Polyneuropathien – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Kleines Blutbild
- Differentialblutbild [Eosinophilie?, Makrozytäre Anämie?, MCV-Erhöhung bei Alkoholabusus/Alkoholabhängigkeit?]
- Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
- Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Keton, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm, das heißt Austestung geeigneter Antibiotika auf Sensibilität/Resistenz), Albumin (Mikroalbuminurie?)
- Nüchternglucose (Nüchternblutzucker), ggf. auch oraler Glukosetoleranztest (insb. bei distal symmetrischer sensibler PNP)
- HbA1c (Langzeitblutzuckerwert)
- Schilddrüsenparameter – TSH
- Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH) und Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT)
- Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, Kreatinin-Clearance
- Serumeiweißelektrophorese
- Immunoglobulin (oligoklonale Banden) [monoklonale Gammopathie?] Beachte: Ca. 10 % der distal symmetrischen PNP sind auf eine Paraproteinämie zurückzuführen
- Bence-Jones-Protein (Urin)
- Carbodefizientes Transferrin (CDT) ↑ (bei chronischem Alkoholismus; positiv bei Konsum von einer Flasche Wein oder drei Flaschen Bier pro Tag)*
- Vitamin B12 (zusätzlich Methylmalonsäure bei niedrig normalen Werten) – bei subakuter PNP mit und ohne Beteiligung des Zentralnervensystems
*Bei Abstinenz normalisieren sich die Werte innerhalb von 10-14 Tagen
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung einer Polyneuropathie (PNP)
- ANA, pANCA, cANCA, dsDNA, Auto-Ak gegen Gefäßendothel (AECA), SS-A (Ro), SS-B (La), snRNP, Kryoglobuline – Verdacht auf Vaskulitis [s. u. Vaskulitiden (immunreaktiv ausgelöste Entzündung von Blutgefäßen)/Labordiagnostik]
- Antikörper Anti-FGF3 („antifibroblast growth factor receptor 3 antibody“) – ursächlich für eine Untergruppe von Neuronopathien und Kleinfaserneuropathien
- Infektionserologische Untersuchungen
- Borrelien-Serologie [s. u. Borrelien/Labordiagnostik]
- Erweiterte Untersuchungen: Cytomegalie, TPHA (Treponema-pallidum-Hamagglutinations-Assay), HIV, Hepatitis B und C
- Porphyrine im Urin
- Vitaminstatus – Vitamin B1, Vitamin B6 und Vitamin E
- Intoxikationsparameter – Arsen, Blei, Quecksilber, Thallium
- Liquorpunktion (Entnahme von Nervenwasser durch Punktion des Rückenmarkskanals) zur Liquordiagnostik (Zellzahl, Liquorzytologie, Proteine und Immunglobuline (Liquorproteinprofil), oligoklonale Banden, Borrelien-AK); Indikationen:
- bei akut einsetzender oder schnell progredienter Neuropathien mit elektrophysiologischen Zeichen einer Demyelinisierung
- zur Differentialdiagnose entzündlicher Polyneuropathien
- Hautbiopsie (Gewebeentnahme aus der Haut); Indikationen:
- Diagnostik neuropathischer Schmerzen und
- Small-Fiber-Neuropathien (spezielle Form der sensiblen Polyneuropathien, bei der vor allem die dünnen, nicht von „Markscheiden“ umgebenen „C-Fasern“ betroffen sind), wenn konventionelle elektrophysiologische Methoden keine Auffälligkeiten zeigen und/oder der Verdacht auf eine Small-Fiber-Neurpathie besteht.
- Nervenbiopsie; Indikationen:
- bei Verdacht auf entzündliche Genese
- mittelschwer/schwer ausgeprägte progrediente Neuropathie, wenn nicht-invasive Methoden nicht zur Diagnose geführt haben
- Molekulargenetische Untersuchung (PMP22-Gen; häufigste Ursache: Duplikation am PMP22-Gen auf dem Chromosom 17) – Indikationen:
- positive Familienanamnese für Neuropathien
- Verdacht auf eine hereditären (erbliche) PNP (Hohlfuß, Krallenzehen, indolenter Verlauf, junges Erkrankungsalter vorliegend)
- Verdacht auf hereditäre motorisch-sensible Neuropathie Typ I (HMSN I) oder vom Englischen "Hereditary Neuropathy with liability to Pressure Palsies" (HNPP))
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Diagnostik bei Polyneuropathien. (AWMF-Registernummer: 030 - 067), März 2019 Langfassung