Schmerzhafte Nackensteifigkeit (Meningismus) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Meningismus (schmerzhafte Nackensteifigkeit) dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie bekannte neurologische Erkrankungen oder entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis (Hirnentzündung), Multiple Sklerose)?
- Bestehen in Ihrer Familie Gefäßerkrankungen, wie Aneurysmen, Apoplexe (Schlaganfälle) oder erbliche Gerinnungsstörungen, die das Risiko für intrakranielle Blutungen (Hirnblutungen) erhöhen können?
- Bestehen in Ihrer Familie genetisch bedingte Bindegewebserkrankungen (z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom), die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Gefäßveränderungen oder meningeale Reizungen einhergehen könnten?
- Bestehen in Ihrer Familie Autoimmunerkrankungen oder rheumatische Erkrankungen, die mit entzündlichen Prozessen an den Hirnhäuten oder der Wirbelsäule verbunden sein können (z. B. Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis, Morbus Wegener, Morbus Bechterew)?
Sozialanamnese
- Beruf:
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Besteht eine berufliche Exposition gegenüber infektiösen Erregern oder toxischen Substanzen?
- Gibt es in Ihrem sozialen Umfeld akute Infektionserkrankungen (z. B. Meningitisfälle in Schule, Kindergarten, Arbeitsplatz)?
- Sind Sie in einem Wohnheim, einer Kaserne oder einer anderen Gemeinschaftseinrichtung untergebracht?
Reiseanamnese
- Haben Sie in den letzten Monaten oder Jahren eine Reise unternommen? Wenn ja:
- Welche Länder oder Regionen haben Sie besucht? (z. B. Gebiete mit erhöhtem Infektionsrisiko, wie FSME-Gebiete, tropische oder subtropische Regionen mit erhöhter Leptospirose-, Borreliose- oder Meningokokken-Gefahr)
- Wann genau war Ihre Reise? [Wichtig zur Einschätzung der Inkubationszeit]
- Wie lange waren Sie dort?
- Gab es während oder nach der Reise Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen oder Bewusstseinsstörungen?*
- Hatten Sie engen Kontakt zu Personen mit grippeähnlichen Symptomen, Husten oder Fieber?
- Waren Sie in engem Kontakt mit Tieren (z. B. durch landwirtschaftliche Arbeit, Tierbisse, Fledermäuse)?
- Wurden Sie von Insekten gestochen (z. B. Mücken, Zecken, Sandfliegen)?
- Haben Sie sich in stehenden Gewässern, Sümpfen oder Flüssen aufgehalten?
- Haben Sie verunreinigtes Wasser getrunken oder ungekochte/rohe Lebensmittel konsumiert?
- Haben Sie während oder nach der Reise ungewöhnliche Symptome bemerkt? Wenn ja, welche?
- Sind Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit oder Bewusstseinsveränderungen plötzlich aufgetreten?*
- Bestehen Begleitsymptome wie hohes Fieber, Erbrechen, Sehstörungen oder Krampfanfälle?*
- Haben Sie Hautveränderungen oder Ausschläge bemerkt?*
- Reiseassoziierte Erkrankungen, die mit Meningismus (Nackensteifigkeit) verbunden sein können:
- Afrika:
- Meningokokken-Meningitis (v. a. in der „Meningitis-Gürtel-Zone“ von Senegal bis Äthiopien)
- Malaria (v. a. in West-, Zentral- und Ostafrika)
- Tuberkulose-Meningitis (Subsahara-Afrika)
- Afrikanische Trypanosomiasis (Schlafkrankheit) (v. a. in Zentralafrika)
- Leptospirose (v. a. in tropischen Regionen)
- Südamerika:
- Dengue-Fieber mit neurologischer Beteiligung (v. a. in Brasilien, Kolumbien, Peru)
- Leptospirose
- Malaria (Endemiegebiete des Amazonas)
- Histoplasmose mit ZNS-Beteiligung
- Asien:
- Japanische Enzephalitis (häufig in Indien, Nepal, Südostasien)
- Dengue-Fieber mit neurologischer Beteiligung (tropische und subtropische Regionen wie Thailand, Vietnam, Philippinen)
- Chikungunya-Fieber mit neurologischer Beteiligung (häufig in Indien, Sri Lanka, Myanmar)
- Tuberkulose-Meningitis (Indien, Bangladesch, Pakistan)
- Europa:
- Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) (v. a. in Osteuropa, Deutschland, Österreich, Schweiz, Skandinavien, Baltikum)
- Borreliose mit neurologischer Beteiligung (häufig in Mitteleuropa)
- Listeriose mit ZNS-Beteiligung (v. a. in Frankreich, Deutschland, UK)
- Naher und Mittlerer Osten:
- Leishmaniose mit ZNS-Beteiligung (häufig in Syrien, Irak, Iran, Saudi-Arabien)
- Brucellose mit neurologischer Beteiligung (v. a. in der Türkei, Irak, Iran)
- Tuberkulose-Meningitis (häufig in ländlichen Regionen mit schlechter medizinischer Versorgung)
- Australien und Ozeanien:
- Leptospirose (tropische Gebiete)
- Afrika:
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Seit wann besteht die schmerzhafte Nackensteifigkeit?*
- War die Nackensteifigkeit plötzlich oder schleichend einsetzend?
