Trigeminusneuralgie – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Trigeminusneuralgie ist eine schmerzhafte Erkrankung des Nervus trigeminus, die durch plötzliche, heftige Schmerzattacken im Bereich des Gesichts gekennzeichnet ist. Die Pathogenese der Trigeminusneuralgie wird in erster Linie durch eine Kompression oder Schädigung des Nerven im Bereich seines Eintritts in die Hirnbrücke (Pons) erklärt. Diese Kompression führt zu einer Demyelinisierung (Verlust von Myelinscheiden) der Nervenfasern und begünstigt die Entstehung von abnormalen elektrischen Aktivitäten.

Idiopathische Trigeminusneuralgie

  • Diese häufigere Form der Trigeminusneuralgie tritt ohne nachweisbare neurovaskuläre Kompression auf. Die genaue Ursache ist unklar, und sie wird als idiopathisch bezeichnet. Die Schmerzen sind in der Regel einseitig und treten plötzlich auf, oft ausgelöst durch normale Reize wie Sprechen, Kauen oder Berühren des Gesichts. Trotz des Fehlens einer nachweisbaren Gefäß-Nerven-Kompression wird vermutet, dass subtile strukturelle Veränderungen oder neurochemische Dysregulationen in den Nervenzellen des Trigeminusnervs eine Rolle spielen könnten.

Klassische Trigeminusneuralgie

  • Bei dieser Form ist eine neurovaskuläre Kompression als Ursache nachweisbar. Diese entsteht in etwa 80 % der Fälle durch den Druck der Arteria cerebelli superior, die den Nervus trigeminus komprimiert. Seltener wird die Kompression durch die Arteria cerebelli inferior anterior oder eine erweiterte Arteria basilaris verursacht. Diese Gefäß-Nerven-Kompression führt zu einer Demyelinisierung des Trigeminusnervs an seinem Eintrittspunkt in die Hirnbrücke. Durch den Verlust der schützenden Myelinschicht werden die Nervenfasern anfälliger für abnormale elektrische Entladungen, die als ektoper Aktivitäten (Fehlzündungen) auftreten. Diese elektrischen Entladungen verursachen die typischen plötzlichen, elektrischen Schmerzattacken.

Sekundäre (symptomatische) Trigeminusneuralgie

  • Bei etwa 15 % der Fälle wird die Trigeminusneuralgie durch eine zugrunde liegende Erkrankung ausgelöst. Dies wird als sekundäre oder symptomatische Trigeminusneuralgie bezeichnet. Typische Ursachen sind Multiple Sklerose (MS), bei der es zu einer Demyelinisierung der Nervenfasern kommt, oder eine Raumforderung im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels wie Tumore oder Zysten. Diese Form der Trigeminusneuralgie tritt häufiger beidseitig auf, und zwischen den Schmerzattacken können zusätzliche sensible Störungen im Gesicht bestehen, wie Taubheitsgefühle oder Kribbeln.

Demyelinisierung und ektoper Aktivität

  • Die zentrale Pathogenese der Trigeminusneuralgie liegt in der Demyelinisierung der Nervenfasern im Bereich der vulnerablen Nervenwurzeleintrittszone des Nervus trigeminus. Die Demyelinisierung bedeutet den Verlust der Myelinschicht, die normalerweise die Nervenfasern umgibt und für eine schnelle und koordinierte Übertragung elektrischer Signale verantwortlich ist. Ohne diese Schicht können elektrische Impulse abnormal und unkontrolliert weitergeleitet werden, was zu ektoper Aktivität führt, also zu einer Entladung elektrischer Signale an falschen Stellen. Diese abnormen Entladungen sind für die extremen Schmerzattacken bei Trigeminusneuralgie verantwortlich.

