Urophilie

Urophilie (Urolagnie, Undinismus), auch als "Wassersport", "Goldene Dusche“ (Golden Shower), „Goldener Regen“, „Golden-Waterfalls“, „Natursekt (NS)“, „Wet Games“ (Nassspiele, Pissspiele,Pissing)“ bezeichnet, ist eine sexuelle Vorliebe, aktiv oder passiv, bei der Menschen sexuell erregt werden, wenn sie in Kontakt mit Urin geraten oder ihn verwenden.

Diese Vorliebe kann verschiedene Formen annehmen, einschließlich des Beobachtens, des Gebens oder des Empfangens von Urin während sexueller Aktivitäten. Andere finden sexuell Erregung, indem sie in Urin eintauchen oder Gegenstände (z. B. Kleidung) in Urin tränken oder Urin trinken [1, 2, 3].

Urophilie kann als Fetisch betrachtet werden, da sie eine spezifische sexuelle Vorliebe für Urin oder urinbezogene Aktivitäten beinhaltet.

Die Urinliebhaber werden „Urophilisten“, auch „Regenmäntel“ (Raincoats) genannt. Urophilisten finden innerhalb der BDSM-Community leicht Gleichgesinnte und verabreden sich zu entsprechenden Praktiken, inkl. Rollenspiele. Außerhalb der Szene ist es nicht leicht, einen Partner zu finden, der eine Golden Shower bevorzugt oder bereit ist, eine auszuprobieren. Hier gilt das Prinzip des gegenseitigen Einverständnisses.

Häufigkeit

Die genaue Häufigkeit von Urophilie ist schwer zu bestimmen, da es sich um ein sensibles und stigmatisiertes Thema handelt.

Bei einer internationalen Joyclub-Befragung von Mitgliedern lag die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) in Frankreich mit 16,7 % der männlichen und 12,4 % der weiblichen Mitglieder am höchsten, gefolgt von Italien, Spanien, Österreich und der Schweiz. Deutschland nahm mit 2,4 % der männlichen und 0,8 % der weiblichen Mitglieder den letzten Platz ein, allerdings mit offensichtlich stetig steigendem Wunsch [4]. In anderen Befragungen gaben etwa 4 % der Frauen und 10 % Männer an, Urin als sexuelle Stimulation zu bevorzugen. In San Francisco gaben in einer Umfrage von Personen, die unkonventionelle Sexpraktiken bevorzugten, eine Fetischhäufigkeit für Urin mit 36 % an [3].

Geschichte – Kunst

Die Geschichte der Urophilie ist schwer nachzuverfolgen, da sexuelle Vorlieben und Fetische oft tabuisiert wurden und es daher nur begrenzte Aufzeichnungen gibt. Es gibt jedoch Hinweise auf die Existenz von Urophilie in verschiedenen Kulturen und Epochen. In einigen Kulturen wurde Urin für medizinische oder spirituelle Zwecke verwendet, was gelegentlich mit sexuellen Aktivitäten in Verbindung gebracht wurde. Die wissenschaftliche Erforschung sexueller Vorlieben und Paraphilien begann im 19. und 20. Jahrhundert.

In der Kunst gibt es auch weit zurückliegend Darstellungen von urophilien Szenen, z. B. von Rembrandt, Picasso, auch in Fotografien und in der Literatur.

Am bekanntesten sind der urinierende Knabe „Manneken Pis“ und das Pendant, das urinierende Mädchen „Janneken Pis“, beide zu sehen in Brüssel. Das Manneken Pis gilt heute nicht nur als Wahrzeichen der belgischen Hauptstadt Brüssel, sondern gilt in der politischen Hauptstadt der Europäischen Union auch als Wahrzeichen für Meinungsfreiheit, Widerstandsgeist und demokratische Werte. Häufig wird es zu verschiedenen Anlässen eingekleidet, z. B. Im Trikot der belgischen Fußballmannschaft, zum Geburtstag von Elvis Presley und Wolfgang Amadeus Mozart. Es gibt mehr als 950 unterschiedliche Kostüme. Auch Nachahmungen sind bekannt, z. B. in Duisburg, auf der dänischen Insel Fünen sowie auf einem Bahnhof in Tokio [5].

