Hyperprolaktinämie – Prolaktinom – Strahlentherapie

Das Prolaktinom ist das häufigste hormonaktive Hypophysenadenom (gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse) und führt durch eine übermäßige Prolaktinsekretion (Produktion des Hormons Prolaktin) zu endokrinen und neurologischen Symptomen. Die primäre Therapie besteht in der medikamentösen Behandlung mit Dopaminagonisten (Medikamente, die die Prolaktinproduktion hemmen). Bei Therapieversagen, Unverträglichkeiten oder tumorbedingten Komplikationen kann eine Strahlentherapie als alternative oder adjuvante Maßnahme erwogen werden.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Strahlentherapie wird bei Prolaktinomen in folgenden Situationen eingesetzt:

  • Therapieresistenz gegenüber Dopaminagonisten (Unwirksamkeit von Medikamenten, die die Prolaktinproduktion hemmen) – Persistierende Hyperprolaktinämie (zu hoher Prolaktinspiegel) trotz medikamentöser Therapie
  • Unverträglichkeit oder Nebenwirkungen der Medikation – Insbesondere bei kardiovaskulären oder neurologischen Komplikationen durch Dopaminagonisten
  • Progressives Wachstum des Tumors – Insbesondere bei Makroprolaktinomen (Prolaktinome mit einer Größe über 10 mm) mit Chiasmakompression (Druck auf die Sehnervenkreuzung) oder Infiltration benachbarter Strukturen
  • Unvollständige Tumorresektion nach chirurgischer Therapie – Zur Residualtumorkontrolle und zur Prolaktinsenkung
  • Patientenwunsch oder Kontraindikation für eine Operation – Wenn eine transsphenoidale Resektion (operative Entfernung durch die Nase) nicht möglich oder gewünscht ist

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Die Strahlentherapie ist in folgenden Fällen kontraindiziert:

  • Geringe Prolaktinwerte mit milden Symptomen – Keine Indikation zur invasiven Therapie
  • Schwangerschaft oder geplanter Kinderwunsch – Strahlenexposition der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) birgt potenzielle Risiken für die Fertilität (Fruchtbarkeit)
  • Hypophyseninsuffizienz (Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse) mit schwerer Nebennieren- oder Schilddrüseninsuffizienz – Risiko einer weiteren Verschlechterung der Hormonregulation
  • Fehlende Tumorprogredienz (kein Wachstum des Tumors) oder stabile Symptome unter medikamentöser Therapie

Verfahrensbeschreibung

Die Strahlentherapie des Prolaktinoms erfolgt in der Regel als hochpräzise Radiochirurgie (einmalige hoch dosierte Strahlenbehandlung) oder als fraktionierte perkutane Strahlentherapie (mehrmalige Bestrahlung durch die Haut hindurch).

  • Stereotaktische Radiochirurgie (SRS – gezielte Strahlenbehandlung mit hoher Dosis) – Einmalige hoch dosierte Bestrahlung (z. B. Gamma-Knife, CyberKnife) mit gezielter Tumorablation
  • Fraktionierte konventionelle Strahlentherapie (EBRT – mehrfache Bestrahlungssitzungen mit moderater Dosis) – Mehrere Sitzungen mit moderater Dosis zur Tumorkontrolle

Die Wahl des Verfahrens hängt von der Tumorgröße, der Nähe zum Chiasma opticum (Sehnervenkreuzung) und individuellen Patientenkriterien ab.

Therapiedurchführung

  • Planung – Präzise Lokalisierung des Tumors mittels Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT)
  • Fixierung – Verwendung einer stereotaktischen Maske (Haltevorrichtung für präzise Bestrahlung) oder eines Rahmens zur Stabilisierung
  • Dosisregime (Bestrahlungsdosis und Anzahl der Sitzungen)
    • Radiochirurgie: Einzeldosis von 12-25 Gray (Gy – Maßeinheit für die Strahlendosis)
    • Fraktionierte Strahlentherapie: Gesamtdosis 45-54 Gy in 25-30 Sitzungen
  • Durchführung – Applikation der Strahlendosis unter Bildführung (Steuerung der Strahlenanwendung durch Bilderkennung) zur maximalen Schonung der umgebenden Strukturen

Erfolgsaussichten und Ansprechraten

  • Prolaktinsenkung (Verringerung des Prolaktinspiegels im Blut) – Erfolgreiche Senkung des Prolaktinspiegels in bis zu 80 % der Fälle nach SRS (stereotaktischer Radiochirurgie)
  • Tumorwachstumshemmung (Verhinderung des Tumorwachstums) – Langfristige Kontrolle der Tumorprogression in über 90 % der Fälle
  • Zeitlicher VerlaufProlaktinreduktion meist innerhalb von Monaten bis Jahren, während die Tumorkontrolle sofort eintritt

Faktoren, die den Erfolg beeinflussen:

  • Tumorgröße (Größe des Prolaktinoms) und initialer Prolaktinspiegel (anfängliche Prolaktinkonzentration im Blut)
  • Nähe zu kritischen Strukturen (z. B. Sehbahn)
  • Vorbestehende Hypophysenfunktion (bereits bestehende Hormonproduktion der Hirnanhangsdrüse)

Vergleich mit alternativen Verfahren

Methode Technik Vorteile Nachteile
Dopaminagonisten (Medikamente, die die Prolaktinproduktion hemmen) Medikamentöse Therapie Nicht-invasiv, schnell wirksam Nebenwirkungen, mögliche Therapieresistenz
Transsphenoidale Chirurgie (operative Tumorentfernung durch die Nase) Operative Tumorresektion Rasche Prolaktinsenkung, Gewebeentfernung Operationsrisiken, unvollständige Resektion möglich
Strahlentherapie (SRS, EBRT – gezielte Bestrahlung oder fraktionierte Therapie) Radiochirurgie oder fraktionierte Bestrahlung Langfristige Tumorkontrolle, einmalige Behandlung möglich Verzögerte Prolaktinsenkung, Risiko für Hypophyseninsuffizienz

Fazit

Die Strahlentherapie stellt eine wichtige alternative oder ergänzende Behandlung des Prolaktinoms dar, insbesondere bei Therapieresistenz (Unwirksamkeit der medikamentösen Behandlung) oder Inoperabilität (Unmöglichkeit einer operativen Entfernung). Während Dopaminagonisten als Erstlinientherapie dominieren, bietet die Radiochirurgie eine präzise und effektive Option zur langfristigen Kontrolle von Makroprolaktinomen. Allerdings muss das Risiko einer Hypophyseninsuffizienz stets berücksichtigt und die Patienten sorgfältig endokrinologisch nachbetreut werden.