Schizophrenie – Weitere Therapie

Allgemeine Maßnahmen

  • Drogenkonsum überprüfen wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit: Schizophrenie-Patienten, die nach der ersten Episode ihrer Psychose ihren Cannabis-Konsum fortsetzten, erlitten deutlich häufiger ein Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung) als Patienten, die abstinent wurden.
    Besonders riskant scheint der Konsum von "Shrunk" zu sein, deren Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) besonders hoch ist (täglicher Konsum: 3,28-fach erhöhtes Risiko auf ein Rezidiv) [1].
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)
  • Beachte: Die Fahrtüchtigkeit ist bei Patienten mit Schizophrenie im Straßenverkehr häufig auch ohne Medikamente eingeschränkt.
  • Normalgewicht anstreben! 
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse und ggf. Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

Nachfolgende Verfahren können bei eindeutiger medikamentöser Behandlungsresistenz in Betracht gezogen werden:

  • Elektrokrampftherapie (EKT; Synonym: Elektrokonvulsionstherapie): Bei der Elektrokrampftherapie handelt es sich um ein Verfahren, bei dem bei dem Betroffenen unter Narkose durch elektrische Reize ein Krampfanfall ausgelöst wird. 
  • Transkranielle Magnetstimulation (TMS): ggf. als Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS): Bei der repetitiven transkraniellen ("durch den intakten Schädel hindurch") Magnetstimulation handelt es sich um Erregung verschiedener Hirnareale durch ein äußeres Magnetfeld; eine rTMS über der linksparietalen Region war dabei deutlich effektiver als an anderen Stellen – Indikation: Patienten mit einer Schizophrenie und anhaltenden akustischen, verbalen Halluzinationen (Empfehlungsgrad B) [S3-Leitlinie]
    Beachte: Die aktuelle Studienlage zu rTMS ist noch sehr heterogen.

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Hering, Makrele
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Gemüse)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Ernährung reich an:
      • Vitaminen (Vitamin C, E, Folsäure)
      • Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns.

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining) – als ergänzende symptomatische Therapie oder als Therapie bei antipsychotikainduzierter Gewichtszunahme [Leitlinien: S3-Leitlinie]
  • Schizophrene Patienten, die regelmäßig Ausdauertraining treiben, zeigen bessere kognitive Fähigkeiten und finden sich auch sozial besser zurecht [3].
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Psychotherapie