Medizinische Gesichtspunkte

Urophilie ist primär kein Zeichen für psychische Probleme, also eine Paraphilie. Krankhaft wird sie erst, wenn sie intensiv und dauerhaft betrieben wird und die Lebensqualität beeinflusst. Unter diesen Gesichtspunkten ist sie im ICD-10-GM*: F 65.- in die Untergruppe: „F65.8: Sonstige Störungen der Sexualpräferenz“ einzugruppieren.

Sie ist dort nicht näher ausgeführt.

Die Diagnose Urophilie als Störung wird wie bei allen anderen paraphilen Störungen gestellt, wenn:

  • das Ausleben zwanghaft ist.
  • die sexuelle Erregung als sehr intensiv empfunden wird.
  • die betreffende Person dadurch unter einem großen Druck steht.
  • die Lebensqualität beeinträchtigt wird, z. B. Ehe, Familie, Umgang mit Freunden, der Beruf bzw. anderen Personen Schaden zufügt oder Schaden zufügt werden könnte.

Der zwanghafte, unwiderstehliche innere Drang muss dauerhaft, mindestens aber 6 Monate bestehen.

*ICD-10-GM: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, German Modification

Strafrechtliche Gesichtspunkte

Die rechtlichen Aspekte von Urophilie hängen von der jeweiligen Rechtsprechung und den örtlichen Gesetzen ab. In Deutschland ist sie, wenn sie einvernehmlich praktiziert wird, legal.

In einigen Ländern kann Urinsex in privatem Einvernehmen zwischen erwachsenen Partnern legal sein, während in anderen Jurisdiktionen bestimmte Praktiken als illegal angesehen werden können. Es ist wichtig, sich über die örtlichen Gesetze und Vorschriften in Bezug auf sexuelle Aktivitäten zu informieren und sicherzustellen, dass alle Beteiligten einvernehmlich handeln.

Ursachen

Die Ursachen der Urophilie sind weitgehend unbekannt. Diskutiert werden Kombinationen aus psychologischen, sozialen und biologischen Faktoren.

Therapie

Wenn die Urophilie keine erheblichen negativen Auswirkungen hat und auf einvernehmlicher Basis zwischen erwachsenen Partnern ausgeübt wird, besteht in der Regel kein Bedarf für eine Therapie.

Wenn jedoch eine sexuelle Störung diagnostiziert wird, können verschiedene Therapien eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern oder zu beseitigen. Eine kognitive Verhaltenstherapie kann eingesetzt werden, um die Gedanken und Verhaltensweisen, die mit der Urophilie verbunden sind, zu verändern. Eine medikamentöse Behandlung kann ebenfalls in Erwägung gezogen werden, um die sexuellen Impulse zu reduzieren.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es keine Heilung für Urophilie gibt und die Behandlung darauf abzielt, die Symptome zu kontrollieren und eine bessere Lebensqualität zu erreichen.

Gesundheitliche Risiken [3, 6]

Gesundheitliche Risiken bestehen bei gesunden Personen und hygienischem Verhalten beim Umgang mit dem Fetisch normalerweise nicht, da der Urin im Allgemeinen keine Bakterien enthält. Meist stammen die Bakterien aus der Harnröhre und sind in sehr geringen Konzentrationen vorhanden, die für einen gesunden Menschen nicht schädlich sind.

Problematisch kann gelagerter Urin sein, in dem sich Bakterien rasch vermehren können. Gleiches gilt für Urin von erkrankten Personen, die z. B. eine Blaseninfektion oder Geschlechtskrankheiten haben, die durch den Kontakt von Urin auf Schleimhäuten oder Wunden übertragen werden können. Unter den Viruserkrankungen ist besonders Hepatitis A leicht zu übertragen, während HIV selten übertragen wird, da es in Urin in sehr niedrigen Konzentrationen auftritt. Auch Personen, die akut oder regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten möglichst auf Urophilie Praktiken verzichten, da ihr Urin durch Abbauprodukte bei empfangenden Personen wirksam sein könnte.

