Bruxismus (Zähneknirschen) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Ursachen für einen primären Bruxismus sind bislang nicht bekannt. Eine mögliche Erklärung ist eine gestörte Kiefergelenkfunktion: Durch einen fehlerhaften oder nicht vorhandenen Zusammenbiss des Ober- und Unterkiefers reiben die beiden Zahnreihe gegeneinander, wodurch sich folglich der Muskeltonus (Muskelspannung) erhöht und zu einer Fehl- bzw. Überlastung der Kaumuskulatur führt.
Es kann sich bei Bruxismus aber auch um eine erworbene Angewohnheit handeln.

Der sekundäre Bruxismus tritt als Folge verschiedener Erkrankungen oder anderer Faktoren auf (siehe unten).

Der Wachbruxismus (WB) scheint eher durch emotionale Ursachen bedingt zu sein und der Schlafbruxismus (SB) durch zentralnervöse Störungen.

Bei Erwachsenen besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen WB und myofaszialen Schmerzen, d. h. Schmerzen im Mund-, Rachen-, Gesichts- und Halsbereich.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung – ein spezifischer Gendefekt bedingt ein höheres Risiko für Bruxismus [5]
    • Folgende genetische Erkrankungen sind mit Bruxismus assoziiert:
      • Angelman-Syndrom – seltene genetische Veränderung auf Chromosom 15, die mit psychischen und motorischen Entwicklungsverzögerungen sowie kognitiver Behinderung, Hyperaktivität und einer stark reduzierten Lautsprachentwicklung einhergeht
      • Prader-Willi-Syndrom (PWS; Synonyme: Prader-Labhard-Willi-Fanconi-Syndrom, Urban-Syndrom und Urban-Rogers-Meyer-Syndrom) – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, die bei ca. 1 : 10.000 bis 1 : 20.000 Geburten auftritt; charakteristisch sind u. a. ein ausgeprägtes Übergewicht bei fehlendem Sättigungsgefühl, Minderwuchs und Intelligenzminderung
      • Rett-Syndrom – genetische Erkrankung mit X-chromosomal-dominantem Erbgang, somit nur bei Mädchen auftretende tiefgreifende Entwicklungsstörung durch eine frühkindliche Enzephalopathie (Sammelbegriff für krankhafte Veränderungen des Gehirns)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 20 g/Tag; Mann: > 30 g/Tag) – hoher Alkoholkonsum ist mit einem 1,9-fachem Risiko für Bruxismus assoziiert [6]
    • Koffeinkonsum (> 8 Tassen pro Tag) – 1,4-faches Risiko für Bruxismus [1, 5, 7]
    • Tabak (Rauchen) – Studien zeigen eine dosisabhängige Beziehung zwischen Rauchen und Bruxismus [1, 2]; Raucher haben ein 1,6- bis 2,85-faches Risiko für Bruxismus
    • Passivrauchen – Kinder rauchender Eltern haben ein erhöhtes Risiko für Bruxismus [3-5]
  • Drogenkonsum
    • Amphetamine
    • Ectasy (Synonym: Molly; MDMA: 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin) 
    • Kokain
  • Psycho-soziale Situation
    • Angststörung
    • Stress
      • Kinder: von geschiedenen Eltern, berufstätigen Muttern; Licht und Geräusche im Schlafzimmer; häufiges Streiten in der Familie
    • Schichtarbeit

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Insomnie (Schlafstörungen)
  • Koma
  • Pyrosis (Sodbrennen)
  • Reflux (Rückfluss von saurem Magensaft und anderen Mageninhalten in den Ösophagus (Speiseröhre)) – bei bestehendem Reflux liegt die Prävalenz für einen Schlafbruxismus (SB) bei 74 % [5, 8]
  • Rhonchopathie (Schnarchen)
  • Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
  • Schlafapnoe (Atemstillstände während des Schlafs) – Risiko von 3,96 [9]

Medikamente

  • Antidepressiva
  • Antikonvulsiva
  • Antipsychotika
  • Antihistaminika
  • Dopaminerge Medikamente
  • Kardio-aktive Medikamente
  • Narkotika

Weiteres

  • Veränderte Bisslage durch fehlerhafte Zahnkontakte – bereits eine Abweichung von 0,01 mm wird von Kiefergelenk wahrgenommen; daher ist es wichtig, dass Kronen, Brücken etc. perfekt angepasst sind

Literatur

  1. Bertazzo-Silveira E, Kruger CM, Porto De Toledo I, Porporatti AL, Dick B, Flores-Mir C et al.: Association between sleep bruxism and alcohol, caffeine, tobacco, and drug abuse: A systematic review. J Am Dent Assoc 2016; 147: 859-866 e4
  2. Rintakoski K, Ahlberg J, Hublin C, Broms U, Madden PAF, Könönen M et al.: Bruxism is associated with nicotine dependence: a nationwide Finnish twin cohort study. Nicotine Tob Res 2010; 12: 1254-1260
  3. Castroflorio T, Bargellini A, Rossini G, Cugliari G, Deregibus A, Manfredini D: Agreement between clinical and portable EMG/ECG diagnosis of sleep bruxism. J Oral Rehabil 2015; 42: 759-764
  4. Guo H, Wang T, Niu X, Wang H, Yang W, Qiu J et al.: The risk factors related to bruxism in children: A systematic review and meta-analysis. Arch Oral Biol 2018; 86: 18-34
  5. Kuhn M, Türp JC: Risikofaktoren für Bruxismus – Eine Literaturübersicht von 2007 bis 2016. Swiss Dent J 2018; 128: 125-129
  6. Hojo A, Haketa T, Baba K, Igarashi Y: Association between the amount of alcohol intake and masseter muscle activity levels recorded during sleep in healthy young women. Int J Prosthodont 2007; 20: 251-255
  7. Rintakoski K, Kaprio J: Legal psychoactive substances as risk factors for sleep-related bruxism: a nationwide Finnish Twin Cohort study. Alcohol Alcohol 2013; 48: 487-494
  8. Mengatto CM, Dalberto Cda S, Scheeren B, Barros SG: Association between sleep bruxism and gastroesophageal reflux disease. J Prosthet Dent 2013; 110: 349-355
  9. Hosoya H, Kitaura H, Hashimoto T, Ito M, Kinbara M, Deguchi T et al.: Relationship between sleep bruxism and sleep respiratory events in patients with obstructive sleep apnea syndrome. Sleep Breath 2014; 18: 837-844

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Behandlung des Bruxismus. (AWMF-Registernummer: 083-027), Mai 2019 Langfassung