschließen.
      • Eine anhaltende Heiserkeit ist mit einem 5,75-fachen Risiko für die Entwicklung eines Larynxkarzinoms (Kehlkopfkrebs) assoziiert.
  • Risikofaktoren
    • In einer Studie wurden weitere signifikante Risikofaktoren für ein Larynxkarzinom identifiziert, darunter Alkoholkonsum und Rauchen, Gewichtsverlust, Schwellung am Hals sowie Drogenmissbrauch [2].

Literatur

  1. Reiter R, Hoffmann TK, Pickhard A, Brosch S: Hoarsenesss – causes and treatments. Dtsch Artzebl Int 2015; 112: 329-37.
  2. Douglas CM et al.: Patterns of urgent hoarseness referrals to ENT—When should we be suspicious of cancer? Clinical Otolaryngology 6 January 2021 https://doi.org/10.1111/coa.13712