Meningeome – Strahlentherapie

Meningeome sind primär benigne (gutartige) Tumoren, die von den arachnoidalen Zellen (Zellen der weichen Hirnhaut) der Hirnhäute ausgehen. Sie stellen mit etwa einem Drittel aller primären intrakraniellen Neoplasien (Gehirntumoren) die häufigste Tumorart des zentralen Nervensystems bei Erwachsenen dar. Die WHO-Klassifikation unterscheidet drei Malignitätsgrade (Bösartigkeitsstufen) (Grad I–III), wobei die überwiegende Mehrzahl Grad-I-Tumoren entspricht. Die Strahlentherapie hat sich insbesondere bei inoperablen (nicht operierbaren), rezidivierten (wieder aufgetretenen) oder höhergradigen Meningeomen als wirksame Behandlungsoption etabliert.

Zielsetzung und Wirkung

  • Therapeutische Zielsetzung – Ziel der Strahlentherapie ist die langfristige Tumorkontrolle bei nicht vollständig resezierbaren (nicht vollständig operativ entfernbaren) oder höhergradigen Meningeomen (WHO-Grad II–III) sowie bei Rezidiven (Wiederauftreten des Tumors).
  • Wirkmechanismus – Die Strahlentherapie verursacht DNA-Doppelstrangbrüche (Schäden an der Erbsubstanz) und stört die Zellteilung, was zur Apoptose (programmierter Zelltod) und Wachstumshemmung der Tumorzellen führt. Besonders bei schnell wachsenden oder bösartig veränderten Tumoren zeigt sich eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Primär nicht operable Meningeome
    • Lokalisation in funktionell wichtigen Hirnarealen oder in der Nähe der Schädelbasis, mit hohem Risiko für neurologische Schäden.
  • Inkomplett resezierte Meningeome
    • Nach teilweiser operativer Entfernung mit verbliebenem Tumorrest, insbesondere bei WHO-Grad II–III.
  • Rezidivierte Meningeome
    • Bildgebend oder feingeweblich nachgewiesenes Tumorwachstum nach vorheriger Operation.
  • Histologisch atypische oder anaplastische Meningeome (WHO-Grad II–III)
    • Unterstützende (adjuvante) Strahlentherapie zur besseren lokalen Kontrolle und zur Vorbeugung eines Rückfalls.
  • Palliative Indikation
    • Linderung von Beschwerden bei inoperablen Tumoren oder wenn eine Operation nicht infrage kommt.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Absolute Kontraindikationen
    • Strahlenüberempfindlichkeit (z. B. bei genetisch bedingten Störungen der DNA-Reparatur).
  • Relative Kontraindikationen
    • Vorbestrahlung desselben Bereichs mit annähernd ausgeschöpfter maximaler Strahlendosis.
    • Schwangerschaft, außer bei akuter Lebensgefahr.

Das Verfahren (Anwendung und Durchführung)

  • Fraktionierte stereotaktische Radiotherapie (FSRT)
    • Standardverfahren bei großen Tumoren oder in der Nähe empfindlicher Strukturen. Gesamtdosis: 54-60 Gy, aufgeteilt in 1,8-2,0 Gy pro Tag über ca. 6 Wochen.
  • Radiochirurgie (z. B. Gamma Knife, CyberKnife)
    • Einmalige hochpräzise Bestrahlung mit 12-16 Gy bei kleinen, gutartigen Tumoren unter 3 cm.
  • 3D-konformale Radiotherapie oder intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT)
    • Geeignet bei komplex geformten Tumoren oder zur Behandlung verbleibender Tumorreste nach einer Operation.
  • Bildgestützte Planung
    • Kombination aus Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie) und Computertomographie (CT, Schichtröntgen) zur genauen Festlegung des Bestrahlungsvolumens.

Aktueller Stellenwert im Therapiekonzept

Die Strahlentherapie ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der Behandlung von Meningeomen. Während gutartige Meningeome (WHO-Grad I) in der Regel operativ entfernt werden, kommt die Strahlentherapie bei unvollständiger Entfernung, höhergradigen Tumoren oder Rückfällen zum Einsatz. Radiochirurgische Verfahren bieten bei kleinen, tief gelegenen Tumoren eine schonende Alternative zur Operation. Bei atypischen oder anaplastischen Meningeomen verbessert die Strahlentherapie das Rückfallrisiko und verlängert das krankheitsfreie Überleben.

Literatur

  1. Goldbrunner R, Weller M, Regis J et al.: EANO guidelines for the diagnosis and treatment of meningiomas. Neuro Oncol. 2021;23(11):1821-1834. doi: 10.1093/neuonc/noab150
  2. Rogers L, Barani I, Chamberlain M et al.: Meningiomas: knowledge base, treatment outcomes, and uncertainties. A RANO review. J Neurosurg. 2015;122(1):4-23. doi: 10.3171/2014.7.JNS131644
  3. Zhao L, Zhao W, Hou Y et al.: An Overview of Managements in Meningiomas. Front Oncol. 2020;10:1523. doi: 10.3389/fonc.2020.01523