Morbus Parkinson – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Verbesserung der Beweglichkeit
  • Verbesserung/Linderung des Tremors
  • Verbesserung der psychischen und vegetativen Symptomatik

Therapieempfehlungen

Therapieempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie [1]

Patient   Wirkstoffgruppen Wirkstoffe
< 70 Jahre,
keine wesentlichen Komorbiditäten    
Mittel der ersten Wahl Dopamin-Rezeptor-Agonisten Piribedil 
Pramipexol 
Ropinirol
Non-ergoline Dopaminagonisten Rotigotin
Mittel der zweiten Wahl Ergoline Dopaminagonisten Bromocriptin 
Cabergolin 
α-Dihydroergocriptin
Lisurid 
Pergolid 
Alternativ bei milder Symptomatik MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer) Rasagilin
Selegilin

N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptorantagonisten (NMDA-Antagonisten)

Amantadin**
> 70 Jahre
Multimorbidität  
Mittel der ersten Wahl Levodopa L-Dopa*
Alternativ bei milder Symptomatik MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer) Rasagilin
Selegilin
N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptorantagonisten (NMDA-Antagonisten) Amantadin

*Je älter der Parkinsonkranke ist, desto geringer ist das Dyskinesie-Risiko unter L-Dopa.
**Amantadin kann als Therapie zweiter Wahl für Patienten in frühen Stadien des idiopathischen Parkinson-Syndrom IPS) erwogen werden [3]. (Expertenkonsens)

Weitere Hinweise

  • MAO-B-Hemmer, Dopaminagonisten oder Levodopa sollen in der symptomatischen Therapie des frühen Stadiums des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) verwendet werden. A (1++)  [3]
    Bei der Auswahl der verschiedenen Substanzklassen sollen die unterschiedlichen Effektstärken im Hinblick auf die Wirkung, die Nebenwirkungen, das Alter des Patienten, Komorbiditäten, psycho-soziales Anforderungsprofil berücksichtigt werden. Expertenkonsens [3]
  • L-Dopa:
    • Wirkt am stärksten auf die Akinese (hochgradige Bewegungsarmut bis Bewegungslosigkeit), gefolgt von Rigor (Starrheit; Muskelstarre) > Tremor (Zittern)
    • Mittel der ersten Wahl bei älteren Patienten (> 70. LJ) oder bei multimorbiden Patienten
    • Muss grundsätzlich mit peripheren Decarboxylasehemmern (Benserazid oder Carbidopa) kombiniert werden, um zu verhindern, dass das Levodopa gleich nach der Einnahme im Darm zu Dopamin umgewandelt wird
    • Kombination mit Dopaminagonisten empfehlenswert
    • Toxizität: Die LEAP-Studie hat gezeigt, dass eine frühzeitige Therapie mit L-Dopa nicht mit zusätzlichen Risiken behaftet ist [7].
  • Dopaminagonisten (s. o.):
    • Wirkt am stärksten auf die Akinese, gefolgt von Rigor > Tremor
    • Monotherapie ist Methode der ersten Wahl bei jungen Patienten (< 70. LJ) ohne wesentliche Begleiterkrankungen; Kombination mit Levodopa empfehlenswert bei unbefriedigendem Erfolg
  • Anticholinergika (Biperiden, Metixen, Trihexyphenidyl): wirken am stärksten bei Rigor und Tremor; Cave! Nicht bei alten Patienten oder bei kognitiv eingeschränkten Personen
  • COMT-Hemmer (Catechol-O-Methyl-Transferase): nur in Kombination mit L-Dopa bei "End-of-dose"-Fluktuationen (L-Dopa)
  • MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer): Rasagilin, Selegilin
    • Selegilin als Monotherapeutikum bei älteren und multimorbiden Patienten bei milder Symptomatik
  • N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptorantagonisten (NMDA-Antagonisten): Amantadin
    • Wirkt am stärksten auf die Akinese und Rigor
    • Mittel der Wahl bei der akinetischen Krise
    • Monotherapie der ersten Wahl bei milder Symptomatik bei jungen sowie älteren Patienten und Multimorbidität
    • Wirkungsverlust nach wenigen Monaten
  • Der Einsatz von Psychotropika (psychoaktive Substnazne) bei älteren Patienten ist mit einer erhöhten Mortalität (Sterblichkeit) assoziiert [2]
  • Betablocker können für die symptomatische Therapie des postoralen Tremors von ausgewählten Patienten mit frühen idiopathischen Parkinson Syndrom erwogen werden sollten aber nicht Mittel der erster Wahl sein [3]. (Expertenkonsens)
  • Wenn Off-Phasen (Phasen, in denen das Antiparkinson-Medikament keine Wirkung zeigt) bei IPS mit oraler Medikation nicht ausreichend kontrolliert werden können, werden subkutane Apomorphin-Injektionen empfohlen; alternativ die intrajejunale Levodopa/Carbidopa-Infusion [3].
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".
    • LCIG- oder Apomorphin-Pumpen kommen für diese klinische Situation in Betracht, wenn stark behindernde Fluktuationen vorliegen, wobei die Apomorphinbehandlung keine Wirkung auf die Lebensqualität gezeigt hat [Leitlinie: European Academy of Neurology].

