Muskeldystrophie Typ Duchenne – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) ist eine X-chromosomal rezessive Erbkrankheit, die durch Mutationen im DMD-Gen verursacht wird, welches für das Protein Dystrophin kodiert. Dystrophin ist ein essentielles Strukturprotein der Muskelfasern und spielt eine wichtige Rolle bei der Stabilität der Zellmembran während der Muskelkontraktion.
Genetische Mutationen
Die genetischen Veränderungen bei DMD sind zu über 80 % Rasterschubmutationen, darunter:
- Deletionen (Verlust von Nukleobasen)
- Insertionen (Zusätzliches Einfügen von Nukleobasen)
- Duplikationen (Verdopplung von Nukleobasen)
Diese Mutationen führen zu einem stark veränderten Dystrophin-Protein, das funktionsunfähig ist. In 10-15 % der Fälle sind Nonsense-Mutationen verantwortlich, bei denen ein vorzeitiges Stopcodon die Translation des Proteins unterbricht. In beiden Fällen resultiert ein fehlerhaftes oder fehlendes Dystrophin, was die Struktur und Funktion der Muskelfasern erheblich beeinträchtigt. Missense-Mutationen (Punktmutationen, die zum Austausch einer Aminosäure führen) sind seltener und verursachen ein teilweise funktionsfähiges Dystrophin, was zu einer weniger schweren Form der Krankheit führen kann.
Unterschied zur Becker-Muskeldystrophie
Wenn durch eine Mutation noch Restmengen des Dystrophins produziert werden, spricht man von der Muskeldystrophie Becker-Kiener. Diese zeigt einen ähnlichen, aber abgeschwächten symptomatischen Verlauf, da das Protein teilweise funktionstüchtig ist.
Fehlende Dystrophin-Funktion
Das Dystrophin-Protein hat eine wichtige strukturelle Rolle in der Muskelzelle, indem es die Aktinfilamente im Inneren der Zelle mit dem Glykoprotein Beta-Dystroglykan verbindet, welches wiederum mit Alpha-Dystroglycan im Extrazellularraum interagiert. Diese Proteinkomplexe stabilisieren die Zellmembran der Muskelfasern während der Kontraktion.
Bei Patienten mit DMD fehlt das Dystrophin-Protein, was bedeutet, dass die Aktinfilamente nicht an Beta-Dystroglykan und damit an das extrazelluläre Alpha-Dystroglycan binden können. Dies führt dazu, dass die Muskelfasern instabil sind und während der Kontraktion Schäden an der Zellmembran auftreten.
Zellmembrandefekte und Zellschädigung
Durch den fehlenden Schutz bei Muskelkontraktionen wird die Zellmembran der Muskelfasern an mehreren Stellen geschädigt. Dadurch können Enzyme, wie die Creatinkinase (CK), die eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel spielt, aus der Zelle in den Extrazellularraum entweichen. Gleichzeitig strömen Calciumionen in die Zellen, was zur Zelllyse (Zelltod) führt. Die Muskelzellen werden irreparabel geschädigt und sterben ab.
Gewebeersatz durch Fett- und Bindegewebe
Mit dem Absterben der Muskelfasern beginnt der Ersatz des Muskelgewebes durch Fett- und Bindegewebe. Diese Prozesse tragen maßgeblich zu den klinischen Symptomen der DMD bei, wie Muskelschwäche, Verlust der Gehfähigkeit und fortschreitender Muskelschwund. Die betroffenen Muskeln verlieren ihre Funktion, was schließlich zu Kontrakturen und einer erheblichen Einschränkung der Mobilität führt.
Zusammenfassung
Die Pathogenese der Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) basiert auf Mutationen im DMD-Gen, die zu einem fehlerhaften oder fehlenden Dystrophin-Protein führen. Dystrophin spielt eine zentrale Rolle in der Stabilisierung der Zellmembran von Muskelfasern. Das Fehlen dieses Proteins führt zu Membranschäden, Calciumüberladung und schließlich zum Absterben der Muskelzellen. Die zerstörten Muskelfasern werden durch Fett- und Bindegewebe ersetzt, was zu fortschreitendem Muskelschwund und funktionellen Einschränkungen führt.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Gene: DMD
- SNPs: Mehr als 1.800 mögliche SNPs im DMD-Gen
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen: