Knochentumoren – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die verschiedenen Knochentumoren entwickeln sich unterschiedlich. Je nachdem, von welchem Gewebe die Neubildung ausgeht, ergibt sich folgende Einteilung von Knochentumoren:

  • Ossäre Tumoren – gehen von Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) oder Osteoblasten (knochenabbauende Zellen) aus
    • Osteoblastom (Synonym: Riesenosteoidosteom) (benigne/gutartig)
    • Osteoidosteom (benigne)
    • Osteom (benigne) – gestielter Knochentumor, spongiöse (schwammartige) Struktur
    • Osteosarkom (maligne/bösartig)
  • Knorplige Tumoren – gehen vom Knorpelgewebe aus
    • Chondroblastom (Codman-Tumor) (benigne)
    • Chondrosarkom (maligne) – auch sekundäres Auftreten (selten) (aufgrund von benignen Knochentumoren)
    • Enchondrom (benigne)
    • Osteochondrom (Synonym: kartilaginäre Exostose; Ekchondrom) (benigne)
  • Bindegewebige Tumoren (Synonym: Knochenfibrome) – gehen vom Bindegewebe aus
    • Desmoplastisches Knochenfibrom (benigne)
    • Fibröse Knochendysplasie (Jaffe-Lichtenstein) (benigne)
    • Nichtossifizierendes Fibrom (NOF) (benigne)
    • Ossäres Fibrosarkom (maligne)
    • Ossifizierendes Knochenfibrom (Synonym: Osteofibrom) (semimaligne)
  • Histiozytäre Knochentumoren
    • Benignes fibröses Histiozytom (benigne)
    • Malignes fibröses Histiozytom (MFH) (maligne)
    • Riesenzelltumor (Osteoklastom) (benigne)
  • Osteomyelogene Tumoren – gehen vom Knochenmarksraum aus
    • Ewing-Sarkom (maligne)
    • Plasmozytom (Synonyme: Medulläres Plasmozytom; Multiples Myeolom, Morbus Kahler) (maligne)
  • Knochenhämangiom – geht von den Gefäßen des Knochens aus

Zusammenfassung

Die verschiedenen Knochentumoren weisen vielfältige Entstehungsmechanismen auf, die von der Herkunft des Tumorgewebes abhängen. Gutartige Tumoren wie das Osteom oder Enchondrom wachsen langsam und metastasieren selten, während maligne Tumoren wie das Osteosarkom oder Ewing-Sarkom aggressiv sind und sich häufig auf andere Organe ausbreiten. Die Pathogenese dieser Tumoren variiert stark, je nachdem, ob sie aus Knochenzellen, Knorpelzellen, Bindegewebe oder aus dem Knochenmark stammen.

Zur differenzierten Pathogenese siehe beim jeweiligen Knochentumor.

Ätiologie (Ursachen)

Die genauen Ursachen für Knochentumoren sind noch ungeklärt. Es ist zu beobachten, dass sowohl benigne (gutartige) als auch maligne (bösartige) Tumoren gehäuft familiär auftreten. So scheint das Chondrosarkom mit einer genetischen Disposition assoziiert zu sein, während man diesen Einfluss für das Ewing-Sarkom nicht beobachten konnte.
Kinder und Jugendliche mit genetisch bedingten Krankheiten wie Morbus Paget (Erkrankung des Skelettsystems mit Knochenumbau) erkranken häufiger an einem Osteosarkom.