Neue Wirkstoffe

  • Safinamid; Wirkweise: dualen Wirkmechanismus (MAO-B Hemmer und antiglutamaterge Wirkung); Indikation: idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS):
    • Nur bei Patienten, die L-Dopa einnehmen
    • Vermeiden einer Erhöhung der L-Dopa-Dosen über 400 mg
    • Leichte motorische Fluktuationen
    • Leichte Dyskinesien
    • Evtl.  Verbesserung der Aufmerksamkeit 
    • Wearing-Off 

Morbus Parkinson und Fatigue (Müdigkeit) und Anhedonie (Unfähigkeit, Freude und Lust zu empfinden)

Leitlinienempfehlungen [4]:

  • Methylphenidat oder Modafinil können zur symptombezogenen Behandlung des Fatigue-Syndroms bei IPS zum Einsatz nicht empfohlen werden. (Expertenkonsens)

Morbus Parkinson und Demenz bzw. Demenz von Lewy-Körpertyp (PSYC3)

Leitlinienempfehlungen [4]:

  • Rivastigmin sollte bei der Behandlung kognitiver Symptome von Patienten mit Parkinson's Disease Dementia (PDD) genutzt werden. B (1++)
  • Donepezil kann bei der Behandlung kognitiver Symptome von Patienten mit PDD genutzt werden. Dabei handelt es sich um einen „off-lable-use“.

Morbus Parkinson und Depression

Leitlinienempfehlungen [3]:

  • Trizyklische Antidepressiva sollen zur Behandlung der Depression bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom (IPS) genutzt wer-den. A (1++)
  • Antidepressiva neuerer Generation wie selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRIs) und Venlafaxin sollten zur Behandlung der Depression bei Patienten mit IPS genutzt werden. B (1++)
  • Alternative Therapien wie Omega-3-Fettsäuren (DHA, EPA) können zur Behandlung der Depression bei Patienten mit IPS genutzt werden. 0 (1+)
  • Repetitive Transkranielle Magnetstimulation kann zur Behandlung der Depression bei Patienten mit IPS genutzt werden. 0 (1+)
  • Psychotherapie sollte zur Behandlung der Depression bei Patienten mit IPS genutzt werden.

Morbus Parkinson und Hypersalivation 

Die Hypersalivation (Sialorrhoe oder Ptyalismus; engl. „drooling“), d. h. der unwillkürliche Austritt von Speichel über den Lippenrand, tritt bei bis zu 75 % der Patienten mit idiopathischen Parkinson-Syndrom auf. 

