Schizophrenie – Einleitung

Die Schizophrenie gehört zur Gruppe der Psychosen. Bei der Psychose handelt es sich um den Oberbegriff verschiedener psychiatrischer Erkrankungen. Dieser Oberbegriff wird jedoch immer mehr durch den Begriff der psychotischen Störung verdrängt.

Formen der Schizophrenie

Zu den Erkrankungen, die unter diesen Begriff fallen, zählen nach dem ICD-10-GM:

  • ICD-10-GM F20.-: Schizophrenie
  • ICD-10-GM F20.0: Paranoide Schizophrenie. Die paranoide Schizophrenie ist durch beständige, häufig paranoide Wahnvorstellungen gekennzeichnet, meist begleitet von akustischen Halluzinationen und Wahrnehmungsstörungen. Störungen der Stimmung, des Antriebs und der Sprache, katatone Symptome fehlen entweder oder sind wenig auffallend.
  • ICD-10-GM F20.1: Hebephrene Schizophrenie. Eine Form der Schizophrenie, bei der die affektiven Veränderungen im Vordergrund stehen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen flüchtig und bruchstückhaft auftreten, das Verhalten verantwortungslos und unvorhersehbar ist und Manierismen häufig sind.
  • ICD-10-GM F20.2: Katatone Schizophrenie. Die katatone Schizophrenie ist gekennzeichnet von den im Vordergrund stehenden psychomotorischen Störungen, die zwischen Extremen wie Erregung und Stupor sowie Befehlsautomatismus und Negativismus alternieren können.
  • ICD-10-GM F20.3: Undifferenzierte Schizophrenie. Diese Kategorie soll für psychotische Zustandsbilder verwendet werden, welche die allgemeinen diagnostischen Kriterien der Schizophrenie (F20) erfüllen, ohne einer der Unterformen von F20.0-F20.2 zu entsprechen, oder die Merkmale von mehr als einer aufweisen, ohne dass bestimmte diagnostische Charakteristika eindeutig überwiegen.
  • ICD-10-GM F20.4: Postschizophrene Depression. Eine unter Umständen länger anhaltende depressive Episode, die im Anschluss an eine schizophrene Krankheit auftritt. Einige "positive" oder "negative" schizophrene Symptome müssen noch vorhanden sein, beherrschen aber das klinische Bild nicht mehr.
  • ICD-10-GM F20.5: Schizophrenes Residuum. Ein chronisches Stadium in der Entwicklung einer schizophrenen Krankheit, bei welchem eine eindeutige Verschlechterung von einem frühen zu einem späteren Stadium vorliegt und das durch lang andauernde, jedoch nicht unbedingt irreversible "negative" Symptome charakterisiert ist.
  • ICD-10-GM F20.6: Schizophrenia simplex. Eine Störung mit schleichender Progredienz von merkwürdigem Verhalten, mit einer Einschränkung, gesellschaftliche Anforderungen zu erfüllen und mit Verschlechterung der allgemeinen Leistungsfähigkeit.
  • ICD-10-GM F20.9: Schizophrenie, nicht näher bezeichnet.
  • ICD-10-GM F21: Schizotype Störung. Eine Störung mit exzentrischem Verhalten und Anomalien des Denkens und der Stimmung, die schizophren wirken, obwohl nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome aufgetreten sind.

Unterteilung in Hauptgruppen

  • Katatone Schizophrenie – Betroffene zeigen vor allem motorische Veränderungen, Negativismus und Symptome wie Echolalie (zwanghaftes Nachsprechen von Wörtern/ Sätzen der Gesprächspartner)
  • Paranoide Schizophrenie – Wahnvorstellungen bestimmen diese Art
  • Desorganisierte Schizophrenie – desorganisiertes Verhalten mit inadäquatem Affekt
  • Residuale Schizophrenie – Negativsymptome dominieren; keine Wahnvorstellungen oder motorische Störungen

Zu den psychotischen Symptomen zählt man Wahnvorstellungen, Halluzinationen und weitere Wahrnehmungsstörungen.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen, jedoch erkranken Männer ca. 3 bis 4 Jahre früher als Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens der Schizophrenie liegt bei Männern zwischen Pubertät und 25. Lebensjahr und bei Frauen zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr (wahrscheinlich sind Frauen durch die weiblichen Geschlechtshormone (Östrogene) geschützt).
Circa zwei Drittel aller Neuerkrankungen treten vor dem 45. Lebensjahr auf.

Lebenszeitprävalenz (Krankheitshäufigkeit während des gesamten Lebens). Diese liegt bei 1-2 % (in Deutschland). Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) beträgt 0,5-1 % (in Deutschland). Weltweit sind die Zahlen in etwa gleich.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Diese beträgt je nach Studie zwischen 7,7 und 43,0 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr [3]; in Deutschland ca. 10 Erkrankungen auf 100.000 Einwohner pro Jahr

Verlauf und Prognose

Der Verlauf der Schizophrenie ist inter- und intraindividuell variabel und kann in mehreren Phasen beschrieben werden:

Prodromalphase

  • Diese Phase kann mehrere Jahre dauern und ist gekennzeichnet durch unspezifische Symptome wie Angst, Depressionen und Veränderungen im kognitiven und sozialen Verhalten.

