Multiple Sklerose (MS) – Differentialdiagnosen
Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00-Q99)
- Vaskuläre Malformationen – Gefäßfehlbildungen
Augen und Augenanhangsgebilde (H00-H59)
- Anteriore ischämische Optikusneuropathie – akuter Verschluss einer den Sehnerven versorgenden Augenarterie im Zinn-Haller-Gefäßkranz; wird auch als Augeninfarkt bezeichnet
Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)
- Antiphospholipid-Syndrom (APS; Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom); Autoimmunkrankheit; es erkranken überwiegend Frauen (Gynäkotropie); durch folgende Trias charakterisiert:
- venöse und/oder arterielle Thrombosen (Blutgerinnsel (Thrombus) in einem Blutgefäß)
- Thrombozytopenie (Mangel an Thrombozyten (Blutplättchen) im Blut)
- rezidivierende Spontanaborte (Auftreten von drei oder mehr konsekutiven Spontanaborten vor der 20. SSW/Schwangerschaftswoche)
- Sarkoidose (Synonyme: Morbus Boeck; Morbus Schaumann-Besnier) – systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten)
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Kongenitale Leukodystrophien – angeborene Entmarkungserkrankung
- Morbus Fabry (Synonyme: Fabry-Krankheit oder Fabry-Anderson-Krankheit) – X-chromosomal vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die auf einem Defekt im Gen für das Enzym Alpha-Galaktosidase A beruht, die zu einer progredienten Akkumulation des Sphingolipids Globotriaosylceramid in den Zellen führt; mittleres Manifestationsalter: 3-10 Jahre; Frühsymptome: intermittierende Brennschmerzen, eine verminderte oder fehlende Schweißproduktion sowie gastrointestinale Probleme; unbehandelt kommt es im weiteren Verlauf zu einer zunehmenden Nephropathie (Nierenerkrankung) mit Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) und fortschreitender Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) sowie einer hypertrophen Kardiomyopathie (HCM; Erkrankung des Herzmuskels, der durch eine Verdickung der Herzmuskelwände gekennzeichnet ist).
- Vitamin B12-Mangel
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Apoplex (Schlaganfall)
- Susac-Syndrom (SS; SUS) – Autoimmunerkrankung, die wahrscheinlich durch eine autoreaktive CD8+-Zellen (CD: "cluster of differentiation") vermittelte Immunreaktion zum Verschluss kleiner Gefäße im zentralen Nervensystem (ZNS), in der Retina (Netzhaut) und im Innenrohr führt; kennzeichnet durch die Trias Dysfunktion des Zentralnervensystems (ZMS), Verschluss von Seitenästen der Netzhautarterie (BRAOs) und sensorisch-neurale Schwerhörigkeit (SNHL); klinische Symptomatik: Enzephalopathie, Gesichtsfeldsdefekte und Schwerhörigkeit; Frauen häufiger als Männer betroffen
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- HIV-Infektion
- Lyme-Borreliose – Infektionskrankheit, die durch Zecken übertragen wird
- Syphilis – sexuell übertragbare Infektionserkrankung
Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)
- Fibromyalgie (15 %) (Fibromyalgie-Syndrom) – Syndrom, welches zu chronischen Schmerzen (mindestens 3 Monate) in mehreren Körperregionen führen kann
- Morbus Behçet (Synonym: Morbus Adamantiades-Behçet; Behçet-Krankheit; Behçet-Aphthen) – Multisystemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, die mit einer rezidivierenden, chronischen Vaskulitis (Gefäßentzündung) der kleinen und großen Arterien sowie mit Schleimhautentzündungen einhergeht; als typisch für die Erkrankung wird in der Literatur die Trias (das Auftreten von drei Symptomen) aus Aphthen (schmerzhafte, erosive Schleimhautveränderungen) im Mund und aphthösen Genitalulzera (Geschwüre in der Genitalregion) sowie einer Uveitis (Entzündung der mittleren Augenhaut, die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Strahlenkörper (Corpus ciliare) und der Regenbogenhaut (Iris) besteht) angegeben; man vermutet einen Defekt der zellulären Immunität
- Kollagenosen wie der Systemische Lupus erythematodes (SLE) – Autoimmunerkrankungen
- Sjögren-Syndrom (Gruppe der Sicca-Syndrome) – Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Kollagenosen, die zu einer chronisch entzündlichen Erkrankung der exokrinen Drüsen, am häufigsten der Speichel- und Tränendrüsen, führt; typische Folgeerkrankungen bzw. Komplikationen des Sicca-Syndroms sind:
- Keratokonjunktivitis sicca (Syndrom des trockenen Auges) aufgrund fehlender Benetzung von Horn- und Bindehaut mit Tränenflüssigkeit
- erhöhte Kariesanfälligkeit durch Xerostomie (Mundtrockenheit) aufgrund verminderter Speichelsekretion
- Rhinitis sicca (trockene Nasenschleimhäute), Heiserkeit und chronischer Hustenreiz sowie eine gestörte Sexualfunktion durch Störung der Schleimdrüsenproduktion des Respirationstraktes und der Genitalorgane
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Hirntumoren, nicht näher bezeichnet (u. a. Glioblastom; Optikusscheidenmeningeome (engl. Optic Nerve Sheath Meningiomas, ONSM))
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Akute disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM; Synonyme: akute demyelinisierende Enzephalomyelitis, ADE; perivenöse Enzephalomyelitis; Hurst-Enzephalitis) – seltene, akut entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems, die häufig eine bis vier Wochen nach einer Infektion auftritt
- Migräne (22 %)
- MOG-IgG-positive Enzephalomyelitis (Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und des Rückenmarks (Myelitis)); klinisches Bild: Optikusneuritiden (ON; Sehnerventzündung)), Hirnstammenzephalitiden, Myelitiden; manifestiert sich vor allem bei pädiatrischen Patienten als akute disseminierte Enzephalomyelitis (acute disseminated encephalomyelitis, ADEM; s. o) manifestiert
- Neuromyelitis optica (6 %) – Kombination aus Neuritis nervi optici (Optikusneuritis; Sehnervenentzündung) und akuter disseminierter Rückenmarkserweichung
- Polyneuropathie – Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die mehrere Nerven betreffen
- Tropische spastische Tetraparese – Infektionskrankheit, die zur Lähmung aller Extremitäten führt
Legende: In Fettdruck die häufigsten Fehldiagnosen einer MS (Häufigkeit in %) [1]
Literatur
- 68th Annual Meeting of the American Academy of Neurology, Vancouver, 15.-21. April 2016. Contemporary Clinical Issues Plenary Session.