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern (Chondrosarkom, Osteochondromatose (multiple osteokartilaginäre Exostosen))
    • Die Osteochondromatose wird autosomal-dominant vererbt.
      • Bekannte chromosomale Defekte: auf Chromosom 8q24 [EXT1] und 11p11-13 [EXT2]
    • Genetische Erkrankungen (sekundäres Osteosarkom)
      • Beidseitiges Retinoblastom – bösartige Neubildung des Auges
      • Bloom Syndrom (BLM) – seltene Erkrankung; Symptome: erhöhtes Tumorrisiko insb. für Leukämien und solide Tumoren, Lichtempfindlichkeit, Pigmentfehler, Störungen der Fruchtbarkeit, Wachstumsstörungen
      • Li-Fraumeni-Syndrom – autosomal-dominant vererbbare Erkrankung, die zu multiplen Tumoren (u. a. Astrozytome) führt
  • Ethnische Herkunft – Kaukasier (Weiße) sind häufiger von einem Ewing-Sarkom betroffen, Asiaten nur selten und Afro-Amerikaner nahezu nie.
  • Lebensalter – zunehmendes Alter (die Inzidenz von Metastasen steigt an)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Primäre benigne (gutartige) Knochentumoren – erhöhtes Risiko für sekundäre maligne Knochentumoren (Chondrosarkom)
  • Für das sekundäre Osteosarkom:
    • Fibröse Dysplasie (Synonym: Jaffe-Lichtenstein) – Systemerkrankung des Skeletts, die in der Kindheit beginnt und die nur einen Knochen (monostotisch) oder mehrere Knochen befallen (polyostotisch) kann. Durch Markfibrose (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes) und Spongiosierung (porös-schwammartiger, krankhafter Umbau des Knochengewebes) der Kompakta (äußere Randschicht des Knochens) verlieren die betroffenen Knochen an Tragfähigkeit; sporadisches Auftreten
    • Knocheninfarkt – durch  unterschiedliche Ursachen ohne Vorhandensein einer Infektion (aseptisch)
    • Multiple Osteochondrome
    • Morbus Paget (Synonyme: Morbus Paget des Knochens) – Erkrankung des Skelettsystems mit Knochenumbau
    • Osteomyelitis – akute oder chronische Entzündung des Knochens und Knochenmarks, meist aufgrund einer bakteriellen Infektion; Kombination aus Ostitis und Myelitis (Knochenmark/Rückenmark)
  • Für das sekundäre maligne fibröse Histiozytom (MFH):
    • bei MFH der Haut
      • in Narbengewebe
      • in Stellen chronischer Entzündung
      • in bestrahlten Arealen (Radiatio/Strahlentherapie)
    • Enchondrom – benigner (gutartiger) Knochentumor, der vom Knorpelgewebe ausgeht
    • Fibröse Dysplasie – Fehlbildung des Knochengewebes, das heißt die Knochen bilden geschwulstartige Ausstülpungen
    • Knochenfraktur (Knochenbruch)
    • Knocheninfarkt (Untergang von Knochengewebe)
    • Morbus Paget – Erkrankung des Skelettsystems, bei der es allmählich zu einer Verdickung mehrerer Knochen
    • Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung)
  • Folgende andere Primärtumoren können zu Knochenmetastasen – sekundäre maligne Knochentumoren – führen:
    • Mammakarzinom (Brustkrebs) (50-85 %)
    • Prostatakarzinom (Prostatakrebs) (50-75 %)
    • Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) (30-50 %)
    • Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs) (30-45 %)
    • Schilddrüsenkarzinom (Schilddrüsenkrebs) (ca. 30 %)
    • Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) (5-10 %)
    • Kolorektale Karzinome (Dickdarmkrebs) (5-10 %)
    • Magenkarzinom (Magenkrebs) (5-10 %)
    • Leberzellkarzinom (Leberkrebs) (ca. 8 %)
    • Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) (2-6 %)
    • in 3-10 % der Fälle findet sich kein Primärtumor
    Lokalisation (absteigend nach Häufigkeit): Lunge, Leber, Skelett
    Lokalisation im Skelett: Wirbelkörper, Becken, Rippen, proximales (zur Körpermitte hin) Femurende (Ende des Obeschenkelknochens), Humerus (Oberarmknochen)

Radioaktive Exposition

Röntgenstrahlen

Tumortherapien

Bei Menschen, die sich in ihrer Kindheit aufgrund einer anderen Tumorerkrankung einer Chemotherapie und/oder Radiatio (Strahlentherapie) unterziehen mussten, treten häufiger Knochentumoren auf. Durch die aggressiven Tumortherapien wird das Genom (Erbmaterial) der Osteoblasten verändert.
Dies trifft vor allem für die primären malignen Knochentumoren Chondrosarkom, Ewing-Sarkom und Osteosarkom zu.