Restless-Legs-Syndrom – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) kann in eine primäre (genetische) und eine sekundäre (symptomatische) Form unterteilt werden. Die primäre Form wird durch eine genetische Disposition verursacht, während die sekundäre Form häufig mit Begleiterkrankungen wie Eisenmangel oder Schwangerschaft einhergeht.

Neurotransmitter-Dysfunktion

Die Pathogenese des RLS wird hauptsächlich auf eine Störung des Dopamin-Stoffwechsels zurückgeführt. Dopamin ist ein biogenes Amin, das als Neurotransmitter eine entscheidende Rolle in der Motorik spielt. Eine gestörte Dopamin-Funktion im zentralen Nervensystem könnte die Ursache für die Bewegungsdrang-Symptome und Missempfindungen in den Beinen sein. Dopaminerge Dysregulation wird als zentraler Mechanismus angesehen, der die unwillkürlichen Bewegungen beim RLS fördert.

Eisenstoffwechsel und RLS

Ein weiterer wichtiger Faktor in der Pathogenese des RLS ist eine Störung im Eisenstoffwechsel. Eisen ist ein wesentlicher Kofaktor für die Dopaminsynthese, und ein Eisenmangel im Gehirn kann zu einer Beeinträchtigung der Dopaminproduktion führen. Dies erklärt, warum Eisenmangel oft mit der sekundären Form des RLS assoziiert ist und auch häufig bei Schwangerschaft als Trigger auftritt [4].

Endogenes Opioidsystem

Zusätzlich wird diskutiert, dass das endogene Opioidsystem, das an der Schmerz- und Bewegungsregulation beteiligt ist, beim RLS eine Funktionsstörung aufweist. Eine gestörte Aktivität dieses Systems könnte zu den unangenehmen sensorischen Symptomen beitragen, die viele RLS-Patienten erleben [4].

Periphere Komponenten

Es scheint auch eine periphere Komponente in der Pathogenese des RLS zu geben. Studien haben bei RLS-Patienten einen Sauerstoffmangel (Hypoxie) in den Mikrogefäßen der Beine festgestellt. Diese Hypoxie ist offenbar umso ausgeprägter, je schwerer das RLS ist, was auf eine periphere vaskuläre Dysregulation hinweist [2].

Erhöhte Erregbarkeit der peripheren Motoneurone

Eine weitere mögliche Ursache des RLS ist eine erhöhte Erregbarkeit der peripheren Motoneurone (Zellen des zentralen Nervensystems, die Signale an Muskelzellen weiterleiten, um Bewegungen auszulösen). Diese Übererregung könnte zu den unwillkürlichen Bewegungen und Spannungsgefühlen in den Beinen führen, die bei RLS charakteristisch sind [5].

Zusammenfassung

Die Pathogenese des Restless-Legs-Syndroms ist komplex und umfasst Störungen im Dopamin-Stoffwechsel, Eisenstoffwechsel und endogenem Opioidsystem. Zusätzlich spielen periphere vaskuläre (gefäßbedingte) und neuronale Dysregulationen eine Rolle. Diese multifaktoriellen Mechanismen tragen zu den charakteristischen Missempfindungen und dem Bewegungsdrang bei, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen [2, 4, 5].

