Legasthenie – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Legasthenie dar.

Familienanamnese

  • Gab oder gibt es in Ihrer Familie Fälle von Legasthenie oder anderen Lernstörungen (z. B. Dyskalkulie (Rechenschwäche), Konzentrationsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen)?
  • Bestehen in Ihrer Familie neurologische oder psychische Erkrankungen (z. B. ADHS, Autismus-Spektrum-Störungen, Angststörungen, Depressionen)?

Sozialanamnese

  • Gibt es in der Familie psychosoziale Belastungen (z. B. Trennung, Konflikte, finanzielle Schwierigkeiten)?
  • Gab es in der Vergangenheit belastende Ereignisse, die sich auf das Kind ausgewirkt haben (z. B. Todesfall, Umzug, Trauma)?
  • In welcher Klassenstufe befindet sich das Kind?
  • Wie ist das Verhältnis zu Lehrern und Mitschülern? Gibt es Hinweise auf Mobbing oder soziale Probleme?
  • Gibt es spezielle Unterstützungsmaßnahmen in der Schule (z. B. Nachhilfe, Förderunterricht)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Wann wurden die ersten Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben bemerkt?
  • Welche konkreten Probleme liegen vor:
    • Vertauschung oder Auslassung von Buchstaben beim Schreiben
    • Schwierigkeiten bei der Laut-Buchstaben-Zuordnung
    • Langsames und stockendes Lesen
    • Probleme mit der Rechtschreibung trotz Übung
    • Schwierigkeiten beim Abschreiben von Texten
    • Unklare oder undeutliche Handschrift
  • Hat sich das Lernverhalten über die Zeit verändert?
    • Hat das Kind zunehmend Vermeidungsverhalten gezeigt?
    • Zeigt das Kind Angst oder Frustration beim Lesen oder Schreiben?
  • Gab es einen Auslöser für die Probleme?
    • Traten sie plötzlich oder allmählich auf?
    • Gab es Unfälle, Erkrankungen oder Veränderungen in der Lebenssituation?
  • Gibt es Begleitsymptome:
    • Konzentrationsprobleme oder Unaufmerksamkeit
    • Schnelle Erschöpfung bei schulischen Aufgaben
    • Auffällige Reaktionen auf Stress (z. B. Bauchschmerzen, Kopfschmerzen)
  • Gab es Auffälligkeiten beim Hören oder Sehen?
  • Wurde bereits eine Untersuchung beim Augen- oder HNO-Arzt durchgeführt?
  • Zeigt das Kind Schwierigkeiten bei der Fein- oder Grobmotorik (z. B. Probleme mit der Stifthaltung, unkoordinierte Bewegungen)?
  • Hatte das Kind Sprachentwicklungsverzögerungen (z. B. späte oder undeutliche Sprache, Wortfindungsstörungen)?
  • Gibt es Auffälligkeiten bei der Merkfähigkeit oder Problemlösung?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • War die frühkindliche Entwicklung altersgerecht? (z. B. Krabbeln, Laufen, Sprechen im erwarteten Alter)
  • Gab es Hinweise auf eine entwicklungsbedingte Verzögerung?
  • Ist die Ernährung ausgewogen, mit ausreichender Nährstoffversorgung?
  • Besteht eine Nahrungsmittelunverträglichkeit?
  • Hat das Kind einen regelmäßigen Schlafrhythmus?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Bestehen bekannte neurologische oder psychiatrische Erkrankungen?
    • Gibt es Hinweise auf Stoffwechselerkrankungen (z. B. Schilddrüsenstörungen, Diabetes mellitus)?
  • Gab es frühere Krankenhausaufenthalte oder längere Erkrankungen in der Kindheit?

Medikamentenanamnese

  • Nimmt das Kind regelmäßig Medikamente, die das Lernen beeinflussen könnten? (z. B. Medikamente gegen ADHS, Epilepsie, Allergien)
  • Gab es Nebenwirkungen oder auffällige Verhaltensänderungen nach Medikamenteneinnahme?

Die folgenden Tests werden eingesetzt, um eine Legasthenie zu diagnostizieren:

  • Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtsschreibfähigkeit (BISC)
  • Standardisierter Lesetests wie Salzburger Lese- und Rechtschreibtest
  • Standardisierter Rechtschreibtest wie der diagnostische Rechtschreibtest DRT1-5
  • Basiskompetenzen für Lese- und Rechtschreibleistungen (BAKO) zur Überprüfung der phonologischen Bewusstheit
  • Intelligenztests wie der Kaufman Assessment Battery for Children (K-ABC)
  • Verhaltensuntersuchungen

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.