Triggerfaktoren und Schmerzmechanismen

  • Bei vielen Patienten können bestimmte Trigger wie Kauen, Sprechen, Berühren des Gesichts oder sogar Kältereize eine Schmerzattacke auslösen. Die zugrunde liegenden Mechanismen, warum diese alltäglichen Reize eine solch heftige Schmerzreaktion hervorrufen, liegen in der überempfindlichen Reaktion der geschädigten Nervenfasern. Durch die Demyelinisierung wird der Nerv überaktiv, und selbst normale Reize können abnorme elektrische Signale auslösen, die als Schmerz empfunden werden.

Zusammenfassung

Die Pathogenese der Trigeminusneuralgie beruht in den meisten Fällen auf einer neurovaskulären Kompression, die zu einer Demyelinisierung des Trigeminusnervs führt. Diese Demyelinisierung verursacht ektoper elektrische Aktivitäten, die die typischen heftigen Schmerzattacken auslösen. Bei der klassischen Trigeminusneuralgie liegt häufig eine Kompression des Nervs durch die Arteria cerebelli superior vor, während bei der sekundären Trigeminusneuralgie zugrunde liegende Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Tumoren die Ursache sind. In allen Formen begünstigt der Verlust der Myelinschicht am Nervenwurzeleintrittsort die Übertragung abnormer elektrischer Signale, was die extreme Schmerzempfindlichkeit bei der Trigeminusneuralgie erklärt.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Lebensalter – zunehmendes Alter (idiopathische Trigeminusneuralgie)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Berührung des Gesichts – Auslösende Faktoren können alltägliche Aktivitäten wie Zähneputzen, Gesichtswäsche oder sogar leichter Luftzug sein.
  • Kälte – Exposition gegenüber kalter Luft oder kalten Temperaturen kann Schmerzattacken auslösen.
  • Niesen oder plötzliche Bewegungen – Kann durch mechanische oder nervale Reize die Schmerzempfindlichkeit verstärken.

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Glaukom (grüner Star)
  • Hirntumoren (hintere Schädelgrube: Kleinhirnbrückenwinkeltumoren)
  • Kollagenosen (Gruppe von Bindegewebserkrankungen, die durch Autoimmunprozesse bedingt sind) – systemischer Lupus erythematodes (SLE), Polymyositis (PM) bzw. Dermatomyositis (DM), Sjögren-Syndrom (Sj), Sklerodermie (SSc) und Sharp-Syndrom ("mixed connective tissue disease", MCTD)
  • Multiple Sklerose (MS)
  • Nervenkompression (Einquetschung des Nerven)
  • Nervenschädigung durch Frakturen (Knochenbrüche)
  • Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung)
  • Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes mellitus
  • Zahnerkrankungen wie Pulpitis (Zahnwurzelentzündung)

Operationen 

  • Dysgnathieoperation – operative Umstellung der Lagebeziehung der Kiefer bezeichnet. Man unterscheidet die Umstellung nur eines Kiefers – also von Ober- oder Unterkiefer – von der bignathen Umstellungsosteotomie, bei der beide Kiefer operiert werden. 
  • Extraktion (Entfernung) eines Weisheitszahns
  • Zahnimplantation
  • Tumorresektion; Zystenentfernung 

Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Schwermetallintoxikationen – Exposition gegenüber Blei, Quecksilber oder anderen Schwermetallen kann neurotoxische Schäden verursachen und das Risiko für Nervenirritationen erhöhen.
  • Lösungsmittel – Kontakt oder Inhalation von toxischen Lösungsmitteln (z. B. Toluol oder Benzol) kann die Nervenfunktion beeinträchtigen.
  • Pestizide – Chronische Exposition gegenüber Pestiziden kann neurotoxische Wirkungen entfalten.

Weiteres

  • Endodontische Maßnahmen – Behandlung von Erkrankungen im Zahninneren und den damit verbundenen Strukturen
  • Leitungsanästhesien – Verfahren, bei dem eine Injektion von Anästhetika (Betäubungsmittel) in der unmittelbaren Nähe von Nerven erfolgt