Sprechstörungen/Sprachstörungen – Weitere Therapie

Die genaue Therapie der Sprech- und Sprachstörungen richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung.

Allgemeine Maßnahmen

  • Viel mit dem Kind sprechen und vorzulesen
  • "Late Talker" sollten früh Zugang zur Sprachtherapie erhalten
    Definition von Late Talker: Kindern, die mit 24 Monaten weniger als 50 Wörter sprechen und/oder keine Zweiwortsätze bilden können.

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) bei post-stroke Aphasie

Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) ist ein nicht-invasives, neuromodulatorisches (nervenerregungssteuerndes) Verfahren, das ergänzend zur Sprachtherapie bei Patienten mit post-apoplektischer Aphasie (Sprachstörung nach Schlaganfall) eingesetzt werden kann. Ziel ist die funktionelle Reorganisation kortikaler Netzwerke zur Förderung der Sprachrehabilitation (Wiederherstellung der Sprachfähigkeit).

Wirkmechanismus

Bei der tDCS wird ein schwacher, konstanter elektrischer Gleichstrom (typischerweise 1-2 mA) über Elektroden an der Kopfoberfläche appliziert.

  • Anodale Stimulation erhöht die kortikale Erregbarkeit (Erregbarkeit der Großhirnrinde) und fördert die Depolarisation von Neuronen (Erregung von Nervenzellen).
  • Kathodale Stimulation reduziert die Erregbarkeit durch Hyperpolarisation (Dämpfung der Nervenzellen).
    Durch gezielte Platzierung (meist links-hemisphärisch über Broca- oder Wernicke-Areal/Sprachzentren) soll die Reaktivierung perilesionaler Sprachareale oder die Modulation interhemisphärischer Hemmung (Beeinflussung der gegenseitigen Hemmung beider Gehirnshälften) begünstigt werden.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Nicht-fluente Aphasie (stockende Sprachproduktion) nach ischämischem oder hämorrhagischem Schlaganfall (durchblutungsbedingte oder blutungsbedingter Hirninfarkt)
  • Ergänzend zur konventionellen Sprachtherapie, insbesondere im chronischen Stadium
  • Patienten mit ausreichender Vigilanz (Wachheitzustand) und Compliance (Therapiemitarbeit) zur Durchführung eines Trainingsprogramms

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Metallimplantate oder neurochirurgische Clips (metallische Fremdkörper nach Gehirnoperationen) im Bereich des Schädels
  • Aktive Epilepsie oder Krampfanfälle in der Anamnese (Krankheitsvorgeschichte)
  • Schwere kognitive Einschränkungen (starke Denkstörungen) oder Delir (akute Verwirrtheit)
  • Hautläsionen oder Ekzeme im Bereich der Elektrodenapplikation (Elektrodenanlage)

Studienlage

Eine randomisierte kontrollierte Studie von Meinzer et al. konnte zeigen, dass die Kombination aus tDCS und Sprachtraining bei chronischer Aphasie zu einer signifikanten Verbesserung der Sprachleistung führt [1]. Dabei wurden insbesondere Verbesserungen in den Domänen „Benennen“ und „Sprachflüssigkeit“ dokumentiert. Die Therapie war gut verträglich, mit lediglich milden Nebenwirkungen (z. B. Parästhesien unter der Elektrode).

Komplementäre Behandlungsmethoden

  • Logopädie (Sprech- und Sprachtherapie)

Psychotherapie

  • Ggf. Psychotherapie
  • Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Stressmanagement) erhalten Sie von uns.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300, E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • dbl – Deutscher Bundesverband für Logopädie e. V.
    Augustinusstr. 11a 50226 Frechen
    Telefon: (0 22 34) 37 95 3-0, Fax: (0 22 34) 37 95 3-13, E-Mail: info@dbl-ev.de, Internet: www.dbl-ev.de
  • wieder-sprechen! Selbsthilfegruppe für Menschen mit erworbenen Sprachstörungen
    Tel: 06723/6024050/0611/3606755,
    E-Mail: info@wieder-sprechen.de, Internet: www.wieder-sprechen.de 

Literatur

  1. Meinzer M et al.: Electrical stimulation of the motor cortex enhances treatment outcome in post-stroke aphasia. doi: http://dx.doi.org/10.1093/brain/aww002 aww002