Meningeome – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Meningeome dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie gutartige oder bösartige Tumorerkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Meningeome, Gliome)?
  • Sind in Ihrer Familie genetische Syndrome bekannt, die mit Tumoren in Zusammenhang stehen (z. B. Neurofibromatose Typ 2)?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Sind oder waren Sie in Ihrem Beruf schädigenden Einflüssen ausgesetzt, z. B.:
      • Ionisierende Strahlung (z. B. Radiologie, Nukleartechnik)?
      • Schadstoffe wie Lösungsmittel, Pestizide, Feinstaub, Schwermetalle?
      • Chronischer Lärm oder Vibrationen (z. B. Industrie, Bauwesen)?
    • Arbeiteten Sie in einem Beruf mit erhöhter Bildschirmtätigkeit oder ständiger Belastung durch künstliches Licht (z. B. Nachtschichten)?
    • Gab oder gibt es in Ihrem Beruf häufige Kopfbedeckungspflicht (z. B. Helmpflicht, Hitze- oder Kälteschutz), die mit Kopftraumata einhergingen?
    • Erleben Sie in Ihrem Beruf hohe körperliche oder psychische Belastungen?
    • Sind Sie derzeit berufsunfähig oder arbeitslos?
    • Haben Sie in Erwägung gezogen, aufgrund Ihrer Beschwerden vorzeitig in Rente zu gehen?
  • Psychosoziale Situation:
    • Bestehen derzeit psychosoziale Belastungsfaktoren (z. B. familiäre Konflikte, finanzielle Sorgen, Pflege von Angehörigen)?
    • Gibt es Unterstützung durch Familie, Freunde oder das soziale Umfeld im Alltag?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

Ein Meningeom wächst meist langsam, daher treten die Symptome oft schleichend auf und werden anfangs übersehen. Ein systematisches Erfragen hilft, subtile Zeichen zu erkennen.

  • Leiden Sie unter anhaltenden oder wiederkehrenden Kopfschmerzen? Haben sich diese in Intensität oder Lokalisation verändert?*
  • Kommt es bei Ihnen zu Übelkeit oder Erbrechen – insbesondere morgens oder in Verbindung mit Kopfschmerzen?*
  • Haben Sie einen oder mehrere Krampfanfälle erlebt?*
  • Sind Ihnen Lähmungserscheinungen an Armen oder Beinen aufgefallen?*
  • Haben Sie Sensibilitätsstörungen (z. B. Taubheitsgefühle, Kribbeln)?*
  • Leiden Sie unter Sehstörungen (z. B. Doppelbilder, Gesichtsfeldausfälle)?*
  • Ist Ihr Geruchs- oder Geschmackssinn beeinträchtigt?*
  • Hat sich Ihre Sprache verändert (z. B. Wortfindungsstörungen)?*
  • Haben Sie Gleichgewichtsstörungen oder Koordinationsprobleme?*
  • Sind bei Ihnen Störungen des Bewusstseins aufgetreten (z. B. Verwirrung, plötzlicher Orientierungsverlust)?*
  • Ist Ihnen oder Angehörigen eine Wesens- oder Verhaltensänderung aufgefallen (z. B. depressive Verstimmung, Antriebslosigkeit, Aggression)?*
  • Fällt Ihnen eine zunehmende Tagesmüdigkeit oder Leistungsschwäche auf?
  • Schmerzanamnese:
    • Seit wann bestehen die Kopfschmerzen?
    • Sind die Schmerzen kontinuierlich oder episodisch?
    • Wie würden Sie den Schmerz beschreiben (z. B. dumpf, drückend, pochend)?
    • Verstärken sich die Kopfschmerzen in bestimmten Situationen (z. B. beim Liegen, Husten oder Pressen)?
    • Treten die Schmerzen bevorzugt zu bestimmten Tageszeiten auf?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Haben sich bestehende Symptome verstärkt oder verändert?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie Gewicht verloren oder zugenommen? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Hat sich Ihr Appetit verändert (Appetitlosigkeit oder Heißhunger)?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit? Wie viel haben Sie heute schon getrunken?
  • Treiben Sie regelmäßig Sport? Wenn ja, wie oft pro Woche und welche Art?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Epilepsie (Krampfanfälle)?
    • Frühere Tumoren?
    • Hypertonie (Bluthochdruck)?
    • Neurologische Erkrankungen (z. B. Apoplex (Schlaganfall), Migräne)?
    • Gab es in der Vergangenheit Schädel-Hirn-Traumata?
  • Wurden bei Ihnen bereits operative Eingriffe am Kopf oder am zentralen Nervensystem durchgeführt?
  • Wurde bei Ihnen eine Strahlentherapie oder häufige Röntgenuntersuchungen oder Computertomographie (CT) im Kopf-Hals-Bereich durchgeführt?
  • Besteht ein vollständiger Impfschutz (z. B. gegen Meningokokken, FSME)?
  • Wurde eine Immuntherapie oder Impfung im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen durchgeführt?

Medikamentenanamnese

  • Cyproteron (synthetisches Progesteron-Derivat) [1]
    • Bei Patientinnen, die über Jahre hinweg täglich hohe Dosen (25 bis 50 Milligramm) des synthetischen Antiandrogens Cyproteron-Acetat (CPA) erhielten, zeigte sich ein klarer Dosis-Wirkungseffekt in einer mehr als Verzwanzigfachung des Meningeomrisikos (HR 21,7; 95-%-KI 10,8-43,5) für den Fall, dass die kumulative Dosis mehr als 60 g betrug [2].
      Fazit: Patientinnen, die über 3 bis 4 Jahre hohe Dosen von CPA einnehmen, sollten über dieses Risiko informiert werden.
  • Chlormadinonacetat oder Nomegestrolacetat, sind bei Patientinnen mit einem bestehenden Meningeom oder einem Meningeom in der Vorgeschichte kontraindiziert. Des Weiteren sind Arzneimittel, die Chlormadinonacetat (5-10 mg/Tablette) oder Nomegestrolacetat (3,75-5 mg/Tablette) enthalten, nur dann angezeigt, wenn andere Maßnahmen als ungeeignet angesehen werden. Bei der Therapie muss gewährleistet sein, dass die Patientin auf Meningeome überwacht wird [3].
  • Neben den oben genannten Gestagenen Cyproteron und Chlormadinon sind auch Medrogeston, Medroxyprogesteron, Nomegestrol  und Promegeston bei längerem Gebrauch mit einem erhöhten Meningeomrisiko verknüpft [4].

Umweltanamnese

  • Waren Sie langfristig ionisierender Strahlung oder Magnetfeldern ausgesetzt?
  • Haben Sie längere Zeit in einem Umfeld mit Umweltbelastung gelebt (z. B. Industrienähe, Altlastengebiete)?

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Gil M et al.: Risk of meningioma among users of high doses of cyproterone acetate as compared with the general population: evidence from a population‐based cohort study. BJCP 2011;72,6:965-968 https://doi.org/10.1111/j.1365-2125.2011.04031.x
  2. Weill A et al.: Use of high dose cyproterone acetate and risk of intracranial meningioma in women: cohort study BMJ 2021;372:n37
  3. Rote-Hand-Brief zu Chormadinon- und Nomegestrol-haltigen Arzneimitteln: Maßnahmen zur Minimierung des Meningeomrisikos AkdÄ Drug Safety Mail | 2022-45
  4. Roland N et al.: Use of progestogens and the risk of intracranial meningioma: national case-control study. BMJ 2024;384:e078078; https://doi.org/10.1136/bmj-2023-078078