Werkzeugstörungen – Einleitung

Werkzeugstörungen bezeichnen Störungen sogenannter höherer Hirnleistungen. Dies sind Funktionen wie Lesen, Schreiben, Erkennen, die jeweils bestimmten Hirnrindenarealen zuzuordnen sind.

Thesaurussynonyma und ICD-10: Absolute Agraphie; Agnosie; Agnosie des Körperschemas; Agnosie sonstiger Sinne; Agrammatismus; Agraphie; Akalkulie; akustische Agnosie; akustische Amnesie; Alexie; Amimie; Amusie; Anomie; Anton-Babinski-Syndrom; Apraxie; Asymbolie; Auditorische Amnesie; Autotopagnosie; Bianchi-Syndrom; Dysgrammatismus; Dyskalkulie; Dyslexie; Dysnomie; Echolalie; Entwicklungsbedingte Alexie; Entwicklungsbedingte Dyslexie; entwicklungsbedingte Lesestörung; Entwicklungsdyslexie; Entwicklungsstörung der Lesefähigkeit; Entwicklungsstörung der Rechtschreibfähigkeit; Ideokinetische Apraxie; ideomotorische Apraxie; klassische Apraxie; Leserückstand; Leseschwierigkeiten; Lesestörung; motorische Apraxie; optische Agnosie; Palilalie; Perseveration; Pragmatagnosie; Rechtschreibstörung bei Lesestörung; Seelenblindheit; Seelentaubheit; sekundäre Strephosymbolie durch organische Schädigung; Sprachverlust; Stereoagnosie; Strephosymbolie; symbolische Dysfunktion a.n.k.; Taktile Agnosie; Tonische Perseveration; Umschriebene Lesestörung; Umschriebene Rechtschreibschwierigkeiten; verbale Agnosie; verbale Apraxie; visuelle Agnosie; Werkzeugstörung; ICD-10-GM R48.-.: Dyslexie und sonstige Werkzeugstörungen, anderenorts nicht klassifiziert; ICD-10-GM F81.0: Lese-Rechtschreibstörung

Formen der Werkzeugstörungen

  • Dyslexie/Alexie (ICD-10-GM R48.0: Dyslexie und Alexie, ICD-10-GM F81.0: Lese-Rechtschreibstörung) ‒ eingeschränktes Lesevermögen/Leseunvermögen; Alexie: Verlust der Lesefähigkeit trotz normaler Sehfunktion
  • Agnosie (ICD-10-GM R48.1: Agnosie) ‒ Erkennungsstörung trotz intakter Wahrnehmung; differenzierbar in akustische- "Seelentaubheit", optische- "Seelenblindheit", pragmatische-, taktile-, visuelle Agnosie; tritt selten auf; Unfähigkeit, Objekte, Personen oder Geräusche trotz intakter Sinnesorgane zu erkennen
  • Apraxie (ICD-10-GM R48.2: Apraxie) ‒ erlernte Handlungen/Bewegungen können trotz erhaltener Wahrnehmungs- und Bewegungsfähigkeit nicht ausgeführt werden
  • Sonstige und nicht näher bezeichnete Werkzeugstörungen (ICD-10-GM R48.8: Sonstige und nicht näher bezeichnete Werkzeugstörungen)
    • Agraphie ‒ Unfähigkeit des Schreibens trotz erhaltener Motorik sowie erhaltenem Intellekt
    • Akalkulie* ‒ Unfähigkeit zu rechnen, trotz erhaltenem Intellekt

*20-60 % der Betroffenen zeigen assoziierte Lernprobleme wie beispielsweise eine Lese-Rechtschreib-Störung oder ein Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS).

Ursachen

  • Apoplexe (Schlaganfälle)
  • Traumata
  • Tumoren
  • Neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Alzheimer-Krankheit)
  • Infektionen (z. B. Enzephalitis/Gehirnentzündung)

Differentialdiagnosen

  • Demenz
  • Aphasie (erworbene Sprachstörung)
  • Intellektuelle Behinderungen
  • Psychische Störungen

Werkzeugstörungen treten nach Hirnläsionen auf oder sind Ausdruck kindlicher Entwicklungsstörungen. Sie können Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen").

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Gleich häufig bei Männern und Frauen

Häufigkeitsgipfel
: Abhängig von der Grunderkrankung; häufig im höheren Lebensalter

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit)

  • Variiert je nach spezifischer Störung und Grunderkrankung
  • Dyslexie: ca. 5-17 %

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Abhängig von der Grunderkrankung, z. B. Schlaganfällen oder neurodegenerativen Erkrankungen

Verlauf

Der Verlauf einer Werkzeugstörung hängt stark von der zugrunde liegenden Ursache ab.

  • Abhängig von der Grunderkrankung und der betroffenen Hirnregion
  • Akute Störungen können sich teilweise zurückbilden, chronische Störungen sind meist irreversibel

Prognose

Die Prognose ist variabel und stark abhängig von der Art und Ursache der Störung:

  • Dyslexie/Alexie: Frühe Diagnose und Intervention können die Lese- und Schreibfähigkeiten verbessern, wobei vollständige Heilung selten ist.
  • Agnosie: Die Prognose variiert stark je nach betroffenem Sinn und Schweregrad der Läsion. Rehabilitation kann zu Verbesserungen führen, vollständige Wiederherstellung ist jedoch selten.
  • Apraxie: Intensive Therapie kann die Durchführung einfacher Handlungen verbessern, vollständige Heilung ist selten.
  • Sonstige Werkzeugstörungen: Prognose abhängig von spezifischen Ursachen und Therapien.