  • Psychosoziale Verfahren/Maßnahmen gemäß S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen
    • Selbstmanagement als Teil der Krankheitsbewältigung; in diesem Kontext auch Hinweise auf Selbsthilfekontaktstellen
    • Einzelinterventionen
      • Psychoedukation – systematische didaktisch-psychotherapeutische Interventionen, die dazu dienen, Patienten und ihre Angehörigen über die Krankheit und ihre Behandlung zu informieren, das Krankheitsverständnis und den selbstverantwortlichen Umgang mit der Krankheit zu fördern und sie bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen.
        Die Psychoedukation kann in Einzelgesprächen, Gruppengesprächen oder als Familienbetreuung durchgeführt werden. Die Einbeziehung der Familienmitglieder ist ein wichtiger Faktor. [A-Empfehlung]
        Psychoedukation zur Rezidivprophylaxe mit einer „number needed to treat“ (NNT) von 9.
      • Training von Alltags- und sozialen Fertigkeiten/soziale Kompetenzen
      • Psychosoziale Therapien: z. B. 
        • künstlerische Therapien
        • Körpertherapien
        • Ergotherapie – Arbeits- bzw. Beschäftigungstherapie
      • Bewegungs- und Sporttherapien
      • Gesundheitsfördernde Interventionen
    • Ambulante psychiatrische Pflege (APP) als Hilfe in Krisenzeiten zur Herstellung von Selbst- und Krankheitsanamnese sowie zur Förderung individueller wie Erholungsprozesse (Recovery-Prozesse)
  • Die Leitlinie „Schizophrenie“ sieht für Schizophreniekranke sowohl eine strukturierte Gruppenpsychoedukation als auch eine spezifische kognitive Verhaltenstherapie vor (A-Empfehlung)
  • Kognitive Verhaltenstherapie KVT): Diese stellt eine verhaltenstherapeutischen Intervention da, die neben der Psychoedukation vor allem der Rückfallverhütung und der Reduktion sogenannter Positivsymptome (Ich-Störungen, inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen und motorische Unruhe) dient; soll allen Schizophrenie-Kranken zur Reduktion der Positiv- und Negativsymptomatik angeboten werden; mindestens 16, möglichst jedoch 25 Sitzungen; Beginn ab der ersten psychotischen Episode [A-Empfehlung]
  • Entspannungsverfahren – Yoga [Leitlinien: S3-Leitlinie]
  • Metakognitives Training (MKT; MCT) (Nachdenken über das Denken); MCT+ = MCT + kognitive Verhaltenstherapie – vereint Elemente von Psychoedukation und kognitiver Verhaltenstherapie; kann im klinischen Einsatz empfohlen werden [1]
    • bei Teilnehmern, die aktuell eine bestehende Wahnvorstellung hatten, ging unter der Behandlung mit MCT+ der P1 der Wahn-Subskala (P1) des PANSS (Positive and Negative Syndrome Scale) zurück: Beginn 4,3 Punkte, zum Therapieende auf 2,9 Punkte und ein halbes Jahr später auf 2,6 Punkte [4]
      Einschränkung: kleine Studie mit nur 54 Patienten
    [B-Empfehlung]
  • Familienintervention [A-Empfehlung]; mindestens zehn Sitzungen
  • Kognitive Remediation bei Störungen von Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Lernen und Exekutivfunktion [A-Empfehlung]
  • Psychosoziales Training – psychosoziale Interventionen sollen die Rezidivprophylaxe (Rückfallprophylaxe)verbessern und die Medikamenten-Compliance steigern 
  • Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Stressmanagement) erhalten Sie von uns.

Komplementäre Behandlungsmethoden

  • Logopädie (Sprachtherapie) – wg. Beeinträchtigungen von Sprache und Kommunikation: betroffen sind bei der Schizophrenie viele Bereich der Sprache: Satzbau, Wortfindung und Sprachmelodie, des Weiteren sind häufig die inhaltliche Konsistenz (Widerspruchfreiheit) und Kohärenz (Zusammenhang) betroffen.

Rehabilitation

  • Dabei liegen die Schwerpunkte auf die medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation. Bei letzterer steht insbesondere der Bereich Supported Employment (place and train) im Vordergrund, d. h. Unterstützung für schwer vermittelbare Personen, um bezahlte Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhalten und zu halten [Leitlinien: S3-Leitlinie].

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Kompetenznetz Schizophrenie: Allgemeines Ziel des Netzwerkes ist eine Vernetzung der wesentlichen Einrichtungen der Spitzenforschung mit qualifizierten Einrichtungen der Routineversorgung zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Schizophrenie
    Internet: www.kompetenznetz-schizophrenie.de

Literatur

  1. Eichner C, Berna F: Acceptance and efficacy of metacognitive Training (MCT) on positive symptoms and delusions in patients with schizophrenia: a meta-analysis taking into account important moderatSchweiße abbrechen ors. Schizophr Bull 2016; Jan 8. pii: sbv225.
  2. Schoeler T et al.: Effects of continuation, frequency, and type of cannabis use on relapse in the first 2 years after onset of psychosis: an observational study. Lancet Psychiatry 2016 Published Online August 22, 2016 http://dx.doi.org/10.1016/S2215-0366(16)30230-9
  3. Firth J et al.: Aerobic Exercise Improves Cognitive Functioning in People With Schizophrenia: A Systematic Review and Meta-Analysis. . Schizophr Bull. 2017 May 1;43(3):546-556. doi: 10.1093/schbul/sbw115.
  4. Balzan RP et al.: Individualized Metacognitive Training (MCT+) Reduces Delusional Symptoms in Psychosis: A Randomized Clinical Trial. Schizophrenia Bulletin 2018; sby152, https://doi.org/10.1093/schbul/sby152.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Schizophrenie. (AWMF-Registernummer: 038-009), März 2019 Kurzfassung Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 038-020), Oktober 2018 Kurzfassung Langfassung