Myasthenia gravis – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Myasthenia gravis hinweisen:

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf Myasthenia gravis und werden oft zuerst bemerkt:

  • Muskelschwäche nach Bewegung: Bereits nach kurzer Belastung (z. B. Gehen, Heben, Kauen) tritt rasch eine Muskelschwäche auf, die nach einer Ruhepause vorübergehend besser wird.

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild von Myasthenia gravis:

  • Herabhängende Augenlider (Ptosis): Häufig hängen ein oder beide Augenlider herab, was oft als „Schlafzimmerblick“ bezeichnet wird. Diese Erscheinung betrifft etwa 50-80 % der Patienten und ist oft das erste Symptom.
  • Doppeltsehen (Diplopie): Wegen der Muskelschwäche der Augenmuskeln sehen die Betroffenen häufig Doppelbilder. Dies tritt bei etwa 40-60 % der Betroffenen auf.
  • Schwäche in Armen und Beinen: Besonders die Arme sind oft schwächer als die Beine. Dies zeigt sich beim Heben von Gegenständen, Treppensteigen oder bei alltäglichen Tätigkeiten. Diese Muskelschwäche entwickelt sich im Verlauf der Erkrankung bei etwa 60-70 % der Patienten.
  • Schwacher Händedruck („Melkerinnen-Griff“): Die Kraft im Händedruck schwankt und kann mal normal, mal deutlich reduziert sein. Dies kann beim Handschlag oder beim Greifen von Gegenständen auffallen.

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Schwäche der Nackenmuskulatur: Es kann schwerfallen, den Kopf aufrecht zu halten, besonders bei längerer Belastung, was bei etwa 20-30 % der Patienten im späteren Verlauf auftritt.
  • Sprech- und Schluckprobleme (bulbäre Symptome): Betroffene haben möglicherweise Schwierigkeiten beim Sprechen oder Schlucken (betreffen etwa 30-50 % der Patienten im fortgeschrittenen Stadium). Dazu gehören:
    • Vermehrter Speichelfluss
    • Zungenmuskelschwund (Atrophie) an den Rändern
    • Unwillkürliche Zuckungen der Zunge (Zungenfaszikulationen)
    • Unangemessenes Lachen oder Weinen
    • Nasale oder veränderte Stimme (Dysarthrophonie)
    • Wenn die Schluckmuskulatur betroffen ist, kann Flüssigkeit beim Trinken aus der Nase austreten, was in schweren Fällen eine Magensonde (PEG-Sonde) erforderlich macht.
  • Atemprobleme: In fortgeschrittenen Fällen kann die Atemmuskulatur geschwächt sein, was das Atmen erschwert und bei etwa 10-20 % der Patienten zu einer eingeschränkten Vitalkapazität (Lungenvolumen) führt. Bei schweren Verläufen kann sogar eine Beatmung erforderlich sein. 

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Müdigkeit
  • Allgemeines Schwächegefühl

Erstsymptomatik

  • > 50 % beginnend mit okulärer (die Augen betreffende) Symptomatik, z. B. ein- oder beidseitige Ptosis und/oder Doppelbilder (können vorübergehend sein, bei Belastung verschlimmern und sich im Tagesverlauf verändern; folgt keinem Muster)
  • Ca. 14 % beginnend mit Schluck- und Sprechstörungen
  • Ca. 8 % beginnend mit Arm- bzw. Beinschwächen
  • Sehr seltener Beginn bei Rumpf- und Wirbelsäulenmuskulatur

Die Muskelschwäche kann im Tagesverlauf auch ohne erkennbaren Grund zunehmen. In Ruhe nimmt sie wieder ab.
Die Symptome sind in ihrem Auftreten und Intensität nicht starr, sondern wechselnd. Anfänglich sind meist nur kleine Muskeln betroffen. Muskeln mit glatter Muskulatur sowie die Herzmuskulatur sind nicht betroffen, da sie keine motorische Endplatte haben.

Beachte: Gleichgewichtsstörungen, degenerative Gedächtnisstörungen sowie Sensibilitätsstörungen sind keine Anzeichen für eine Myasthenia gravis!

Myasthenische Krise

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine myasthenische Krise und werden oft zuerst bemerkt:

  • Starke Zunahme der Muskelschwäche: Betroffene spüren eine plötzliche und starke Schwäche der Muskeln im ganzen Körper.

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild einer myasthenischen Krise:

  • Schluckstörungen (Dysphagie): Viele Betroffene (etwa 70-80 %) haben plötzlich Schwierigkeiten beim Schlucken, was zu Erstickungsanfällen führen kann.
  • Sprechstörungen (Dysarthrie): Bei etwa 60-70 % der Betroffenen treten plötzlich Probleme beim Sprechen auf, die Stimme klingt undeutlich oder verwaschen.
  • Atemprobleme: In schweren Fällen (10-20 %) kann es dazu kommen, dass die Atemmuskulatur so schwach wird, dass die Betroffenen Hilfe beim Atmen benötigen.

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Muskelzuckungen (Faszikulationen): In den kleinen Muskeln; betreffen etwa 30-50 % der Betroffenen
  • Muskelkrämpfe: Treten bei etwa 30-40 % der Patienten auf.
  • Übermäßiger Speichelfluss: Tritt plötzlich auf
  • Langsamer Herzschlag (Bradykardie): Bei etwa 20 % der Patienten
  • Durchfall: Manche Patienten haben Durchfall als Folge der Krise.

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Allgemeine Schwäche
  • Unwohlsein

Auftreten einer myasthenischen Krise häufig in Zusammenhang mit Infektionen bei Patienten mit länger bestehender Myasthenie.

Beachte: Eine myasthenische Krise stellt eine neurologische Notfallsituation dar und bedarf immer einer intensivmedizinischen Behandlung.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie myasthener Syndrome. (AWMF-Registernummer: 030-087), November 2022 Langfassung