Zwangsstörungen – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Zwangsstörung hinweisen:

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine Zwangsstörung und werden oft zuerst bemerkt:

  • Zwangsgedanken/-vorstellungen ("obsessions"): Unangenehme Gedanken, Vorstellungen und Handlungsimpulse (Intrusionen), die sich unkontrollierbar aufdrängen [1]. Dazu gehören:
    • Kontaminationsgedanken: Angst vor Verunreinigung, Ansteckung oder Vergiftung (ca. 50 % der Betroffenen [4-6])
    • Pathologische Zweifel: Angst, etwas Wichtiges vergessen oder falsch gemacht zu haben (ca. 42 % [4-6])
    • Somatische Zwangsgedanken: Zwanghafte Befürchtungen, an einer Krankheit zu leiden (ca. 33 % [4-6])
    • Symmetriebedürfnis: Der Drang, Dinge in perfekter Symmetrie oder Ordnung zu halten (ca. 32 % der Betroffenen [4-6])
  • Zwangshandlungen ("compulsions"): Ritualisierte Gedanken- und Handlungsketten (compulsions), wodurch sich die Betroffenen Erleichterung von Anspannung und Befürchtung versprechen [1]; Zwangshandlungen können thematisch unterschieden werden in:
    • Wasch-, Reinigungs- und Putzzwänge: Häufiges Waschen oder Reinigen, um das Gefühl von Verunreinigung zu vermeiden (ca. 60 % der Betroffenen [4-6]).
    • Kontroll- und Ordnungszwänge: Ständiges Überprüfen von Objekten oder die Notwendigkeit, Dinge in perfekter Ordnung zu haben (ca. 60 % der Betroffenen [4-6]).

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Erschöpfung durch die ständige Wiederholung von Zwangshandlungen: Ca. 40 % der Betroffenen berichten über Müdigkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten.
  • Soziale Isolation: Viele Patienten ziehen sich aufgrund von Scham oder Angst vor Kritik aus dem sozialen Leben zurück (ca. 30 %).

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Nervosität oder erhöhte Stressanfälligkeit: Ca. 20 % der Betroffenen fühlen sich durch den ständigen Druck und die Rituale emotional überlastet.

ICD-10-GM Forschungskriterien der Zwangsstörung [2]

Kriterien
Merkmale
A
  • Entweder Zwangsvorstellungen („obsessions“) Zwangsgedanken bzw. Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen (oder beides) an den meisten Tagen über einen Zeitraum ≥ 2 Wochen
B
Zwangsgedanken (Ideen oder Vorstellungen) und Zwangshandlungen („compulsions“) zeigen sämtliche folgende Merkmale:
  1. Sie werden als eigene Gedanken/Handlungen von den Betroffenen angesehen und nicht als von anderen Personen oder Einflüssen eingegeben.
  2. Sie wiederholen sich dauernd und werden als unangenehm empfunden, und mindestens ein Zwangsgedanke oder eine Zwangshandlung wird als übertrieben und unsinnig anerkannt.
  3. Die Betroffenen versuchen, Widerstand zu leisten (bei lange bestehenden Zwangsgedanken und Zwangshandlungen kann der Widerstand allerdings sehr gering sein). Gegen mindestens einen Zwangsgedanken oder eine Zwangshandlung wird gegenwärtig erfolglos Widerstand geleistet.
  4. Die Ausführung eines Zwangsgedankens oder einer Zwangshandlung ist für sich genommen nicht angenehm (dies sollte von einer vorübergehenden Erleichterung von Spannung und Angst unterschieden werden).
C
  • Die Betroffenen leiden unter den Zwangsgedanken und Zwangshandlungen oder werden in ihrer sozialen oder individuellen Leistungsfähigkeit behindert, meist durch den besonderen Zeitaufwand. 
D
  • Häufigstes Ausschlusskriterium: Die Störung ist nicht bedingt durch eine andere psychische Störung, wie Schizophrenie und verwandte Störungen oder affektive Störungen

Literatur

  1. Saß H, Wittchen HU, Zaudig M. Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen. (DSM-IV-TR). Hogrefe, Göttingen, Bern 2003
  2. Dilling H, Freyberger HJ. Taschenführer zur ICD-10- Klassifikation psychischer Störungen. 3. Auflage 2006. Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern 1 999/2001/2006
  3. S3-Leitlinie: Zwangsstörungen. (AWMF-Registernummer: 038-017), Mai 2013 Kurzfassung Langfassung
  4. Rasmussen SA, Eisen JL: Clinical and epidemiologic f indings of significance to neuropharma- cologic trials in OCD. Psychopharmacol Bull 1988. 2 4(3):466-70
  5. Rasmussen SA, Eisen JL: The epidemiology and clinica l features of obsessive compulsive disorder. Psychiatr Clin North Am 1992. 15(4):743-5 8
  6. Rasmussen SA, Eisen JL: The epidemiology and differential diagnosis of obsessive compulsive disorder. J Clin Psychiatry 1994. 55(Suppl):5- 10; discussion 11-4

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Zwangsstörungen. (AWMF-Registernummer: 038-017), Mai 2013 Kurzfassung Langfassung