Schädel-Hirn-Trauma – Klassifikation

Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) wird wie folgt klassifiziert:

  • Grad 1 – Commotio cerebri (Gehirnerschütterung; S06.0); hierbei liegt keine dauerhafte Schädigung vor
  • Grad 2 – Contusio cerebri (Gehirnprellung; S06.3); es liegt eine offene oder geschlossene Schädigung des Gehirns vor
  • Grad 3 – Compressio cerebri (Gehirnquetschung; S06.2); es liegt eine offene oder geschlossene Schädigung des Gehirns vor

Einteilung der Schwere eines Schädel-Hirn-Traumas

Schädel-Hirn-Traum (SHT)
Glasgow Coma Scale
Bewusstlosigkeit
Leichtes SHT 13-15 Punkte bis 15 Minuten
Mittelschweres SHT 9-12 Punkte bis eine Stunde
Schweres SHT 3-8 Punkte > 1 Stunde


Koma-Klassifikation
der World Federation of Neurosurgical Societies [2, 3]

Komagrad Beschreibung
 I Bewusstlosigkeit ohne weitere neurologische Störungen
 II Bewusstlosigkeit mit Seitenzeichen, einseitige Pupillenstarre oder Hemiparese (Halbseitenlähmung)
 III Bewusstlosigkeit mit Strecksynergismen (nichtepileptische plötzlich auftretende Streckbewegungen der Körpermuskulatur am Rumpf und den Beinen (an den Armen sowohl Streckung als auch Beugung möglich) mit erhöhtem Muskeltonus)
 IV Bewusstlosigkeit mit Pupillenstarre beidseits


Glasgow Coma Scale (GCS) – Skala zur Abschätzung einer Bewusstseinsstörung [1]

  Kriterium Punktzahl
Augenöffnen    spontan 4
auf Aufforderung 3
auf Schmerzreiz 2
keine Reaktion 1
 Verbale Kommunikation     konversationsfähig, orientiert 5
konversationsfähig, desorientiert (verwirrt) 4
unzusammenhängende Worte 3
unverständliche Laute 2
keine verbale Reaktion 1
 Motorische Reaktion      befolgt Aufforderungen 6
gezielte Schmerzabwehr 5
ungezielte Schmerzabwehr 4
auf Schmerzreiz Beugesynergismen  3
auf Schmerzreiz Strecksynergismen  2
keine Reaktion auf Schmerzreiz 1

Beurteilung

  • Die Punkte werden für jede Kategorie einzeln vergeben und anschließend addiert. Die maximale Punktzahl ist 15, die minimale 3 Punkte.
  • Bei 8 oder weniger Punkten ist von einer sehr schweren Gehirnfunktionsstörung auszugehen und des besteht die Gefahr von lebensbedrohlichen Atmungsstörungen.
  • Erwachsene: Bei einem GCS ≤ 8 muss eine Sicherung der Atemwege durch endotracheale Intubation (Einführen eines Tubus (Hohlsonde) über Mund oder Nase zwischen den Stimmlippen des Kehlkopfes hindurch in die Luftröhre) erwogen werden.
    Kinder: Bei einem GCS < 9 oder respiratorischer Gefährdung (z. B. Mittelgesichtsfrakturen) muss eine Sicherung der Atemwege durch endotracheale Intubation erfolgen.

Das SHT umfasst:

  • Skalpverletzungen (Kopfschwartenverletzungen)
  • knöcherne Frakturen (Knochenbrüche)
  • Duraverletzungen (Dura: harte Hirnhaut; äußerste Hirnhaut)
  • intrakranielle Läsionen (Verletzungen innerhalb des Gehirns)

PECARN-Score [4]

Der PECARN (Pediatric Emergency Care Applied Research Network) Score ist eine klinische Entscheidungsregel, die darauf abzielt, Kinder mit einem sehr geringen Risiko für klinisch bedeutsame traumatische Hirnverletzungen (engl. Clinically important traumatic brain injuryci-TBI) zu identifizieren.

Der validierte pädiatrische Algorithmus sagt die Wahrscheinlichkeit  voraus und gibt die Entscheidung für eine Untersuchung mit Schädel-CT [4, 5]. Als klinisch bedeutsames SHT wurde definiert, wenn einer der folgenden Fälle auftrat:

  • Tod durch Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
  • neurochirurgische Operation
  • Intubation für > 24 Stunden wg. SHT
  • Krankenhausaufnahme von ≥ 2 Nächten in Verbindung mit Schädel-Hirn-Trauma und CT

Nachfolgend Kriterien, mit denen bedeutsame traumatische Hirnverletzung (ci-TBI) ohne Schädel-CT sicher ausgeschlossen werden kann:

Alter < 2 Jahre

Normaler mentaler Status
Normales Verhalten als Eindruck der Pflegenden (Eltern)
Kein Bewusstseinsverlust
Kein schwerer Verletzungsmechanismus
Kein frontales Schädelhauthämatom (Schädelhautbluterguss)
Kein Hinweis auf Schädelfraktur (Schädelbruch)

Beachte: Die Wahrscheinlichkeit, dass Säuglinge unter drei Monaten nach einer stumpfen Kopfverletzung ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) im CT aufweisen, obwohl gemäß PECARN-Kriterien eine Niedrig-Risiko-Kategorie vorliegt ca. 5 % [6].

Alter ≥ 2 Jahre bis 18 Jahre

Normaler mentaler Status
Kein Bewusstseinsverlust
Kein schwerer Verletzungsmechanismus
Kein Erbrechen
Keine schweren Kopfschmerzen
Keine Anzeichen einer Schädelbasisfraktur

Literatur

  1. Teasdale G, Jennet B: Assessment of coma and impaired consciouness: a pratical scale, Lancet 2:81-84, 1974
  2. Frowein R: Classification of coma. Acta Neurochir (Wien) 1976; 34: 5-10 doi: 10.1007/BF01405858
  3. Brihaye J, Frowein RA, Lindgren S, Loew F, Stroobandt G: Report on the meeting of the WFNS Neuro-Traumatology Committee. Brussels. I. Comascaling. Acta Neurochir (Wien) 1978; 40: 181-6 doi: 10.1007/BF01773126
  4. Bressan S et al.: Traumatic brain injury in young children with isolated scalp haematoma Disease in Childhood 2019;104:664-669
  5. Morrison J: CT or not CT? American Academy of Pediatrics AAP News & Journals Gateway April 02, 2018
  6. Abid Z et al.: Risk of Traumatic Brain Injuries in Infants Younger than 3 Months With Minor Blunt Head Trauma. Ann Emerg Med 2021; https://doi.org/10.1016/j.annemergmed.2021.04.01