Akute Phase

  • Die Symptome treten plötzlich oder schleichend auf und umfassen Wahnvorstellungen, Halluzinationen und weitere psychotische Symptome. Ein akuter Beginn der Symptome innerhalb von vier Wochen wird als akute Phase bezeichnet. Ein perakuter Beginn tritt innerhalb einer Woche auf, ein subakuter Verlauf innerhalb von sechs Wochen und ein schleichender Verlauf innerhalb von sechs Monaten.

Stabilisierungsphase

  • Nach der akuten Phase kann eine Stabilisierungsphase folgen, in der die akuten Symptome abklingen und der Patient eine teilweise oder vollständige Remission erreicht.

Residualphase

  • In dieser Phase können sogenannte Negativsymptome wie Antriebslosigkeit, emotionale Verflachung und soziale Rückzugsverhalten dominieren.

Prognose

Remission und Rückfallrisiko

Eine Vollremission (vollständiges Verschwinden aller Zeichen der Erkrankung) tritt bei ca. 25 % der Erkrankten ein; ca. 50 % ist von mehreren Krankheitsphasen betroffen und bei ca. 25 % kommt es zur Chronifizierung der Erkrankung.

In den ersten 5 Jahren nach der ersten Episode ist das Rückfallrisiko besonders hoch.

Den Verlauf günstig beeinflussende Faktoren sind u. a. ein höheres Bildungsniveau, gute soziale Anpassung, akuter Krankheitsbeginn und ungestörte Familienverhältnisse.

Suizidrisiko

Es besteht eine erhöhte Suizidgefahr: Ungefähr 10-15 % der Betroffenen begehen Suizid, vor allem jüngere männliche Erkrankte. Circa 10 % aller Menschen mit einer Erstdiagnose einer Schizophrenie unternehmen im ersten Jahr nach Diagnosestellung einen Suizidversuch. Schizophreniepatienten sterben im Durchschnitt 10 bis 20 Jahre früher [1]. Nach einer US-Untersuchung sterben Schizophreniekranke im Schnitt knapp 30 Jahre früher als psychisch Gesunde [4].

Beachte: Menschen mit Schizophrenie und Antipsychotika (AP) haben trotz hoher Nebenwirkungsrate der AP eine gesenkte Mortalitätsrate. Teilnehmende mit Polypharmazie haben dabei sogar eine geringere Mortalität als jene mit einer Monotherapie (möglicherweise wg. besserer Symptomkontrolle) [5].

Komorbiditäten 

Häufig ist die Schizophrenie mit einem hohen Risiko für kardiometabolische Erkrankungen (Adipositas, Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörungen), Hypertonie (Bluthochdruck), metabolisches Syndrom) vergesellschaftet [2]. Des Weiteren Diabetes mellitus Typ 2 und zerebrovaskuläre Erkrankungen.
Weitere Komorbiditäten und besondere Behandlungsbedingungen sind: Substanzmissbrauch und Substanzabhängigkeit (insb. Tabakkonsum; Alkohol und Cannabis), Angststörungen, Zwangsstörungen, Depressionen und Suizidalität, posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Insomnie (Schlafstörungen) [Leitlinien: S3-Leitlinie].

Beachte: Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) einer depressiven Symptomatik liegt bei an Schizophrenie erkrankten Personen bei 25 %.

Literatur

  1. Chesney E, Goodwin GM, Fazel S: Risks of all-cause and suicide mortality in mental diesorders: a meta-review. World Psychiartry 2014;13:153-160)
  2. Correll CU et al.: Cardiometabolic Risk in Patients With First-Episode Schizophrenia Spectrum Disorders. Baseline Results From the RAISE-ETP Study. JAMA Psychiatry 2014; ePub October 08, 2014. doi:10.1001/jamapsychiatry.2014.1314
  3. Orlovska S et al.: Head injury as risk factor for psychiatric disorders: a nationwide register-based follow-up study of 113,906 persons with head injury. Am J Psychiatry 2014 Apr;171(4):463-9. doi: 10.1176/appi.ajp.2013.13020190.
  4. Olfson M et al.: Premature Mortality Among Adults With Schizophrenia in the United States. JAMA Psychiatry. 2015;72(12):1172-1181. doi:10.1001/jamapsychiatry.2015.1737
  5. Jia N et al.: Long-term effects of antipsychotics on mortality in patients with schizophrenia: a systematic review and meta-analysis. Braz J Psychiatry. 2022;44(6):664-73

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 038-020), Oktober 2018 Kurzfassung Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Schizophrenie. (AWMF-Registernummer: 038-009), März 2019 Kurzfassung Langfassung