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung – genetische Disposition gilt inzwischen als bewiesen/ca. die Hälfte der Erkrankungen tritt familiär gehäuft auf; der erste Verwandtschaftsgrad ist betroffen
      • im Falle, dass drei der bekannten Genom-Regionen nachweisbar sind, steigt das RLS-Risiko um 50 % [1]
      • in einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) wurde weitere 19 Genvarianten gefunden, die das Risiko auf ein Restless-Legs-Syndrom erhöhen –  diese erklärten 60 Prozent der Heritabilität (Vererbbarkeit), die in den untersuchten Kohorten nur bei etwa 20 Prozent lag [3]
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: BTBD9, MEIS1, PTPRD
        • SNP: rs2300478 im Gen MEIS1
          • Allel-Konstellation: GT (1,7-fach)
          • Allel-Konstellation: GG (> 1,7-fach)
        • SNP: rs1975197 im Gen PTPRD
          • Allel-Konstellation: CT (1,3-fach)
          • Allel-Konstellation: TT (> 1,3-fach)
        • SNP: rs3923809 im Gen BTBD9
          • Allel-Konstellation: AG (0,57-fach)
          • Allel-Konstellation: GG (0,32-fach)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe): Eisenmangel ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für RLS. Ein Mangel an Folat und Vitamin D kann ebenfalls Einfluss auf die Symptomatik haben.
    • Schlechte Ernährung – Zufuhr von verarbeiteten Lebensmitteln oder nährstoffarmen Diäten, die den Eisenstatus verschlechtern.
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – Kann bestehende RLS-Symptome verschlechtern.
    • Kaffee – Übermäßiger Koffeinkonsum kann eine stimulierende Wirkung auf die Nerven haben und die Symptome verstärken.
    • Tabak (Rauchen) – Rauchen ist mit einer erhöhten Prävalenz von RLS assoziiert.
  • Drogenkonsum
    • Opiate – Regelmäßige Anwendung stark wirksamer Schmerzmittel wie Morphin kann den Dopaminhaushalt beeinflussen und die Symptome verschlechtern.
  • Schlafmangel
    • Chronische Schlafstörungen – Schlafmangel oder unregelmäßige Schlafgewohnheiten können RLS-Symptome akut verschlimmern.

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Endokrine Erkrankungen
  • Neurologische Erkrankungen wie Polyneuropathien (Erkrankungen peripherer Nerven), Motoneuronerkrankungen (Gruppe von Erkrankungen, die die Motoneurone betreffen. Motoneurone sind Nervenzellen des zentralen Nervensystems, die mit ihrem Axon eine direkte oder indirekte Kontrolle über einen Muskel ausüben), Myelopathien (Erkrankungen des Rückenmarks), Morbus Parkinson
  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Rheumatoide Arthritis
  • Störungen des Eisenspeichers Ferritin
  • Urämie (Auftreten harnpflichtiger Substanzen im Blut oberhalb der Normwerte)

Medikamente

  • Antidepressiva (Medikamente gegen Depressionen) – insb. selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI); tri- und tetrazyklische Antidepressiva
  • Antipsychotika (Neuroleptika/Nervendämpfungsmittel), die am Dopamin-D2-Rezeptor antagonistisch wirken
  • β-Sympathomimetika (Asthmatherapie)
  • Lithium
  • Metoclopramid (Antiemetikum/Medikamente gegen Übelkeit und Brechreiz)
  • Mirtazapin (kann zu einer Exazerbation/deutliche Verschlechterung eines RLS führen)
  • Steroide?

Weitere Ursachen

  • Spinalanästhesie
  • Schwangerschaft

Literatur

  1. Winkelmann J et al.: Genome-wide association study of restless legs syndrome identifies comom variants in three genomic regions. Nature Genetics 2007 Jul 18
  2. Salminen AV, Rimpilä V, Polo O: Peripheral hypoxia in restless legs syndrome (Willis-Ekbom disease). Published online before print April 30, 2014, doi: 10.1212/WNL.0000000000000454 Neurology May 27, 2014 vol. 82 no. 21 1856-1861
  3. Schormair B et al.: Identification of novel risk loci for restless legs syndrome in genome-wide association studies in individuals of European ancestry: a meta-analysis. Lancet Neurol 2017; 16: 898-907
  4. Allen RP: Restless leg syndrome/Willis-Ekbom disease pathophysiology. Sleep Med Clin 2015;10:207-214 doi: 10.3389/fnagi.2017.00171
  5. Czesnik D et al.: Ih contributes to increased motoneuron excitability in restless legs syndrome. J Physiol. 2018 Nov 14. doi: 10.1113/JP275341. https://doi.org/10.1113/JP275341