In einer randomisierten,  doppelblinden, placebokontrollierten Studie im Cross-over-Design wurde 10 Patienten mit Incobotulinumtoxin (100 Einheiten) versus NaCl 0,9 % untersucht. Es erfolgte jeweils monatlich eine Injektion in die Glandula parotis (20 Einheiten) und submandibularis (30 Einheiten). Die Patienten wurden monatlich untersucht: Es konnte kein Effekt von Incobotulinumtoxin A auf die Hypersalivation bei IPS nachgewiesen werden [6].

Morbus Parkinson und Psychose

Leitlinienempfehlungen [4]:

  • Clozapin soll zur Behandlung der Psychose bei Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom IPS genutzt werden. A (1++)
  • Quetiapin kann zur Behandlung der Psychose bei Patienten mit IPS genutzt werden. (Expertenkonsens)
  • Olanzapin soll zur Behandlung der Psychose bei Patienten mit IPS nicht genutzt werden. A (1++)
  • Bei Patienten mit IPS-Psychose und einer begleitenden Demenz stellen Cholinesterasehemmer eine Alternative dar. (Expertenkonsens)

Morbus Parkinson und Schlafstörungen

Leitlinienempfehlungen [4]:

  • Die nächtliche Akinese (hochgradige Bewegungsarmut bis Bewegungslosigkeit) und frühmorgendliche Dystonie (Bewegungsstörung, die sich durch die unwillkürliche Kontraktion von Muskeln äußert) sollte mit transdermalem Rotigotin oder retardiertem Ropinirol behandelt werden. (1+)
  • Die Therapie der Insomnie mit Durchschlafstörung sollte mit Zopiclon versucht werden. B (1+)

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit von Nerven und Psyche sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Magnesium)
  • Spurenelemente (Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Grüntee-Polyphenole, Epigallocatechingallate)
  • Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin, Phosphatidylserin)

Bei Vorliegen einer Insomnie (Schlafstörung) infolge von Morbus Parkinson s. u. Insomnie/Medikamentöse Therapie/Supplemente.

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 5. Auflage ed. Diener HC, Weimar C, editors. Stuttgart: Thieme; 2012.
  2. Frandsen R, Baandrup L, Kjellberg J, Ibsen R, Jennum P: Increased all-cause mortality with psychotropic medication in Parkinson's disease and controls: A national register-based study. Parkinsonism Relat Disord. 2014 Aug 1. pii: S1353-8020(14)00272-7. doi: 10.1016/j.parkreldis.2014.07.012.
  3. S2k-Leitlinie: Parkinson-Krankheit. (AWMF-Registernummer: 030 - 010), Oktober 2023 Langfassung
  4. Oertel W, Deuschl G, Poewe W. Parkinson-Syndrome und andere Bewegungsstörungen. Stuttgart: Thieme Verlag; 2012
  5. Tomlinson CL, Stowe R, Patel S, Rick C, Gray R, Clarke CE. Systematic review of levodopa dose equivalency reporting in Parkinson's disease. Mov Disord. 2010;25(15):2649-53.
  6. Narayanaswami P et al.: Drooling in Parkinson’s disease: A randomized controlled trial of incobotulinum toxin A and meta-analysis of Botulinum toxins. Parkinsonism Relat Disord 2016 Sep;30:73-7. doi: 10.1016/j.parkreldis.2016.07.001. Epub 2016 Jul 5.
  7. Verschuur CVM et al.: Randomized Delayed-Start Trial of Levodopa in Parkinson’s Disease. N Engl J Med 2019; 380: 315-24.doi: 10.1056/NEJMoa1809983; https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1809983?query=TOC

Leitlinien

  1. Deuschl G. et al.: European Academy of Neurology/Movement Disorder Society - European Section guideline on the treatment of Parkinson's disease: I. Invasive therapies.Eur J Neurol. 2022 Sep;29(9):2580-2595. doi: 10.1111/ene.15386.
  2. S2k-Leitlinie: Parkinson-Krankheit. (AWMF-Registernummer: 030 - 010), Oktober 2023 Langfassung