Untergruppen – Variationen [1-4, 6]

  • „Flooding the Cave“: nach vaginaler Penetration durch einen Penis in die Vagina urinieren
  • „Golden Shower“: urinieren auf eine oder mehrere am Boden kniende bzw. liegende Personen
  • „Golden Waterfalls“: spezielle Sexstellung, bei dem die Frau die volle Kontrolle hat. Der Partner liegt mit den Beinen auf der Bettkante, sein Oberkörper und sein Kopf sind in Bodennähe. Die Frau sitzt auf ihm. Es gibt auch die umgekehrte Wasserfallposition, bei der die Frau unten liegt.
  • „Omorashi (Omo)“: sexueller Lustgewinn durch den Harndrang bei voller Blase mit anschließendem urinieren auf sich selbst oder durch Beobachten eines Partners oder einer Partnerin. Kommt aus der japanischen Fetisch-Subkultur und ähnelt dem englischen Peegasm (s. u.).
    • „Omorashi yagai“ = Durchführen in der Öffentlichkeit
    • „Omorashi omutsu“: Lustgewinn durch Einnässen in eine Windel
  • „Peegasm“: Englisch aus: pee (pinkeln) + orgasm (Orgasmus): extrem langes Zurückhalten des Urins, sodass das Urinieren einen Orgasmus auslösen kann. Cave: Infektionsgefahr durch das lange anhalten des Urins
  • Urinieren:
    • in den Mund einer Person. Urin läuft aus dem Mund oder wird geschluckt.
    • in die Vagina und/oder
    • in den Anus (Pisse-Einlauf); beliebt bes. in der männlichen Gay-Szene
  • Urophagie: Trinken von Urin (Natursekt); spontan oder urinieren in Gläser mit anschließendem Verzehr (Natursekt-Stößchen)
  • Toilettenstuhl: speziell gefertigter Stuhl mit einem Loch, entsprechend der Klobrille. Die Sub-Person empfängt durch diese Öffnung Urin in das Gesicht oder den geöffneten Mund.

Tipps für Einsteiger

Viel trinken, denn der Uringeschmack ist abhängig von der Ernährung, der Menge, die man vorher getrunken und von dem, was man vorher gegessen hat. Zu vermeiden sind möglichst Spargel, Knoblauch, Eier, Zwiebeln, viel rotes Fleisch, Energydrinks oder Kaffee, weil sie dem Urin einen unangenehmen Geschmack oder Geruch verleihen.

Planung: Wenn möglich, sollte man sich auf Urophilie-Spiele vorbereiten, indem man schon ein bis zwei Tage vor dem Ereignis viel trinkt, um den Körper von ungewünschten Substanzen zu reinigen.

Vorsicht bei Medikamenteneinnahme: Noch vorhandene aktive Substanzen könnten über die Mundschleimhaut, die Vagina oder den Anus aufgenommen und wirksam werden.

Ort: Urophilie-Spiele sollten nicht einfach im Bett erledigt werden, weil man gegebenenfalls auch darin schlafen möchte oder in Räumen mit Teppichboden oder Parkett wegen der Verschmutzung. Die Aktivitäten sollten mit wasserdichten Laken oder in der Toilette, Dusche, Badewanne oder Planschbecken erfolgen. Manche Swinger- und BDSM-Clubs bieten dazu extra ausgestattete Räume an.

Konsens mit betroffenen Personen: Es sollte vorher abgeklärt werden, was im gegenseitigen Einvernehmen erlaubt und was nicht gewünscht ist.

Zeitpunkt: Vor oder nach dem Sex. Meist ist das Urophilie-Spiel vor der eigentlichen Sexualität empfehlenswert, da eine volle Blase den Verkehr behindern könnte. Andererseits genießen es manche nach der Ejakulation oder dem Orgasmus dem Partner Natursekt zu geben.

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur

  1. Natursekt: Einfach laufen lassen – Urophilie einfach erklärt
  2. Golden Shower beim Sex: Definition und Funktionen.
  3. Von Golden Shower bis Peegasm – Urin als Fetisch.
  4. JOYclub: Deutsche entdecken ihre Liebe zu Sex mit Urin.
  5. Manneken Pis. Wikipedia.
  6. Urophilie: Sexuelle Vorliebe für Urin – Hinweise zu Natursekt. arztphobie.com.