Posttraumatische Belastungsstörung – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die als Reaktion auf ein traumatisches Ereignis auftritt. Voraussetzung für die Diagnose ist das Erleben eines Traumas, das objektiv als lebensbedrohlich wahrgenommen wird und subjektiv intensive Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen auslöst.

Neurobiologische Veränderungen

Studien zeigen, dass neurobiologische Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung der PTBS spielen. Besonders relevant sind:

  • Geringeres Volumen des Hippocampus: Der Hippocampus ist ein zentraler Teil des Gehirns, der für das Gedächtnis und die Verarbeitung von Emotionen verantwortlich ist. Ein geringeres Volumen dieses Bereichs kann mit einer erhöhten Vulnerabilität für PTBS in Verbindung stehen.
  • Polymorphismen von Rezeptoren und Neurotransmittertransportern: Genetische Variationen, die die Reaktionen auf Stress beeinflussen, tragen ebenfalls zur Entwicklung einer PTBS bei.
  • Störung der Emotionsregulation: Es besteht eine Hypoaktivität des präfrontalen Kortex, der für die kontrollierte Verarbeitung von Emotionen zuständig ist, während die Amygdala (Mandelkern) eine Hyperaktivität aufweist. Die Amygdala ist Teil des limbischen Systems und spielt eine zentrale Rolle bei der Emotionsverarbeitung und der Erinnerung an traumatische Ereignisse [2].

Schlafstörungen und PTBS

Es wurde festgestellt, dass Schlafstörungen eine enge Verbindung zur Entstehung und Aufrechterhaltung von PTBS haben. Personen, die ein Trauma erlitten haben, zeigen oft:

  • Reduzierte Schlafdauer
  • Signifikant verkürzten Non-REM-Schlaf
  • Längere Wachphasen in der Nacht

Diese Schlafstörungen können den Genesungsprozess behindern und die Emotionale Verarbeitung des Traumas erschweren, was das Risiko für die Entwicklung einer PTBS erhöht [5].

Risikofaktoren und Traumata

Die Wahrscheinlichkeit, eine PTBS zu entwickeln, liegt bei 8-15 %. Das Risiko steigt, wenn das Trauma absichtlich herbeigeführt wurde, wie bei Gewaltverbrechen. Besonders nach einer Vergewaltigung liegt das Risiko, eine PTBS zu entwickeln, bei etwa 50 % [1].

Zusammenfassung

Die Pathogenese der PTBS wird durch eine Kombination von neurobiologischen Veränderungen, insbesondere im Hippocampus, Amygdala und präfrontalen Kortex, sowie genetischen Polymorphismen beeinflusst. Zudem spielen Schlafstörungen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung. Traumatische Erlebnisse, insbesondere solche, die absichtlich herbeigeführt wurden, erhöhen das Risiko für die Entwicklung einer PTBS erheblich [1, 2, 5].

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung
    • Polymorphismen von Rezeptoren oder Neurotransmittertransportern, die Reaktionen beeinflussen
  • Trauma bzw. Traumata (siehe unter "Klassifikation")
  • Frühere Traumatisierung
  • Frühe Trennungserlebnisse
  • Geringere Ressourcen (Intelligenz, Bildungsstatus, sozialökonomischer Status)
  • Berufe: Ärzte, die im Bereich Gynäkologie/Geburtshilfe tätig sind (insb. in der Geburtshilfe) – in einer Umfrage mit über 1.000 Klinikärzten wiesen 30 % nachweislich Symptome einer PTBS auf; bei jeweils 18 % der Assistenz- und Fachärzte mit traumatischen Erfahrungen waren diese Symptome klinisch manifest (gemäß der "Impact-of-Event-Skala“) [6].
    Einschränkung: Umfrage mit geringem Rücklauf (18 %)

Krankheitsbedingte Ursachen (Traumatisierungen durch Erkrankungen)

  • Angststörungen
  • Alkoholerkrankungen
  • Bipolare Störung
  • Depression
  • Insomnie (Schlafstörungen)
  • Krebserkrankung
  • Psychosen

Weitere Ursachen

  • Kognitive, psychische und körperliche Langzeitfolgen nach intensivmedizinischer Behandlung ("Post-Intensive Care Syndrome" und "Post-Intensive Care Syndrome – Family"): ca. 20 % der Patienten einer Intensivtherapiestation (ITS) entwickeln im ersten Jahr nach der Behandlung eine PTBS [3]; bis zu 69 % der Angehörigen entwickeln nach der ITS-Behandlung PTBS-Symptome [4].

Literatur

  1. Resnick H, Acierno R, Waldrop A et al.: Randomized controlled evaluation of an early intervention to prevent post-rape psychopathology. Behav Res Ther 2007; 45: 2432-47 doi: 10.1016/j.brat.2007.05.002
  2. Etkin A, Wager T: Functional neuroimaging of anxiety: a meta-analysis of emotional processing in PTSD, social anxiety disorder, and specific phobia. Am J Psychiatry 2007; 164: 1476-88 doi: 10.1176/appi.ajp.2007.07030504
  3. Parker AM et al.: Posttraumatic stress disorder in critical illness survivors: a metaanalysis. Crit Care Med 2015 May;43(5):1121-9. doi: 10.1097/CCM.0000000000000882.
  4. Petrinec AB, Daly BJ: Post-traumatic stress symptoms in post-ICU family members: review and methodological challenges. West J Nurs Res 2016 Jan;38(1):57-78. doi: 10.1177/0193945914544176. Epub 2014 Jul 23.
  5. Sopp MR et al.: REM theta activity predicts re-experiencing symptoms after exposure to a traumatic film. Sleep Medicine Volume 54, February 2019, Pages 142-152 https://doi.org/10.1016/j.sleep.2018.10.030
  6. Slade P et al.: Work-related post-traumatic stress symptoms in obstetricians and gynaecologists: findings from INDIGO a mixed methods study with a crosssectional survey and in-depth interviews. BJOG 2020; https://doi.org/10.1111/1471-0528.16076