Schädel-Hirn-Trauma – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des Schädel-Hirn-Traumas dar. Soweit der Patient selbst nicht ansprechbar ist, erfolgt das Gespräch mit Angehörigen/Kontaktpersonen.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie neurologische Erkrankungen, die für die aktuelle Situation von Bedeutung sein könnten (z. B. Epilepsie)?
  • Bestehen in Ihrer Familie Blutgerinnungsstörungen oder andere relevante Erbkrankheiten (z. B. Hämophilie (Bluterkrankheit) oder Faktor-V-Leiden-Mutation))?

Soziale Anamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus? Gab es mögliche berufsbedingte Unfallrisiken?
  • Gibt es Hinweise auf psychosoziale Belastungen oder Suchterkrankungen?
  • Gab es in der Vergangenheit Unfälle oder riskantes Verhalten, das in Zusammenhang mit dem aktuellen Ereignis stehen könnte?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

Ggf. Fremdanamnese: Befragung von Unfallbeteiligten oder -zeugen

  • Können Sie den Unfallmechanismus beschreiben?
  • Bei Autounfällen:
    • Art der Fahrzeugbeschädigung?
    • Absturzhöhe?
  • Waren Sie bewusstlos? Wenn ja:
    • Wie lange?
    • Zum Zeitpunkt des Unfalls? Oder später?
  • Haben Sie Kopfschmerzen oder Schwindel?
  • Besteht Übelkeit oder Erbrechen? Wenn ja, wie oft und wie lange?
  • Bestehen Seh-, Hör- oder Sprachstörungen?
  • Gab es Krampfanfälle?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Haben sich die Symptome verstärkt oder verändert?
  • Gab es Blutungen, sichtbare Kopfverletzungen oder Knochenbrüche?
  • Besteht eine Nackensteifigkeit?
  • Gibt es Hinweise auf eine Schädelbasisfraktur (z. B. Blutungen aus Nase oder Ohren, Blutergüsse um die Augen)?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bestehen bekannte neurologische oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Epilepsie, Gerinnungsstörungen, Apoplex (Schlaganfall))?
    • Gab es frühere Kopfverletzungen am Schädel?
  • Wurden in der Vergangenheit neurochirurgische Eingriffe durchgeführt?
  • Gab es eine Radiatio (Strahlentherapie) im Kopfbereich?
  • Bestehen Allergien gegen Medikamente oder andere Substanzen?

Medikamentenanamnese

  • Acetylcholinesterasehemmer (Donezepil, Galantamin, Rivastigmin)
  • Alpha-Sympatholytika (Phenoxybenzamin)
  • Antiarrhythmika
    • Klasse Ib-Antiarrhythmika (Lidocain)
  • Antikoagulantien
  • Hypnotika
  • Muskelrelaxantien
    • Benzodiazepine (Tetrazepam)
  • Opiate
  • Sedativa
  • Triptane (Sumatriptan)

Umweltanamnese inkl. Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Gab es eine mögliche Vergiftung durch:
    • Alkohol oder Drogen (z. B. Opiate, Kokain)?
    • Kohlenmonoxid?
    • Alkaloide oder Zyanwasserstoff/Kaliumzyanid?
    • Hypnotika oder Beruhigungsmittel?
    • Aliphatische oder aromatische Kohlenwasserstoffe?

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Levine M et al.: Risk of intracranial injury after minor head trauma in patients with pre-injury use of clopidogrel.  Am J Emerg Med 2013; doi: 10.1016/j.ajem.2013.08.063