- Bestehen weitere Symptome, wie:
- Fieber, Schüttelfrost?*
- Allgemeine Schwäche, Abgeschlagenheit?*
- Übelkeit, Erbrechen?*
- Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit, Desorientiertheit, Krampfanfälle?*
- Lichtempfindlichkeit?
- Geräuschempfindlichkeit?
- Kopfschmerzen, insbesondere heftige, plötzlich einsetzende Kopfschmerzen („Donnerschlagkopfschmerz“)?*
- Rückenschmerzen oder Schmerzen entlang der Wirbelsäule?
- Hautveränderungen wie kleine, punktförmige Einblutungen oder Hautausschläge?*
- Augen- oder Sehstörungen, Doppelbilder, Gesichtsfeldausfälle?*
- Bewegungsstörungen, Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen?*
- Krampfartige Muskelversteifungen (z. B. Nacken, Kiefer)?*
- Schwindel, Gangunsicherheit?*
- Eingeschränkte Halswirbelsäulenbeweglichkeit?*
- Wo genau ist der Schmerz lokalisiert (Nacken, Hinterkopf, diffus)?
- Strahlt der Schmerz in andere Bereiche aus (z. B. Rücken, Arme)?
- Wie würden Sie den Schmerz beschreiben (stechend, dumpf, ziehend, brennend)?
- Wird der Schmerz durch bestimmte Bewegungen verstärkt (z. B. Kopfbeugung nach vorn)?
- Haben Sie in letzter Zeit einen Infekt der oberen Atemwege oder Magen-Darm-Trakt durchgemacht?
- Haben Sie Fieberkrämpfe oder unklare Fieberschübe erlebt?
- Bestehen Störungen im Schlafverhalten (Schlaflosigkeit, Tagesschläfrigkeit)?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Haben Sie in den letzten Wochen deutliche Gewichtsveränderungen bemerkt? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
- Bestehen Veränderungen im Appetit oder Durstgefühl?
- Haben Sie kürzlich starke Sonneneinstrahlung oder Hitzeexposition erlebt (z. B. Sonnenstich, Hitzeschlag)?
Eigenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Bestehen bekannte neurologische Erkrankungen (z. B. Migräne, Epilepsie, Multiple Sklerose, frühere Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Enzephalitis (Hirnentzündung))?
- Haben Sie bekannte Gefäßerkrankungen (z. B. Aneurysmen, Hypertonie (Bluthochdruck), Gerinnungsstörungen, frühere Schlaganfälle, intrakranielle Blutungen (Hirnblutungen))?
- Haben Sie bekannte Infektionen oder kürzlich eine durchgemachte Infektion (z. B. Otitis media (Mittelohrentzündung), Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung), Tuberkulose, Lyme-Borreliose, HIV, Syphilis)?
- Liegen Autoimmunerkrankungen oder entzündliche Erkrankungen des Skelettsystems (z. B. rheumatoide Arthritis, Spondylarthrose, HWS-Syndrom, Spondylose) vor?
- Liegen Erkrankungen des Immunsystems oder eine Immunsuppression vor (z. B. HIV, Chemotherapie, Organtransplantation, Immunsuppressiva)?
- Bestehen Erkrankungen des Skelettsystems (z. B. degenerative Wirbelsäulenerkrankungen, Bandscheibenvorfälle, Osteoporose)?
- Bestehen Neubildungen oder Tumorerkrankungen (z. B. Hirntumor, Meningeosis carcinomatosa, Tumoren im Bereich der HWS oder hinteren Schädelgrube)?
- Operationen:
- Haben Sie in der Vergangenheit neurochirurgische Eingriffe oder andere Kopf- und Halsoperationen durchlaufen?
- Gab es eine Lumbalpunktion oder eine Spinalanästhesie?
- Besteht eine kürzliche Impfung oder eine Immuntherapie, die möglicherweise eine reaktive Meningismus-Symptomatik ausgelöst haben könnte?
- Allergien:
- Bestehen bekannte Medikamentenallergien (z. B. auf Antibiotika oder Schmerzmittel)?
- Gibt es eine Allergie gegen Impfstoffe oder Konservierungsstoffe?
Medikamentenanamnese
- Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein (z. B. Immunsuppressiva, Antikoagulantien (Gerinnungshemmer), Kortikosteroide)?
- Haben Sie in den letzten Tagen fiebersenkende Medikamente oder Schmerzmittel eingenommen (z. B. Paracetamol, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure)?
- Wurden in letzter Zeit Antibiotika oder antivirale Medikamente verordnet?
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.